Earth Girl. Die Prüfung
Gesichtszüge. Issette sagte, sie mochte bei Männern lieber ein raueres Gesicht. Wie Keon in dieses Schema passen sollte, war mir nicht ganz klar. Sein Gesicht war definitiv nicht markant, und ich fand ihn auch nicht besonders gut aussehend, aber ich kannte ihn wohl zu gut, um objektiv zu sein. Wenn ich Keon anschaute, dann sah ich einfach Keon.
Die Hauptfigur kämpfte inzwischen gegen einen grünen Alien mit Tentakeln. Fian gab einen erstickten Laut von sich. «Ist unbewaffneter Nahkampf mit Aliens eine übliche Militärtaktik? Tragt ihr nicht normalerweise Schutzanzüge und Schusswaffen?»
Ich grinste. «Es gibt in der Story irgendeine bescheuerte Erklärung dafür, aber im Grunde ist es nur ein Vorwand, um der Hauptfigur die Kleider zu zerfetzen. Schau!»
Auf dem Bildschirm hing die Jacke des Helden nach den Angriffen der grünen Tentakel inzwischen in Fetzen. Er warf die Überreste beiseite.
«Als Nächstes ist sein Hemd dran.» Ich grinste und genoss den Anblick schamlos.
Fian lachte, als nun das Oberteil zerschlissen und beiseitegeworfen wurde, sodass der Held mit nacktem Oberkörper weiterkämpfte. «Zerfetzen die Außerirdischen jetzt nicht seine Haut?»
«Ah», ich kicherte. «Die Berührung mit menschlicher Haut verwundet doch die Aliens.»
Fian blinzelte. «Wie viel Kleidung verliert er denn noch? Logischerweise wäre seine beste Kampftechnik dann doch …»
Ich grinste. «Es ist ja kein Vid aus dem Betasektor. Die Aliens attackieren ihn nur oberhalb der Gürtellinie.»
«Wie rücksichtsvoll von ihnen. Auch gut, dass sie nur in solch kleiner Anzahl angreifen.»
Ich nickte. Der Held erledigte den letzten Alien, rettete seinen Kameraden, der kurz davor stand, in Stücke gehackt zu werden, und die Mannschaft kehrte zum Stützpunkt zurück.
«Und jetzt kommt das Beste», kündigte ich an.
«Echt? Ich dachte, sie haben gewonnen und jetzt ist es vorbei.»
«Es gibt immer noch eine letzte Szene, wo die Hauptfigur abends wieder zurück in ihrer Unterkunft ist», erklärte ich.
«Die Außerirdischen greifen auf diesem Stützpunkt nur tagsüber an, damit man nachts schlafen kann?»
«Natürlich. Alle Planeten liegen geschickterweise in derselben Zeitzone.» Ich grinste. «Jetzt kommen wir zu der Szene, wo der Held auf seinen Balkon tritt, um melancholisch zu den Sternen aufzublicken, natürlich wieder leicht bekleidet.»
Auf dem Bildschirm blickte Arrack San Domex melancholisch zu den Sternen auf, und damit war das Vid aus.
Fian lachte. «Haben Militärstützpunkte Balkone?»
«Nein», erwiderte ich augenzwinkernd, «aber darum geht es ja gar nicht.»
«Also das hat mir jetzt eine ganz neue Sichtweise aufs Militär eröffnet», meinte Fian. «Außerdem wird es mir viel weniger peinlich sein, wenn wir
Stalea aus dem Dschungel
anschauen. Möchtest du noch ein Glas Wein?»
«Lieber nicht. Ich hatte vorher noch nie welchen und möchte nicht total beschwipst werden. Aber trink ruhig noch.»
Fian schüttelte den Kopf. «Meine Eltern mögen keinen Alkohol, deshalb bin ich’s auch nicht gewohnt. Das Erste, was ich zu Year End gemacht habe, als ich achtzehn wurde, war, loszuziehen und mir eine Flasche Wein zu kaufen. Das ist Tradition auf Herkules, aber dann war ich so damit beschäftigt, mich auf den Kurs hier vorzubereiten, dass ich nie Zeit hatte, ihn zu trinken.»
Mir fiel etwas ein, und ich errötete.
Fian betrachtete mich argwöhnisch. «Was hast du denn als Erstes gemacht, als du achtzehn geworden bist?»
Ich wurde noch röter.
Er schüttelte den Kopf. «Ist nicht wahr, oder? Du bist doch ein anständiges Vertragsmädchen!»
«Nein!» Ich kicherte. «Cathan wollte, aber ich hab ihn quer durchs Zimmer geworfen. Ich hab bloß ein Betavid angeschaut. Ich war neugierig …»
«Cathan und du, ihr seid?»
«Wir sind nicht, wir waren. Definitiv Vergangenheitsform. Und wir waren auch wirklich nicht viel.»
«Gut.» Fian stellte das Vid ein. «Also, hier geht es um eine Welt, die sich in der Colony-Ten-Phase befand. Die Siedler hatten ihre zehn Jahre vor Ort abgeleistet, doch das Portal versagte den Dienst, die Menschen vergaßen sie, und sie saßen fest.»
«Ja», kicherte ich. «Das Militär vergisst dauernd Planeten. Ich schätze mal, sie haben auch den vorgeschriebenen täglichen Kontakt mit den Siedlern vergessen, genau wie die Einrichtung eines Backup-Portals.»
«Genau», meinte Fian. «Die Kolonie hat, so gut es ging, überlebt, völlig abgeschnitten von der Zivilisation. Inzwischen
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