Echo der Vergangenheit (German Edition)
brauchte.
Gottverdammter Mist.
Er begriff es zwei Sekunden zu spät.
Seine Frau.
Ja, das war sie. Denn selbst an diesem Ort der Verdammnis konnte er sie riechen. Ihr Duft umgab ihn und drängte den Rauchgestank zurück. Er konnte sie schmecken, ihre Haut an seiner spüren.
»Lora benutzt Sie.« Seth ballte die Fäuste. »Ich weiß, Sie wollen das nicht hören, aber ich kenne sie, und ich will Ihnen nur helfen.«
Als ob er so ein Geschwafel brauchte.
»So etwas hat sie auch vorher schon gemacht. Sie sind nicht Carter. Sie wird Sie nicht …«
Teufel auch! »Konzentrieren Sie sich auf den Fall!«, befahl er. Wenn der Typ ihm auch nur eine Sekunde länger auf die Nerven fiel, würde er ihn sich ordentlich vorknöpfen.
Seth wirbelte herum und wäre fast mit den Männern zusammengestoßen, die gerade eine weitere Bahre mit einem dunklen Sack aus dem Haus schoben.
Zwei? »Wieso hat mir niemand gesagt, dass man in dem Haus eine weitere Leiche gefunden hat?« Auch Monica hatte das nicht gewusst. Dadurch ergab sich eine ganz andere Situation.
Seth warf ihm über die Schulter einen schnellen Blick zu. »Michael hat im Alter von sechs Jahren angefangen, mit dem Feuer zu spielen – etwa zu dem Zeitpunkt, als seine Mutter anfing, ihre Zigaretten auf seiner Haut auszudrücken.« Seths Augen funkelten ihn an. »Hailey … hatte ein Alkoholproblem.«
Die Räder der Bahre quietschten, als die Männer sie an ihnen vorbeirollten.
»Dieses völlig verwirrte Kind hat sich unsterblich ins Feuer verliebt.« Seth schüttelte den Kopf. »Aber diesmal hat er auch seiner Mutter einen Liebesdienst erwiesen.«
Was zur Hölle … »Sie wussten, dass es ein weiteres Opfer gab? Weshalb haben Sie uns nicht informiert?«
Seth hielt sein Handy hoch. »Den Anruf habe ich auf dem Herweg bekommen. Noch haben wir sie nicht identifiziert, wir brauchen erst die Unterlagen von ihrem Zahnarzt, aber ich weiß, Hailey war hier. Das war ihr Zuhause. Die Leute von der Spurensicherung meinten, ihr Alkohol hätte das Feuer ausgelöst.«
Nein, das war ihr Sohn gewesen.
Etwa zu dem Zeitpunkt, als seine Mutter anfing, ihre Zigaretten auf seiner Haut auszudrücken. Verdammt. Begriffen die Leute das eigentlich nicht? War das wirklich so schwer zu verstehen? Die Hälfte der Dreckskerle, die er jagte, waren nicht deshalb so böse, weil mit ihren Genen etwas nicht stimmte. Sie waren böse, weil sie nichts anderes gelernt hatten.
Heute Opfer, morgen Täter. So funktionierte der Mensch nun mal.
Kenton sah, dass es Seth genauso widerstrebte wie ihm, beim Verladen der beiden Säcke zusehen zu müssen. Zwei sinnlos geopferte Leben, weggekarrt wie Abfall.
»Kommen Sie«, sagte Seth und nahm ein paar luftdichte Behälter vom Rücksitz seines Wagens. Beweismaterialsicherung . »Konzentrieren wir uns auf den Fall.«
Kenton setzte sich in Bewegung, doch dann ließ ihn das Motorengeräusch eines Wagens erstarren. Er drehte sich um. Lora fuhr soeben an den Straßenrand.
Seth wirbelte herum und ging schnellen Schritts auf das Haus zu.
Kenton eilte Lora entgegen und riss die Tür auf, sobald das Auto stand. »Du solltest doch wieder zu Bett gehen.«
Sie sah blass und aufgeregt aus. »Ich muss einfach weiter mit dir an dem Fall arbeiten.«
Kenton zwang sich, seine angespannte Kiefermuskulatur zu lockern. Er machte sich Sorgen um Lora, aber gleichzeitig war ihr fachkundiger Blick auch sehr hilfreich. MacIntyre hatte schon einmal ein bedeutendes Beweisstück übersehen. Kenton wollte nicht riskieren, dass ihm ein weiterer Fehler unterlief.
Also trat er einen Schritt zurück und ließ Lora aussteigen. Gemeinsam gingen sie auf den verkohlten Eingang des Hauses zu. Vor der Treppe zögerte sie einen Moment lang, was Kenton ins Gedächtnis rief, wie sie mit Wade aus dem brennenden Haus gestolpert war.
Sie straffte die Schultern und trat ein.
»Diesmal gibt es mehrere Brandherde«, rief Seth aus.
»Anders hätte das gar nicht sein können«, sagte Lora und ließ den Blick über die Überreste des Hauses schweifen. »Als Randall herauskam, hatte er in jeder Hand ein Feuerzeug. Überall war flüssiger Brandbeschleuniger, und er hat alles so rasch wie möglich angezündet.«
Kenton strich ihr sanft über den Arm und sah, wie ein Schauder durch sie hindurchlief. »Alles klar?«
Ihre Blicke trafen einander. »Er hätte gestern beinahe einen meiner Kollegen getötet. Wie soll da alles klar sein?« Sie schob das Kinn vor. »Aber mich haut so schnell nichts um.«
Oh
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