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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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prima«, sagte Alex und warf Weird einen wütenden Blick zu. »Komm, Tom.« Sie hinterließen ihre Namen, die Einzelheiten des Falls und Alex’ Handynummer und zogen sich zurück.
    »Du kannst ja so charmant sein«, sagte Alex, als sie zum Wagen zurückgingen.
    »Aber wir haben etwas erreicht. Wenn es nach dir, dem de-mütigen Bittsteller, gegangen wäre, hätten wir von Glück sagen können, noch vor Ende des Semesters einen Termin zu kriegen.
     
    Was machen wir jetzt also in den nächsten fünf Stunden?«
    »Wir könnten nach St. Andrews fahren«, sagte Alex. »Es liegt ja gleich auf der anderen Seite der Brücke.«
    Weird blieb abrupt stehen. »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein, mir war’s noch nie so ernst. Ich glaube, es würde nicht schaden, uns an das Terrain zu erinnern. Nach all den Jahren wird uns ja niemand erkennen.«
    Weird führte die Hand an die Stelle, wo normalerweise sein Kreuz hing. Er schüttelte tadelnd über sich selbst den Kopf, als seine Finger nur die leere Stelle auf seinem Hemd berührten.
    »Okay«, sagte er. »Aber in die Nähe des Flaschenverlieses gehe ich nicht.«
     
    Nach St. Andrews hineinzufahren war eine merkwürdig bestürzende Erfahrung. Erstens hatten sie in der Zeit an der Uni noch keinen Wagen gehabt, so dass sie die Stadt nie aus der Perspektive des Autofahrers erlebt hatten. Außerdem führte die Straße an Gebäuden vorbei, die es in ihrer Studentenzeit noch gar nicht gegeben hatte. Der Betonkomplex des Old Course Hotels, der neoklassizistische Zylinderbau des Museums der St.
    Andrews University, das Sea Life Centre hinter dem noch immer unverändert steifen Royal Ancient Clubhouse, dem Tempel der Golfspieler. Weird starrte unruhig aus dem Fenster.
    »Es hat sich verändert.«
    »Natürlich hat es sich verändert. Es ist fast ein Viertel-jahrhundert her.«
    »Ich nehme an, du bist seitdem oft hier gewesen?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Seit zwanzig Jahren nicht.« Er fuhr langsam durch The Scores und quetschte seinen BMW
    schließlich auf einen Platz, den eine Frau mit einem Renault freigemacht hatte.
    Schweigend stiegen sie aus und fingen an, die einst vertrauten Straßen zu Fuß zu erkunden. Alex fand es ganz ähnlich, wie Weird nach all den Jahren wiederzusehen. Die Grundstruktur der Knochen war die gleiche. Es war unmöglich, ihn mit einem anderen Menschen zu verwechseln oder umgekehrt. Aber die Oberfläche war anders. Es gab feine Veränderungen und auch manche, die auffällig waren. Und beim Gang durch St. Andrews war es genauso. Manche Geschäfte mit ihren alten Fassaden waren noch an derselben Stelle. Paradoxerweise schienen sie aber nicht mehr dorthin zu passen, als hätten sie irgendwie eine Zeitentwicklung nicht mitgemacht, die den Rest der Stadt erfasst hatte. Der Süßwarenladen war noch da, ein Monument für den Appetit der Nation auf Zucker. Alex erkannte das Restaurant, wo sie zum ersten Mal chinesisch gegessen und mit ihren von der Hausmannskost abgestumpften Gaumen fremdartige Geschmacksnuancen wahrgenommen hatten. Damals waren sie zu viert gewesen, leichtsinnig, voll Zuversicht und ohne die leiseste Ahnung, welches Unheil auf sie zukam. Und dann waren’s nur noch zwei. Die Universität war hier nicht zu übersehen. In einer Stadt von sechzehntausend Seelen verdiente durch sie ein Drittel der Einwohner seinen Lebensunterhalt, und wenn die Universitätsgebäude sich über Nacht unerklärlicher-weise in Staub verwandelt hätten, wäre nur ein Dorf mit Baulücken übrig geblieben. Studenten eilten durch die Straßen, hier und da hatte sich einer gegen die Kälte in sein charakteristisches rotes Flanellgewand gehüllt. Es war kaum zu glauben, dass sie dies damals auch getan hatten. Alex kam plötzlich ein Bild ins Gedächtnis: Ziggy und Mondo in einem eleganten Konfektionsgeschäft, wo sie ihre neuen Gewänder anprobierten. Alex und Weird hatten sich mit einem gebrauchten behelfen müssen, aber die Gelegenheit genutzt, sich im Dienst einer guten Sache schlecht zu benehmen, und die Geduld des Ladenpersonals bis zum Äußersten strapaziert. Jetzt kam ihnen dies alles sehr fremd und sehr weit weg vor, wie aus einem Film und nicht Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte.
     
    Als sie sich dem West Port näherten, erblickten sie durch die Steinbögen des wuchtigen Tors die vertraute Fassade der Lammas Bar. Weird blieb plötzlich stehen. »Das macht mich fertig. Ich kann das nicht ertragen, Alex. Komm, wir machen, dass wir hier wegkommen.«
    Alex war nicht gerade

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