Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
im Sturm eroberte. In einigen Kreisen wurde über diesen Schritt, der in der Welt der klassischen Musik für Aufsehen sorgte, noch immer diskutiert. Kaum ein Jahr später wurde Schönburgs Name ebenso wie der Mutis im selben Atemzug mit dem des Philadelphia Orchestra genannt. Und als das Kammerorchester in jenem Sommer durch Osteuropa tourte, war Christa-Marie Schönburg bei den Liebhabern klassischer Musik das Gesprächsthema Nummer eins.
Als sie zweiundzwanzig Jahre alt war, bestand für Musikkenner kein Zweifel, dass sie durch ihre überragende Spieltechnik, ihr künstlerisches Talent und ihre weltweite Anerkennung die einzige andere Frau, die es als Cellistin zu internationalem Ruhm gebracht hatte, übertreffen würde. Gemeint war natürlich Jacqueline du Pré, die brillante Cellistin, deren Karriere im Alter von achtundzwanzig Jahren durch Multiple Sklerose auf tragische Weise jäh beendet wurde.
Und während Jacqueline du Pré sich durch ihre Aufnahme des Cello-Konzertes in e-Moll von Edward Elgar ein Denkmal setzte, begründete Christa-Marie Schönburg ihren Ruhm durch die Interpretation von Bachs Suiten für Violoncello.
Fast zehn Jahre lang lag das Publikum in aller Welt Christa-Marie Schönburg mit ihrem spannungsvollen, leidenschaftlichen Spiel zu Füßen – vom Wiener Konzerthaus bis zum Grote Zaal in Rotterdam, von der Royal Festival Hall in London bis zur Avery Fisher Hall in New York City.
In einer kalten Herbstnacht 1990 sollte sich jedoch alles von Grund auf ändern.
Als Christa-Marie Schönburg an jenem Abend nach einer triumphalen Vorstellung in der Academy of Music nach Hause zurückkehrte, kam es zu einer Tragödie. Sie hatte auf einem Benefizkonzert gespielt, bei dem Gelder für die obdachlosen Kinder in Philadelphia gesammelt wurden und das viele Mitglieder der feinen Gesellschaft besucht hatten.
Die Details der letzten beiden Stunden blieben zwar im Dunkeln, aber man nahm an, dass Christa-Marie gegen circa 23.45 Uhr von einem Fahrdienst vor ihrem Haus in Chestnut Hill abgesetzt wurde. Nach Aussage der Haushälterin gab es ein paar Stunden später einen Streit in der Küche, auf den ein Kampf und dann ein Schrei folgten. Die Haushälterin rief die Polizei.
Die Polizei traf gegen halb drei in der Nacht ein. Sie fanden einen Mann namens Gabriel Thorne, einen Psychiater, der Christa-Marie seit Jahren behandelte, auf dem Boden liegend vor. Er blutete stark aus Wunden im Bauch und in der Brust. Das blutverschmierte Messer steckte in seiner Seite. Er lebte noch. Die Polizei rief sofort einen Rettungswagen. Die Sanitäter versuchten noch am Tatort, sein Leben zu retten, doch ihre Bemühungen schlugen fehl. Kurz nach ihrem Eintreffen wurde er für tot erklärt. Der Rechtsmediziner stellte nach der Obduktion fest, dass Thorne aufgrund zahlreicher Stichwunden verblutet war.
Christa-Marie Schönburg trat nie mehr öffentlich auf. Da sie das Verbrechen gestand, gab es keinen Schauprozess, zur großen Enttäuschung der Gerichtsshows der Kabelsender. Christa-Marie war genauso geheimnisvoll wie schön, und ihre Beziehung zu Thorne sorgte jahrelang für Gerüchte und Spekulationen.
Byrne hatte Christa-Marie zum letzten Mal gesehen, als sie vor einem Richter stand und ihre Schuld an dem Mord an Dr. Gabriel Thorne gestand.
Als Byrne Richtung Norden fuhr, dachte er an das Haus in Chestnut Hill und das damalige Ereignis. Als die Leute hörten, was geschehen war, versammelten sie sich am nächsten Morgen vor dem Haus und brachten Blumen und Stofftiere und sogar Notenblätter. Man hätte meinen können, Christa-Marie wäre das Opfer und nicht die Täterin gewesen.
Byrne hatte oft an Christa-Marie Schönburg gedacht, und das nicht nur, weil sie sein erster Fall als leitender Detective in einem Mordfall war. Diese Frau hatte noch etwas anderes an sich, das ihn verfolgte. Er hatte nie ganz verstanden, warum er sich zu ihr hingezogen fühlte.
Vielleicht würde er es heute erfahren.
50.
»Mir geht es gut«, sagte Jessica.
Das war eine Lüge, aber sie blieb dabei.
Der Sanitäter kontrollierte zum dritten Mal mit der Pupillenleuchte ihre Augen, überprüfte zum dritten Mal den Blutdruck und zum fünften Mal ihren Puls.
Jessica hatte in der Vergangenheit schon viele Faustschläge eingesteckt. Wenn man im Boxring stand, war das nicht weiter verwunderlich. Thompsons Schlag hatte sie mehr oder weniger nur gestreift, und das auch nicht mit voller Wucht. Doch der Angriff traf sie vollkommen unvorbereitet. Im
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