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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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den Weird ihm zuwarf, hätte sogar einen Teenager aus der Bahn geworfen. Alex hielt resignierend die Hände hoch. »Okay. Gib mir ’ne halbe Stunde.«
    Als er den Raum verließ, sah Lynn ihm mit besorgtem Blick nach.
    »Mach dir keine Gedanken, Lynn. Ich pass schon auf ihn auf.«
    Lynn lachte. »Ach, bitte, Weird. Lass das nicht meine einzige Hoffnung sein.«
    Er schluckte einen Bissen von dem Brötchen und sah sie an.
    »Ich bin wirklich nicht mehr der Mensch, den du von damals im Gedächtnis hast, Lynn«, sagte er ernst. »Vergiss die jugendliche Aufmüpfigkeit, die Sauferei und die Drogen. Denk daran, dass ich immer meine Hausaufgaben gemacht und meine Referate rechtzeitig fertig bekommen habe. Es hatte immer nur den Anschein, als würde ich vom rechten Weg abkommen. Im Grunde war ich genauso ein guter, rechtschaffener Bürger wie Alex. Ich weiß, ihr lacht euch alle ins Fäustchen, dass ihr einen Fernsehprediger auf eurer Liste für die Weihnachtskarten habt, übrigens sind es sehr schöne Karten. Aber unter all dem Glamour ist es mir sehr ernst mit dem, was ich glaube und was ich tue. Wenn ich sage, ich passe auf Alex auf, kannst du mir vertrauen, dass er bei mir so sicher sein wird wie nur bei irgendjemandem sonst.«
    Etwas beruhigt, aber doch noch mit einem Rest Misstrauen legte Lynn ihre Tochter von der einen Brust an die andere.
    »So, mein Schatz.« Sie zuckte bei der immer noch ungewohnten Berührung zusammen, wenn die Kiefer auf ihre Brustwarze trafen. »Es tut mir leid, Weird. Es ist einfach so schwierig, die Zeit zu vergessen, in der ich dich am besten kannte.«
    Er trank seinen Kaffee aus und stand auf. »Ich weiß. Du stehst mir immer noch als das dumme kleine Ding vor Augen, das von David Cassidy träumte.«
    »Du Flegel«, sagte sie.
    »Ich werde jetzt eine Weile beten«, sagte er und ging auf die Tür zu. »Alex und ich, wir können alle Hilfe brauchen, die wir bekommen können.«
     
    Der äußere Eindruck des Old-Fleming-Gymnasiums entsprach Alex’ Vorstellung von einem gerichtsmedizinischen Institut so wenig wie nur möglich. Es war in einer kleinen engen Straße versteckt, und der Sandstein aus viktorianischen Zeiten war fleckig von jahrhundertelanger Verschmutzung. Es war kein unansehnliches Gebäude, das eine Stockwerk hatte harmonische Proportionen und hohe Bogenfenster im italienischen Stil. Aber es war einfach kein Gebäude, das so aussah, als beherberge es den scharfsinnigsten Vordenker der Gerichtsmedizin.
    Weird hatte offenbar denselben Eindruck. »Bist du sicher, dass es hier ist?«, fragte er und blieb zögernd am Anfang der kleinen Straße stehen.
    Alex deutete zur anderen Straßenseite. »Das ist das OTI-Café.
    Nach dem, was auf der Uni-Website steht, müssen wir hier abbiegen.«
    »Sieht eher aus wie eine Bank als wie eine Schule oder ein Institut.« Aber trotzdem folgte er Alex die schmale Straße hinunter.
    Auch der Empfangsbereich ließ nicht viele Rückschlüsse zu.
    Ein junger Mann mit starker Schuppenflechte saß in einem Aufzug, der dem eines Beatniks aus den fünfziger Jahren nachempfunden schien, hinter einem Schreibtisch und tippte auf einer Computertastatur herum. Er blickte über die dicken schwarzen Ränder seiner Brille und fragte: »Kann ich etwas für Sie tun?«
     
    »Wir würden gern mit Professor Soanes sprechen, wenn möglich«, sagte Alex.
    »Haben Sie einen Termin?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Nein. Aber wir wären wirklich sehr dankbar, wenn er mit uns sprechen würde. Es geht um einen alten Fall, an dem er gearbeitet hat.«
    Der junge Mann drehte gewandt wie eine indische Tänzerin den Kopf von einer Seite zur anderen. »Ich denke, das wird nicht möglich sein. Er hat sehr viel zu tun«, sagte er.
    »Wir auch«, mischte sich Weird ein und beugte sich vor. »Und wir wollen mit ihm über etwas sprechen, bei dem es um Leben und Tod geht.«
    »Ach so«, sagte der junge Mann. »Der Tommy Lee Jones von Tayside.« Es hätte unhöflich klingen können, aber der belustigt bewundernde Tonfall nahm dem Satz jede Bösartigkeit.
    Weird sah ihn scharf an. »Wir können warten«, warf Alex ein, bevor offene Feindschaft ausbrechen konnte.
    »Das werden Sie auch müssen. Im Moment hält er ein Seminar. Lassen Sie mich auf seinem Terminkalender für heute nachsehen.« Seine Finger huschten klappernd über die Tasten.
    »Können Sie um drei Uhr wiederkommen?«, fragte er nach ein paar Sekunden.
    Weird blickte finster. »Fünf Stunden in Dundee verbringen?«
    »Das ist

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