_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
nehmen werde, verstärkte sich.
Er führte sie um die Ecke der Terrasse ins Mondlicht, das den Park erhellte. Antonia legte die Hände auf die raue, kühle Steinbalustrade und wartete gelassen auf das, was kommen würde.
Nach einem Moment legte er ihr die Hände auf die Schultern und drehte sie zu sich herum. Vertrauensvoll legte sie leicht den Kopf in den Nacken und bot ihm die Lippen zum Kuss. Sie erwiderte seinen Kuss voller Leidenschaft und schmolz in seinen Armen dahin.
Sie war sich sehr bewusst, dass er sie begehrte. Schließlich löste er sich von ihr und schaute sie an. Sein Gesicht lag im Schatten, aber dennoch konnte sie den fragenden Ausdruck in seinen Augen erkennen.
„Ja, Marcus“, sagte sie schlicht.
„Ja?“
„Ja, ich werde deine Gattin.“
Er hob ihre Hand an die Lippen und drückte ihr Küsse auf die Fingerspitzen. „Du hast mich zum glücklichsten Mann auf Erden gemacht.“ Sie hatte den Eindruck, dass er sie wieder küssen wolle, doch er blickte nur über die Schulter zum Haus zurück.
„Komm, lass uns wieder hineingehen. Ich möchte nicht, dass man über unsere Abwesenheit tuschelt.“
Ungeachtet des Glücksgefühls machte diese Korrektheit, diese Förmlichkeit Antonia innerlich frösteln. Sie sehnte sich danach, dass er sie auf die Arme hob, ihr Gesicht mit Küssen bedeckte und ihr sagte, wie sehr er sie liebe.
Als man um die Ecke der Terrasse kam, erhaschte Antonia einen Blick auf eine Gestalt, die durch die am weitesten entfernte Terrassentür in den Salon huschte, und erkannte Lady Reed.
Vielleicht war Marcus Lady Reeds wegen so zurückhaltend. Er wollte sie, Antonia, gewiss vor Lady Reeds spitzen Bemerkungen bewahren. Es war noch Zeit genug, über Liebe zu reden, wenn sie mit ihm allein war.
KAPITEL 8
Antonia hatte das Gefühl, über die Türschwelle zu schweben, und hätte Marcus'
stützende Hand nicht benötigt. Sie war so von Glück erfüllt, dass sie meinte, jeder im Raum müsse das auf den ersten Blick sehen. Sie hatte den Eindruck, stundenlang im Park gewesen zu sein, aber das Kartenspiel war noch nicht beendet. Miss Fitch spielte noch immer hübsche Stücke auf dem Pianoforte. Die auf dem Kaminsims stehende Uhr schlug elfmal an.
„Sollen wir es jetzt verkünden?“ raunte Marcus Antonia ins Ohr.
„Oh, ja! Ich möchte, dass alle Anwesenden unser Glück teilen“, flüsterte sie strahlend.
Er drückte ihre Hand und schaute ihr tief in die leuchtenden haselnussbraunen Augen, die ihm so viel verhießen. Dann ließ er den Blick über seine Gäste schweifen, die gemerkt hatten, dass er und Antonia sich wieder im Raum befanden. Er wollte soeben etwas äußern, als ein zittriger Aufschrei ihn daran hinderte.
Lady Reed sank theatralisch auf der Chaiselongue in Ohnmacht und glitt graziös auf den Teppich, wo sie reglos liegen blieb.
Sogleich waren Marcus und Antonia vergessen. Hastig bemühte man sich um Lady Reed und schickte nach ihrer Zofe. Antonia war überzeugt, dass Lady Reed nur Theater spielte, bekam jedoch nach einer Weile Zweifel.
Lady Reed war kalkbleich. Die blauen Äderchen in ihren Lidern waren deutlich zu erkennen und ihre Lippen fahl und grau. Sie lag in einer höchst unbequemen Stellung, regte sich nicht und reagierte auch nicht auf Lady Merediths Bemühungen.
„Oh, sie ist sehr überzeugend“, murmelte Antonia halblaut.
„Wie bitte, Madam? Sagten Sie etwas?“ Sie hatte vergessen, dass Lord Meredith neben ihr stand.
„Ich sagte, dass ich befürchte, sie könne mehr und mehr verfallen“, antwortete Antonia hastig. „Wo ist ihre Zofe?“
In diesem Moment eilte die Zofe in den Salon, hastete zu ihrer Herrin und hielt ihr das Riechfläschchen unter die Nase. Lady Reed stöhnte nur leise und öffnete kurz die Lider. Die Besorgnis, die Antonia um Lady Reed empfunden hatte, war im Nu verflogen. Zu deutlich war ihr aufgefallen, dass Lady Reed sich mit diesem Blick hatte vergewissern wollen, wer sich hilfreich bei ihr eingefunden hatte.
Die infame Person hatte nur sehen wollen, wo Lord Allington sich befand! Das ganze Theater war nur dazu bestimmt, die Aufmerksamkeit von ihr, Antonia, abzulenken.
Nun, es würde sich erweisen, ob Lady Reed damit Erfolg hatte.
„Oje!“ äußerte Antonia im Ton höchster Beunruhigung. „Eine so lange anhaltende Ohnmacht muss Auswirkungen auf Lady Reeds Gesundheitszustand haben. Wir müssen sie wieder zu sich bringen!“
Sie nahm ein Glas Wasser von dem Tisch, der neben Lady Meredith stand, und schüttete
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