_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
nicht laut zum Besten geben! Eine wohlerzogene junge Dame gibt vor, nicht zu wissen, welchen Lebenswandel Männer führen.“
„Ach, hör mit diesem Unsinn auf, Maria. Wir beide wissen, was sie treiben. Haben alle Männer Mätressen, Maria, auch noch nach der Hochzeit?“
„Ja, einige“, räumte Maria ein, doch dann kam ihr ein zufrieden stellender Gedanke.
„Diejenigen jedoch, die aus Liebe geheiratet haben und sich ihre Gefühle für ihre Frau bewahren, haben keine Geliebte. Sieh dir doch Lord Meredith an. Kannst du dir vorstellen, dass er eine Mätresse hat?“
Seufzend lehnte Antonia sich zurück und schaute auf die vom Mond beschienene Landschaft. Plötzlich war sie sehr müde. Die Aufregung über die Ereignisse des Abends und die Freude über Marcus' Heiratsantrag schwanden, und irgendwie fühlte Antonia sich etwas bedrückt.
Sie war froh, dass die Freundin schwieg, als man das Witwenhaus betrat. Sie wünschte ihr eine gute Nacht und zog sich zurück.
Sie war überzeugt, sofort einzuschlafen, doch in der Dunkelheit wurde ihr bewusst, wie dumm ihr Verhalten gewesen war. Wie hatte sie Lady Reed Wasser ins Gesicht schütten können? Hatte sie sich in diesem Moment nicht ebenso schlecht benommen wie Lady Reed zuvor?
Niedergeschlagen befürchtete sie, Marcus könne jetzt schlechter über sie denken. Ihr war klar, dass er sich nicht von ihrer Besorgnis um Lady Reed hatte täuschen lassen.
Sie liebte ihn und wollte in seinen Augen restlos bewundernswert sein. Sie wälzte sich in der Dunkelheit hin und her und machte sich Vorwürfe. Eine Dame hatte sich würdevoll zu benehmen. Schließlich war sie, Antonia, diejenige, die Marcus um ihre Hand gebeten hatte. Wieso hatte sie sich dazu herabgelassen, ein derart eifersüchtiges Verhalten an den Tag zu legen?
Die Nacht kam ihr endlos lange vor, schwül und bedrückend. Als sie schließlich einschlief, träumte sie lebhaft von Marcus, von seinen warmen, ihren Hals küssenden Lippen, seinen Armen, die sie fest an ihn drückten. Beim Erwachen merkte sie, dass sie das Bettlaken zerrauft und die Bettdecke von sich geworfen hatte und ihr verschwitztes Haar wirr auf dem Kopfkissen lag.
Als Folge der unruhigen Nacht kam sie bleichen Gesichts und in gedrückter Stimmung in das Morgenzimmer.
„Du siehst ziemlich mitgenommen aus, meine Liebe“, bemerkte ihre Freundin ängstlich und schaute sie prüfend an. „Ich bin sicher, das Wetter ist sehr ungesund.
Soll ich nach dem Frühstück Dr. Rush herkommen lassen? Du musst dich hinlegen und eine Tasse guten Tees trinken.“
„Nein, beunruhige dich bitte nicht, Maria. Die Luft in meinem Schlafzimmer war so schwül, dass ich das Gefühl hatte, ich würde ersticken. Ich habe sehr schlecht geschlafen.“ Lustlos begann Antonia zu essen. „Außerdem kann ich mich nicht wieder hinlegen, weil ich nachher Lord Allington erwarte. Vielleicht ruhe ich noch etwas, wenn er fort ist.“ Sie konnte sich nicht vorstellen, was er denken würde, wenn er ihr blasses Gesicht und die Schatten unter ihren Augen sah. Sie fühlte sich ausgelaugt und machte sich Vorwürfe, weil sie sich am vergangenen Abend so peinlich benommen hatte. Sie schämte sich ihrer Eifersucht und bereute, dass sie Schlechtes von Marcus gedacht hatte. Aber verlegen gestand sie sich auch ein, dass sie Lady Reed gezeigt hatte, sie habe deren Spiel durchschaut. Falls die Dame nicht gemerkt haben sollte, welche Gefühle Antonia für Marcus hatte, dann musste ihr das jetzt nach dem Zwischenfall ganz klar sein.
Letztlich hatte diese skrupellose Person durch Antonias Verhalten die Oberhand gewonnen. Sie lebte unter demselben Dach wie Marcus, war verheiratet und wurde nicht durch die strengen gesellschaftlichen Spielregeln behindert, die sie, Antonia, im Umgang mit Marcus zu berücksichtigen hatte.
„Du scheinst nicht sehr erbaut darüber zu sein, dass Lord Allington dich besuchen kommen will“, bemerkte Maria. „Ist etwas nicht in Ordnung? Gestern Abend, als er uns zur Kutsche brachte, war er doch sehr aufmerksam.“ Aus den Augen der Freundin sprach pure Neugier. Bestimmt kam er nur her, um Antonia einen Heiratsantrag zu machen. Das dumme Kind hatte sich die ganze Nacht hindurch nur vor lauter Vorfreude im Bett hin und her gewälzt. Kein Wunder, dass Antonia sich jetzt so matt fühlte.
Was hatte er gestern zu der lieben Antonia gesagt? Maria hatte sich zwingen müssen, ihre Pflichten als Anstandsdame zu vernachlässigen, damit Seine Lordschaft und Antonia so viel
Weitere Kostenlose Bücher