Echo der Vergangenheit (German Edition)
standen sie wie die Ölsardinen in dem engen Raum.
Einer der uniformierten Polizisten saß am Telefon oder besser gesagt schon fast auf ihm.
»Alle eingehenden Telefongespräche landen auf diesem Apparat«, sagte Monica. Sie hatte sich um alles gekümmert. »Wenn er anruft, haben wir ihn.«
Das Telefon läutete. Das Lämpchen für Leitung eins blinkte auf.
Monica nickte, und der Gesetzeshüter drückte einen Knopf. Die Aufnahme würde gleich beginnen.
Der Uniformierte nahm das Gespräch entgegen. »Kanal Fünf, Abendnachrichten.« Seine Stimme klang fest, aber seine Hände bebten.
»Geben Sie mir Pile. Stellen Sie mich durch.«
Piles Gesicht schien nur noch aus Augen zu bestehen.
Doch Monica schüttelte den Kopf und sagte: »Tut mir leid, Pile ist im Augenblick nicht zu sprechen. Hier ist Special Agent Davenport. Möglicherweise kann ich Ihnen ja helfen.«
Stille.
Dann lautes Lachen. »Sie sind ganz schön schnell, Miststück.« Trotz des Stimmverzerrers war die Stimme eindeutig als männlich zu identifizieren. Es knackte in der Leitung, und im Hintergrund war das Pfeifen eines Zuges zu hören.
»Ja?«
»Ich will auf Sendung. So lautete die Abmachung.« Seine Stimme bebte vor Wut.
»Warum? Wenn Sie etwas zu sagen haben, können sie es mir mitteilen.« Kein Zorn, keine Gereiztheit, nur eisige Distanz.
Lora, die neben Kenton stand, wippte unruhig auf den Fußballen.
»Ich will den Zuschauern sagen, wer ich bin. Sie sollen Angst vor mir haben. Angst, verstanden?«
»Legen Sie deswegen Brände? Damit Leute Angst vor Ihnen haben?«
Schweigen.
»Was wollen Sie?«, fuhr Monica fort. »Ihre fünfzehn Minuten Ruhm? Rufen Sie deswegen im Sender an? Ihren Ruhm hatten Sie doch. Alle Tageszeitungen haben heute über Sie berichtet. Das wissen Sie doch.«
Wieder knackte es in der Leitung, dazwischen erklang sein Lachen. »Sie hätten sich nicht mit mir anlegen sollen. Sie hätten nicht im Fernsehen Lügen über mich verbreiten sollen.« Eine kurze Pause. »Sie sind doch auch da, nicht, Agent Lake?«
Kenton erstarrte.
»Die hübsche Feuerhure haben Sie sicher auch dabei. Ohne die machen Sie ja augenscheinlich keinen Schritt mehr. Hallo, Lora. War schön, Ihnen letzte Nacht zuzusehen.«
»Arschloch!«, rief Lora.
»Magst du das Feuer, Lora? Magst du, wie es brennt? Ist seine Berührung wie die eines Liebhabers?«
»Nein, du krankes Arschloch, es … «
Kenton nahm ihre Hand, legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Nicht«, wisperte er ihr ins Ohr. »Gib ihm nicht die Befriedigung.« Kenton war außer sich vor Zorn. Wie zum Teufel hatte der Typ wissen können, dass Lora dabei war?
Dreckskerl. Nicht nur die Brände – nein, er beobachtete auch sie.
»Sie ist eine Wilde, nicht, Lake? Viel zu heiß für Sie.«
Kenton lockerte den Griff um Loras Handgelenk keine Sekunde.
»Das Feuer hat dich schon mal berührt, Lora. Ich weiß es. Es hat an deiner Haut geleckt, und du hast geschrien.«
Ihr Kinn hob sich.
»Aber es ist nicht nur Schmerz, nicht? Wenn das Feuer deine Haut berührt … « Er seufzte. »Lora, erzähl mal, wie viel Hitze hältst du aus?«
Kenton spürte, wie Lora bebte, aber er schwieg.
»Wieso interessieren Sie sich so für Lora?«, fragte Monica.
In der Leitung raschelte es. Dann sagte der Anrufer: »Ich nicht, aber er.«
Kentons Magen krampfte sich zusammen.
»Nicht wahr, Lake? Sie bedeutet Ihnen etwas.«
Monica schüttelte energisch den Kopf. Mit den Lippen formte sie lautlos die Worte: »Sag nichts .« Denn genau das wollte das Arschloch.
»Wenn Sie mit Agent Lake sprechen möchten, kommen Sie ins Polizeirevier. Dort können … «
»Die Zeit ist um.« Der Zorn war verflogen. Seine Stimme klang genauso tonlos wie die Monicas. »Machen Sie sich nicht die Mühe, den Anruf zurückzuverfolgen, Davenport. Ich werfe das Mobiltelefon sowieso weg.«
»Sie brauchen nicht … «
»Sehen Sie sich vor. Die Hölle naht.«
Wieder raschelte es, dann herrschte Stille.
Loras Schultern sackten herab, und sie sank in Kentons Arme. Monica und Kenton sahen einander über Loras Kopf hinweg an.
Die Hölle naht.
11
Im Raum herrschte Stille. Sogar Pile schien benommen. »Haben wir ihn?«, fragte Kenton und lockerte seinen Griff um Loras Hand.
Der Polizist sah hoch. Kenton erkannte ihn sofort. Jess Tyler. Er war ins psychiatrische Krankenhaus gefahren und hatte sich Ausdrucke der Aufzeichnungen über Randalls Besucher geben lassen. Herausgekommen war nichts dabei.
Michael Randalls Mutter hatte
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