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Echo des Blutes: Thriller (German Edition)

Echo des Blutes: Thriller (German Edition)

Titel: Echo des Blutes: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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dass sie vor der Mittagspause ausgestempelt hatte, und jetzt stand sie wie durch ein Wunder hier.
    Lucy ging den Korridor hinunter. Es war viel ruhiger als am Tag zuvor, oder kam es ihr nur so vor, weil es in ihrem Kopf so laut war?
    Kurz darauf stand sie vor der Tür des Traumwebers. Heute war sie geschlossen. Lucy klopfte und wartete. Sie hörte Musik in der Wohnung, klassische Musik. Von klassischer Musik verstand sie nichts. Sie klopfte noch einmal. Nun verstummte die Musik, und sie hörte leise Schritte. Dann wurde die Tür geöffnet.
    »Lucinda.«
    Lucy starrte Mr. Costa verblüfft an. Möglicherweise gab sie sogar unwillkürlich einen Laut von sich. Mr. Costa machte heute einen viel jüngeren Eindruck. Nicht etwa, dass er jetzt wie ein junger Mann aussah, aber er wirkte lebendiger und bewegte sich schneller. Seine Haare waren ordentlich mit rechtem Seitenscheitel gekämmt. Offenbar trug er auch ein sauberes weißes Hemd. Die Schuhe waren poliert, und er roch nach einer guten Seife.
    Lucy stellte fest, dass sie leicht zitterte, als sie den Raum betrat. Beim Eintreten drehte sie sich ein kleines Stück zur Seite, doch das Foto, auf dem sie gestern geglaubt hatte, das Haus ihrer Kindheit zu erkennen, war ersetzt worden. Über dem Lichtschalter hing nun ein anderes Foto von einem Tal voller Blumen und mit einer kleinen Hütte, aus deren Schornstein Rauch quoll.
    Hatte sie sich das nur eingebildet?
    Mr. Costa schloss hinter ihr die Tür. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer.
    Der Mann wirkte heute jugendlicher, und auch der Raum sah ordentlicher aus. Er hatte ein wenig aufgeräumt und sogar Staub gewischt .
    Mr. Costa wies auf den grünen Sessel. Lucy zog ihren Mantel aus und setzte sich.
    »Ich hoffe, du hast gut geschlafen«, sagte er.
    »Nicht wirklich. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt geschlafen habe«, erwiderte Lucy.
    »Das ist verständlich.«
    »Ich glaube, Sie hatten recht.«
    »Inwiefern?«
    Lucy stellte ihre Handtasche ab und machte es sich auf dem Sessel bequem. Auch er kam ihr heute anders vor. Irgendwie größer. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind oder vielleicht sogar wie Alice, die durch den Spiegel sieht. »Als Sie gesagt haben, es könnte sein, dass ich gestern eine Tür geöffnet habe. Ich glaube, das habe ich getan.«
    Mr. Costa lächelte. »Das sind wunderbare Nachrichten. Und wie kommst du darauf?«
    Auf dem Weg hierher hatte sie überlegt, ob sie Mr. Costa von dem Mann im Hotel erzählen sollte oder nicht. Sie beschloss, bis nach der Sitzung zu warten, um zu sehen, ob sie ihr etwas gebracht hatte. »Ich weiß nicht. Es ist nur so ein Gefühl.«
    Mr. Costas Miene deutete an, dass er ihr das nicht ganz abnahm, aber dass es okay war. Lucy vermutete, dass viele Leute solche Dinge zu ihm sagten – Halbwahrheiten über ihr Leben und ihre Gefühle.
    »Sitzt du bequem?«, fragte er.
    Bequemer geht es kaum, dachte Lucy. Und das aus einem ganz bestimmten Grund.
    »Ja«, sagte sie. »Ich sitze bequem.«
    »Hast du den Notizblock mitgebracht? Den Notizblock aus dem Hotel?«
    Lucy langte in ihre Tasche und holte den Notizblock heraus. Sie reichte ihn Mr. Costa, doch dieser streckte eine Hand aus und wies den Block zurück. »Nein, er ist für dich. Du wirst etwas darauf schreiben. Hast du einen Stift?«
    »Nein. Tut mir leid.«
    Mr. Costa zog aus seiner Jackentasche einen schönen, alten Füller heraus. Er nahm die Kappe ab und reichte ihn Lucy. »Du wirst später etwas auf den Block schreiben.«
    »Okay.«
    »Bist du bereit für die nächste Sitzung?«
    »Ja.«
    »Ich möchte, dass du die Augen schließt und meiner Stimme lauschst.«
    Diesmal schwebte Lucy nicht über der Stadt. Diesmal saß sie. Nein, sie kniete. Sie kniete, saß aber mit dem Po auf den Fersen. Und sie hatte Angst.
    Wo bist du?
    Rings herum ist es dunkel. Meine Augen sind verbunden.
    Weißt du, wo du bist?
    Nein.
    Bist du drinnen oder draußen?
    Ich bin drinnen. In einem Haus.
    Ist es ein großer oder ein kleiner Raum?
    Klein. Eher wie eine Kammer oder so.
    Wo ist der Mann?
    Ich weiß nicht.
    Hat er dir wehgetan?
    Ich glaube nicht.
    Bist du allein?
    Ja. Aber ich habe jemanden getroffen. Ein Mädchen.
    Wie alt ist es?
    So alt wie ich.
    Was kannst du sehen?
    Wenn ich die Augenbinde abnehme, sehe ich ein Schlüsselloch in der Tür. Ich kann durch das Schlüsselloch schauen. Neben dem Sofa steht ein Tisch. Auf dem Tisch liegt etwas.
    Was liegt auf dem Tisch?
    Es glänzt und ist oval.
    Was ist es? Was ist das für ein glänzender

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