Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
dem Metallstuhl hin und her. Sie waren wirklich furchtbar unbequem. »Es ist ein monumentales Werk über Mord und Bestrafung in dieser Stadt. Es umfasst mehr als hundert Jahre. Das, was Sie sich da ansehen, sind meine Recherchen.«
»In einigen Ihrer Recherchen im Fall Antoinette Chan wird Kenneth Beckman als Verdächtiger genannt.«
Novak zögerte. »Ich kann mich nicht an die Namen aller Personen erinnern. Echte Namen sind für das Thema meiner Arbeit nicht von Belang.«
»Was ist das Thema Ihrer Arbeit?«
»Verbrechen, Strafe, Schuld und Sühne.«
»Kenneth Beckman ist tot.«
Keine Reaktion.
»Er wurde ermordet«, fuhr Byrne fort. »Sein Leichnam wurde an demselben Tatort wie der von Antoinette Chan gefunden.«
Novak schwieg weiter.
»Ein seltsamer Zufall, nicht wahr? Ich könnte mir diese Szene als Ende des ersten Aktes vorstellen.«
Novak hob den Blick und schaute Byrne mit selbstgefälliger Miene an. Das war nicht der Blick eines Mannes, der nichts zu verbergen hatte, sondern eher von jemandem, der glaubte, alle Spuren sorgfältig verwischt zu haben.
»Wenn er in den Mord an Antoinette Chan verwickelt war, könnte ich auch auf Karma und Schicksal anspielen. Nichts davon hat etwas mit mir zu tun.«
»Der Name Kenneth Beckman sagt Ihnen also nichts?«
»Nein.«
»Und der Name Sharon Beckman?«
»Ist das seine Frau?«
Byrne starrte ihn an.
Novak zauberte ein verhaltenes Lächeln auf seine Lippen und schüttelte den Kopf. »Kommt jetzt die Stelle, wo Sie sagen: ›Habe ich Frau gesagt? Ich habe nichts von Frau gesagt. Woher wollen Sie wissen, dass es nicht seine Tochter oder seine Schwester war?‹ Kommt das jetzt, Detective?« Novak faltete die Hände wieder im Schoß. »Ich habe Sleuth gesehen. Das Original. Den Film mit …«
»Laurence Olivier und Michael Caine.«
Novak schien beeindruckt.
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet«, sagte Byrne.
Novak starrte auf den Boden.
»Mr. Novak, sagt Ihnen der Name Sharon Beckman etwas?«
Novak hob den Blick. »Nein.«
Byrne wartete einen Augenblick und zog dann den durchsichtigen Asservatenbeutel mit dem Atriana-Papier aus der Aktenbox.
»Kennen Sie das?«, fragte er.
Novak hielt den Beutel ins Neonlicht. Der Rand des Wasserzeichens war deutlich erkennbar.
»Ja.«
»Woher kennen Sie das?«
»Ich kenne dieses Produkt. Das ist Atriana-Papier.«
»Und was ist Marcato LLC?«
»Ein Verlag«, erwiderte Novak nach kurzem Zögern.
»Bücher? Zeitschriften?«
»Musik.«
Byrne nickte. »Und Sie benutzen dieses Papier?«
»Ja. Ich benutze dieses Papier für Sondereditionen.«
»Wo finde ich ein Exemplar einer dieser Editionen?«
»Überall auf der Welt.«
»Wann haben Sie dieses Papier zum letzten Mal gekauft?«
»Daran erinnere ich mich nicht mehr.«
»Wenn wir Ihre Wohnung durchsuchen, finden wir dieses Papier dann? In zwölf Zentimeter breite Streifen geschnitten?«
»Nein«, erwiderte Novak. »Das ganze Papier, das ich hatte, wurde mir gestohlen. Bei mir wurde eingebrochen.«
»Ach, sagen Sie bloß. Und wann war das?«
»Vor sechs Monaten.«
»Haben Sie den Einbruch der Polizei gemeldet?«
»Ja.«
Novak war sicherlich clever genug, um zu wissen, dass sie das nachprüfen würden. Vermutlich hätte er es nicht gesagt, wenn es nicht stimmte. »Was wurde noch gestohlen?«
»Eine Uhr, ein MP3-Player.«
»Und Papier«, fügte Byrne hinzu.
Keine Antwort.
Byrne starrte den Mann ein paar Sekunden an, als würden sie beide den sonderbaren Zustand der Welt bedauern. »Ich war heute Morgen in Ihrer Wohnung. Wenn ich bei Ihnen eingebrochen wäre, hätte ich da aber mehr wertvolle Dinge gefunden als eine Armbanduhr, einen MP3-Player und ein bisschen Papier. Teile Ihrer Musikanlage könnte man für eine Menge Kohle an jeder Ecke verscherbeln, oder nicht? Pioneer Elite, McIntosh. Das sind ganz tolle Geräte.«
»Damals hatte ich diese Geräte noch nicht alle.«
»Ah, verstehe. Sie haben aber doch bestimmt noch die Rechnungen, oder? Vielleicht würden wir gerne mal einen Blick darauf werfen.«
Novak verzog keine Miene. »Ich nehme an, ich würde sie irgendwo finden.«
»Großartig. Das wäre sehr hilfreich.«
Jessica entschuldigte sich und verließ den Verhörraum. Sie rief im zuständigen Revier in West Philly an und bat um die entsprechende Information. Ein paar Minuten später erhielt sie ein Fax mit dem Bericht über den Einbruch. Novak hatte die Wahrheit gesagt. Jedenfalls was den Einbruch betraf. Jessica kehrte in den
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