Earth Girl. Die Prüfung
Krath war mal wieder der Oberkritiker. «Winter ist eine Jahreszeit, kein Ort.»
Wir ignorierten ihn.
«Warum hat der Gammasektor einen Planeten bekommen, auf dem es so kalt ist?», erkundigte sich Amalie, die sich ein gutes Stück von der Tür entfernt aufhielt. «Planet First hat doch sicher keinen Fehler dieser Größenordnung gemacht.»
«Man wollte einen kalten Planeten für einige der besonderen Herstellungsprozesse», erklärte einer der Gammas.
«Aber wir gehen auch zum Spielen hin», fügte ein anderer hinzu.
«Diese Herstellungsgeschichte ist doch bloß ein Vertuschungsversuch», ereiferte sich Krath. «Ursprünglich sollten dort Experimente stattfinden, bei denen menschliche Mutationsformen erschaffen wurden, aber die Mutanten haben sich gegen die Menschen erhoben und mussten abgeschlachtet werden. Mein Vater sagt, dass –»
«Ach, halt die Klappe, Krath!», fuhren wir ihn alle an.
«Ich war schon mal auf Winter, und da ist es wunderbar», erzählte Dalmora. «Der Alphasektor hat bei Planet First beantragt, dass sie für uns auch so einen finden. Verschiedene Sektoren haben Anträge für besondere, nutzbringende Planeten laufen, aber wir müssen natürlich zuerst abwarten, bis sie die neuen Kappawelten vollständig untersucht haben.»
Eine halbe Stunde später konnte ich Playdon ansehen, dass er es schon bereute, je die Tür des Kuppelbaus geöffnet zu haben. In der Zwischenzeit hatten sich die vernünftigeren der Studenten extrawarme Kleidung angezogen. Die Betas versteckten sich in ihren Zimmern, weil sie Angst vor dem Schnee hatten, die Deltas hingegen konnten sich einfach nicht davon losreißen. Sie erzählten uns immer wieder, wie weiß und zauberhaft und wahnsinnig toll das doch alles sei. Der ganze Korridor war bereits voller Matsch, weil sie sich mit Schneebällen bewarfen, und ich stritt mich mit Fian.
«Ach, komm schon!», bettelte er. «Bitte.»
«Nein. Auf gar keinen Fall.»
Schließlich hatte Playdon genug. «Jetzt machen wir aber die Tür zu und gehen an die Arbeit!»
«Nur noch kurz», bat Fian. «Da ist ganz viel richtig weicher Schnee, Jarra. Komm schon …»
«Was denn noch?», wollte Playdon wissen.
«Er will, dass sie ihn quer über die Dschungellichtung wirft», erklärte Krath ihm.
«Was für eine Dschungellichtung?» Playdon sah sich um und konnte offensichtlich keinen Dschungel entdecken.
Verschiedene Stimmen erklärten ihm den Zusammenhang mit der Vid-Serie
Stalea aus dem Dschungel
. Anscheinend war Fian in unserer Klasse nicht der einzige Fan.
«Ach, Sie meinen das, was am Ende jeder Folge kommt, wenn sie ihn …» Playdon brach ab, aber er hatte sich bereits verraten.
«Jarra will Fian hier drinnen nicht durch die Gegend werfen, um ihn nicht zu verletzen», fuhr Krath fort.
«Sehr vernünftig.»
«Aber der Schnee ist doch ganz weich.» Fian gab die Hoffnung nicht auf.
«Nein», beharrte ich.
Playdon seufzte. «Jarra, bitte werfen Sie ihn über die Dschungellichtung, sonst stehen wir noch den ganzen Tag hier.»
Es handelte sich um einen Befehl, also … «Ja, Sir.» Ich ging ein Stück von der Menge weg, und Fian kam erwartungsvoll zu mir herüber. Ich überlegte mir kurz meinen Angriff, packte ihn dann von unten um die Hüften und warf ihn über die Schulter nach hinten.
Fian lag mit verzückter Miene auf dem Rücken im Schnee. «Absoluter Oberwahnsinn!»
Die Klasse hüpfte johlend auf und ab.
«Jetzt solltest du aber unbedingt noch auf ihn draufspringen», rief Joth.
«Und Sie sollten jetzt unbedingt reinkommen und etwas lernen», erwiderte Playdon, scheuchte die wilde Schar endlich ins Gebäude und schloss die Tür.
Es dauerte eine Weile, bis sich alle ihrer Schneeklamotten entledigt hatten. Außerdem mussten wir erst noch die Betas davon überzeugen, dass es für sie jetzt wieder sicher war, aus ihren Zimmern zu kommen. Als sie schließlich auftauchten, waren wir alle erst mal ziemlich geschockt. Sprachlos starrten wir sie an. Statt der üblichen hautengen Kleider, die an verschiedenen Stellen nackte Haut zeigten, trugen sie ganz normale Klamotten wie wir anderen auch.
Lolia sah uns herausfordernd an. «Der Fürsprecher unserer Tochter hat gemeint, es wäre für ihre Entwicklung förderlich, wenn wir versuchen, uns den Gepflogenheiten und der Mode anzupassen, während wir hier auf der Erde sind. Als wir die letzten zwei Tage bei ihr in der Nursery waren, hat er uns beraten, was für Kleider wir kaufen sollen.»
«Das ist total vernünftig»,
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