_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
ernähren. Wieso können Sie Ihren unerträglichen Widerstand gegen die Wilderei durch Einheimische nicht etwas aufgeben? Sie brauchen doch all diese Fasanen und Rebhühner nicht. Wir leben in landwirtschaftlich sehr schlechten Zeiten.“
„Gesetz ist Gesetz, Madam, und Gesetze müssen befolgt werden. Sie tun nichts Gutes, wenn Sie sich einmischen. Ich habe geschworen, für Recht und Ordnung zu sorgen. Was soll ich Ihrer Meinung nach tun, wenn Gesetze gebrochen werden?“
„Ich mische mich ein! Kennen Sie keine Gnade? Sie mögen die Buchstaben des Gesetzes auswendig kennen, aber es gibt auch moralische Richtlinien. In meinen Augen sind allein Sie für Bethan Johnsons missliche Lage verantwortlich!“
„Und in welcher Lage befindet sie sich?“
„Sie ist schwanger!“
„Ich versichere Ihnen, Madam, dass nicht ich der Vater des Kindes bin. Ich kann mich an sie nicht erinnern und versichere Ihnen, ganz gleich, welche Meinung Sie von mir haben, dass ich eine unschuldige Dorfschöne stets erst nach ihrem Namen frage, ehe ich sie verführe.“
Antonia fühlte die Wangen brennen und sprang auf. „Wie können Sie über solche Dinge mit mir reden!“
Marcus ging zum Klingelzug und betätigte ihn. Antonia wandte sich ab, damit er die Röte ihrer Wangen nicht sah, und starrte wütend in den stillen Park. „Meine Karriole!“ hörte sie Lord Allington befehlen. „Sofort! Unverzüglich!“ Stille herrschte im Raum, bis man Hufschlag auf der gekiesten Auffahrt hörte.
Unsanft ergriff Marcus Miss Dane am Ellbogen, drängte sie aus dem Raum und schob sie vor sich zur Karriole.
„Wohin wollen Sie?“ fragte sie, nachdem sie auf dem hohen Sitz Platz genommen hatte. Vor den Dienstboten hatte sie sich mit Marcus nicht streiten wollen, indes die Absicht, ihn, sobald man außer Sicht des Hauses war, umgehend aufzufordern, sie aussteigen zu lassen. „Wie können Sie mich so drangsalieren! Halten Sie an und lassen Sie mich sofort aussteigen!“
„Nein! Es gibt etwas, das Sie sehen sollten und sehen werden.“
„Ich springe aus dem Wagen, wenn Sie nicht anhalten“, drohte sie und raffte die Röcke.
Marcus nahm die Zügel und die Peitsche in die rechte Hand, schob den linken Arm um Miss Dane und hielt sie fest. Die Pferde wurden unruhig und liefen plötzlich schneller. Sie wurde gegen die Rückseite der Sitzbank gedrückt. „Seien Sie nicht so verdammt dumm!“ herrschte er sie an, während er die Pferde wieder unter Kontrolle brachte. Ungeachtet des Ärgers, den Antonia empfand, bewunderte sie unwillkürlich sein Können.
Nach einigen Minuten hielt er vor einem der ordentlich aussehenden Torhäuser der Seitenzufahrt des Parks an. Ein einfaches Gig stand davor. Er half Miss Dane aus dem Wagen, und sie erblickte den Dorfarzt, der in diesem Moment aus der Hintertür des Gebäudes kam.
„Guten Tag, Mylord, Miss Dane. Das ist eine schlimme Sache. Aber er ist jung und stark und wird letztlich nicht zu Schaden kommen. Ich werde morgen wieder hier sein.“
„Vielen Dank, Dr. Rush. Er muss bekommen, was immer er braucht. Schicken Sie die Rechnung an mich.“
Der Arzt stieg in das Gig, berührte höflich mit der Peitsche die Hutkrempe und fuhr davon.
„Warum haben Sie mich hergebracht?“ wollte Antonia wissen und spürte Unbehagen sich regen.
„Ich will, dass Sie sehen, was Ihre unschuldigen und hungernden Pächter angerichtet haben“, antwortete Marcus verbissen, machte, ohne angeklopft zu haben, die Tür auf und drängte Miss Dane ins Haus.
Sie traten in eine saubere Küche. Ein kleines Mädchen schaukelte vor dem Herd eine Wiege hin und her. Es wandte den Besuchern das tränenüberströmte Gesicht zu, und Marcus strich ihm sacht über den Kopf. „Bist du ein gutes Mädchen, Jenny, und hilfst du deiner Mutter?“ Das Kind, das höchstens vier Jahre alt sein konnte, nickte schweigend. „Wir wollen nur deinen Vater besuchen. Der Doktor hat gesagt, dein Vater wird bald wieder gesund sein. Also weine nicht mehr.“ Im Hinterzimmer flößte eine Frau einem im Bett liegenden Mann behutsam Wasser ein. Als sie Lord Allington sah, legte sie den Löffel hin und ließ vorsichtig den Mann auf das Bett zurücksinken. „Oh, Mylord …“
„Bleiben Sie sitzen, Mrs. Carling. Wie ergeht es ihm?“ Entsetzt betrachtete Antonia das weiße Gesicht des Wildhüters. Sein Kopf war bandagiert. Er hatte blaugrüne Flecke um die geschwollenen Augen, und seine Nase war schief. Er schien nicht ganz bei Bewusstsein zu sein. Jedes
Weitere Kostenlose Bücher