Echo der Liebe
Aber man kann jedes Pferd erschrecken. Falls sie dich abwerfen sollte, würdest du mitgeschleift werden."
Echo schluckte. Wieder beeindruckte ihn ihr Mut. Nichts schätzte er mehr als Mut und Integrität.
"Und wenn sie losrennt?", fragte Echo.
"Das wird sie nicht", versprach Rance. "Wir reiten ganz langsam."
Eindeutig erleichtert, atmete Echo hörbar aus. "Gut."
Sie ritten die Auffahrt hinunter, über die Böschung und dann am Bach entlang. Da er praktisch auf einem Pferd geboren worden war wie alle McKettricks, hätte Rance Comanche normalerweise galoppieren lassen. Snowball wäre ihnen gefolgt. Er spürte den Wunsch der Stute zu laufen, sah es am Zucken ihrer Flanken. Muskelgedächtnis, dachte er. Cassidy war sie immer ungesattelt geritten, furchtlos wie eine Indianerin. Cass, dachte Rance voller Trauer. Ich vermisse dich, kleine Schwester.
Snowball vermisste sie auch, wie er mit einem Mal erkannte, und irgendetwas in ihm schien zu zerbrechen.
In den nächsten Stunden ritten sie gemeinsam über das Land, und es kam Rance vor wie ein Liebesspiel, das zärtlicher war als alles, was in einem Bett stattfinden konnte.
"Susan?", fragte er, als sie schließlich am Bachverlauf Pause machten. Sie hatten das Rumpelstilzchen-Spiel schon ziemlich lange gespielt.
"Nein", sagte Echo, einigermaßen erleichtert, wieder festen Grund unter den Füßen zu spüren.
"Allison?"
"Nö."
"Laurie?"
"Wieder falsch."
Er lachte, bückte sich und hob einen flachen Stein auf, den er über die sonnengefleckte Wasseroberfläche hüpfen ließ. "Sandy?"
"Gib auf, Rance. Du wirst meinen Namen in einer Million Jahre nicht erraten."
"Warum sagst du ihn mir dann nicht einfach?"
"Weil ich gern die geheimnisvolle Frau bleiben möchte."
Er machte einen Schritt auf sie zu und berührte sanft ihr Gesicht. "Die bist du, allerdings." Dann küsste er sie.
Es gab Küsse, und es gab Nahtoderfahrungen. Für Echo fühlte es sich wie das Letztere an. Benommen wie ein beinahe ertrunkener Schwimmer am Ufer presste sie die Hände gegen seine Brust und wandte sich ab.
"Was zum Teufel murmelte er. Doch sie wusste, dass er damit nicht ihren plötzlichen Rückzug meinte, sondern den Kuss. Hatte er es also auch gespürt?
Womöglich würde er andere Worte dafür wählen, doch für sie schien das Universum selbst einen Riss bekommen zu haben, und dahinter wartete etwas vollkommen Neues und erschreckend Schönes auf sie.
"Wollen wir davor weglaufen?", fragte Rance sehr leise. "Oder wollen wir lieber herausfinden, wo es uns hinführt?«
Zu erschrocken, um zu antworten, legte Echo eine Hand an ihren Hals. Sobald sie durch diesen Riss in Zeit und Raum trat, würde sie nie mehr dieselbe sein. Instinktiv begriff sie, dass der Ort auf der anderen Seite zwar wunderschön sein mochte, aber nicht sicher. Neue Gefahren würden dort auf sie warten. Empfindungen, die sie nie erlebt hatte und mit denen sie nicht umzugehen wusste.
Glück schien ihr sicher, aber auch Schmerz.
Sollte sie, dieses Risiko eingehen?
Ihr Leben war einfach. Es war ihr vertraut. Sie kannte die Wege, die sie schon so oft beschritten hatte. Natürlich gab es gelegentlich Überraschungen, gute und schlechte, aber nicht viele.
Nicht viele.
"Echo?", rief Rance sie, als sie nichts sagte.
Ihr Mund war trocken, am liebsten wäre sie auf die Knie gesunken und hätte ihren Durst am Wasser des Baches gestillt, so wie die Pferde es taten.
"Ich ... habe ... solche ... Angst", brachte sie hervor.
"Ich auch", gestand Rance. Seine Stimme war heiser. Jm Moment würde ich am liebsten wieder auf dieses Pferd steigen und so lange davonreiten, bis es irgendwo weit von hier unter mir zusammenbricht." Die Ehrlichkeit seiner Worte erschütterte Echo beinahe genauso wie der Kuss zuvor. "Ich schätze, das würdest du auch am liebsten tun. Aber die Wahrheit ist, wenn wir in entgegengesetzte Richtung davonlaufen, werden wir niemals herausfinden, was hätte geschehen können. Und ehrlich gesagt, ängstigt mich diese Vorstellung noch viel mehr, denn das Leben da draußen scheint mir recht trostlos."
Ohne etwas zu sagen, nickte Echo. Alles hatte sich verändert. Vielleicht war es gar nicht mehr möglich, derselbe Mensch zu werden, der sie noch vor wenigen Minuten gewesen war.
Und dann begriff sie. Ihre Welt hatte sich nicht erst durch diesen Kuss vollkommen verändert, auch nicht durch das erste Zusammentreffen mit Rance McKettrick vor ein paar Tagen. Ihr Schicksal war bereits besiegelt gewesen, als sie
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