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e-Motion

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Titel: e-Motion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Orloff
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ihr.“
    Ich dachte daran, wie mein Vater ein Teil von mir bleiben würde, wie ein Teil von meinem Herzen mit dem Schmerz sterben würde.
    „Sicher, Chavez hatte sich bei den großen Kooperativen einige Zugeständnisse erstritten. Er änderte das eine oder andere. Aber dann starb Marias Vater an Lungenkrebs.“
    Ich sah nach unten und stellte fest, dass ich es Roland nachgemacht und einen Sandklumpen in die Hand genommen hatte, den ich mir nun durch die Finger tröpfeln ließ. Der Sand der Zeit.
    „Also suchte sie nach einem Ausweg und heiratete den ersten Mann, der ihr einen Antrag gemacht hat. Ein Bastard in jeder Hinsicht. Er war nicht arm. Er war kein Mexikaner. Mit einem anständigen Mann wäre sie auf den Feldern bessern dran gewesen. Aber nein, sie heiratete einen Anwalt, der wollte, dass sie sich legal im Land aufhielt und die amerikanische Staatsbürgerschaft bekam.“
    Roland lehnte sich zurück und schloss seine Augen. „Können Sie sich vorstellen, was er gedacht haben mag, als er sie das erste Mal gesehen hat?“
    Auch ich machte die Augen zu und stellte mir vor, wie die betörend schöne Maria eine Anwaltskanzlei betrat. Meine Meinung über Anwälte war nur unwesentlich besser als die über Klatschreporter, entsprechend lebhaft konnte ich mir das Szenario vorstellen.
    „Ihr Anblick muss ihn verrückt gemacht haben“, flüsterte Roland. „Eine junge Frau, verletzlich, die nicht lesen konnte, aber so wunderhübsch war, geheimnisvoll, und eine Latina. Da hat er sie geheiratet.“
    „Einfach so?“
    „Mehr oder weniger. Aber er hat sie wie eine Gefangene behandelt. Er hat ihr nicht erlaubt, ihre Familie zu sehen. Nicht mal zu dem Begräbnis ihres Vaters hat er sie gehen lassen. Er machte sich über ihr Englisch lustig. Über alles, was nicht amerikanisch an ihr war. Und er hat sie geschlagen.“
    „Wissen Sie, was mir zu solchen Typen einfällt? Ich würde ihnen gern die Eier abschneiden und sie zusammen mit einem von Marias Omeletts braten.“
    „Ich mag Sie mit jedem Tag mehr, Miss Hayes.“
    Er nahm eine zerbrochene Muschelschale und sah sie eine Weile an, bevor er sie in hohem Bogen in die Brandung warf.
    „Natürlich ist das nicht alles. Aber ich bin müde. Es reicht wohl zu sagen, Cassandra Hayes, dass in diesem meinem Haus genügend Geister herumspuken, um die ganze Insel in Angst und Schrecken zu versetzen.“
    „Ich glaube, Sie irren sich, Roland. Ich glaube, Sie könnten etwas anderes finden, wenn Sie einmal loslassen würde. Und vermutlich könnte Maria das auch. Aber es ist Ihre Entscheidung. Sehen Sie die Show … oder sehen Sie sie nicht. Nur vergessen Sie bitte nicht, dass wir heute Abend noch eine Tanzstunde haben. Denn wenn Sie glauben, Sie kämen aus der Nummer raus, ohne mir ein Buch geschrieben zu haben, hätten Sie mit Ihrer Lektorin eine ganz beschissene Wahl getroffen, Kumpel.“
    „Miss Hayes“, sagte Roland. Seine Augen waren feucht. „Ich schwöre Ihnen, dass ich genau die richtige Lektorin gefunden habe. Auch wenn sie mir oft gewaltig auf die Nüsse geht.“
    Ich stand auf.
    „Wir sehen uns später, Roland. Und nur, damit Sie es wissen, ich werde mir die Sendung ansehen.“

21. KAPITEL
    W enn ich auf einen einfühlsamen Menschen gehofft hatte, war das gleichbedeutend mit dem Glauben an die Allmacht des lieben Gottes. Außer wunden Knien hinterließen meine Gebete nämlich schon damals, als ich sechs war und meine Mutter uns verlassen hatte, keinerlei Spuren. Und Orville Hobart war nicht gerade das, was man einen telegenen, die Herzen im Sturm erobernden Talk Showgast nannte. Der dünne, kränklich wirkende Mann mit Stoppelbart und ein paar fehlenden Zähnen trug bei seinem Auftritt im nationalen Fernsehen tatsächlich ein T-Shirt mit dem Aufdruck: ‚Alles Idioten‘. Die Tatsache, dass niemand neben ihm saß, verstärkte den Eindruck nur noch, dass der Pfeil auf dem Shirt direkt auf seinen Träger wies.
    „Ja, ich will die Sache jetz noch ma gut machen. Hab all die Jahre mit den Bildern von der armen Frau gelebt, wie se da lag.“
    „Aber wie kommt es, dass Sie nicht früher an die Öffentlichkeit getreten sind, Mr. Hobart“, wollte die perfekt gestylte Moderatorin wissen.
    Orville zuckte mit den Schultern und zog ein schmutziges Taschentuch hervor.
    „Dachte wohl, dann muss ich inen Knast. Aber jetz, wo ich bald meinem Schöpfer gegenübertreten muss … Ich hab versucht, Mr. Riggs zu finden und die Sache irgendwie gutzumachen, aber er is so’n Einsiedler

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