Echo Einer Winternacht
Davina stillte. »War es eine gute oder eine schlechte Nacht?«, fragte er.
»Ich schätze, eine durchschnittliche«, sagte Lynn gähnend.
»Sie müssen eben in dem Alter alle paar Stunden etwas bekommen.«
»Ein Uhr, halb vier, halb sieben. Bist du sicher, dass das ein Baby ist und kein Vielfraß?«
Lynn lächelte. »Wie schnell doch die ersten Blüten der Liebe verwelken«, neckte sie.
»Wenn das stimmte, hätte ich mir das Kissen über den Kopf gezogen und wäre wieder eingeschlafen, statt aufzustehen und Tee zu machen und ihre Windel zu wechseln«, verteidigte sich Alex.
»Wenn Weird nicht da wäre, könntest du im Gästezimmer schlafen.«
Alex schüttelte den Kopf. »Das will ich nicht. Wir werden sehen, wie wir klarkommen.«
»Du brauchst aber deinen Schlaf. Du hast ja einen Betrieb, um den du dich kümmern musst.«
Alex lachte. »Aber nur dann, wenn ich nicht gerade irgendwo im Land herumfahre, um mit Gerichtsmedizinern zu sprechen, oder?«
»Stimmt. Stört es dich nicht, dass Weird hier ist?«
»Warum sollte es?«
»Ich habe nur überlegt. Ich bin von Natur aus misstrauisch.
Und du weißt ja, ich dachte immer schon, dass er von euch vieren der Einzige ist, der möglicherweise Rosie umgebracht haben könnte. Deshalb ist mir eben ein bisschen bange, dass er hier so auftaucht.«
Alex schien unsicher. »Gerade deshalb ist er doch wohl, was Rosie betrifft, unverdächtig. Welches Motiv könnte er denn haben, uns nach fünfundzwanzig Jahren zu beseitigen?«
»Vielleicht hat er über die Wiederaufnahme dieser alten Fälle gehört und hatte Angst, dass nach dieser langen Zeit einer von euch ihn beschuldigen könnte.«
»Du übertreibst aber auch immer, was? Er hat sie nicht ermordet, Lynn. Er kann so was nicht.«
»Menschen tun schreckliche Dinge, wenn sie Drogen genommen haben. Ich erinnere mich, dass bei Weird in der Hinsicht immer etwas lief. Er hatte den Landrover. Sie kannte ihn wahrscheinlich gut genug, dass sie sich von ihm hätte mitnehmen lassen. Und dann kam diese dramatische Bekehrung.
Da hätte es um Schuldgefühle gehen können, Alex.«
Er schüttelte den Kopf. »Er ist mein Freund. Ich hätte das doch mitbekommen.«
Lynn seufzte. »Wahrscheinlich hast du recht. Ich steigere mich manchmal in etwas hinein. Ich bin einfach im Moment nervös.
Tut mir leid.«
Während sie noch sprach, kam Weird herein. Geduscht und rasiert, war er ein Muster an Gesundheit und Kraft. Alex warf ihm einen Blick zu und stöhnte: »Oh Gott, Tigger, der Unermüdliche.«
»Ein prima Bett«, sagte Weird und sah sich nach der Kaffeemaschine um. Er ging an den Küchenschrank und öffnete verschiedene Türen, bis er die Tassen fand. »Ich hab geschlummert wie ein Säugling.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Lynn. »Außer wenn du alle drei Stunden aufgewacht wärst. Müsstest du nicht überhaupt sehr müde von der Zeitumstellung sein?«
»Damit hab ich noch nie Probleme gehabt«, sagte Weird vergnügt und goss sich Kaffee ein. »Also, Alex, wann fahren wir los nach Dundee?«
Alex streckte sich. »Ich werde dort anrufen und einen Termin machen müssen.«
»Spinnst du? Dem Typ die Möglichkeit geben abzulehnen?«, sagte Weird und wühlte im Brotkorb herum. Er nahm ein dreieckiges Brötchen heraus und leckte sich die Lippen. »Mm, so eins hab ich seit Jahren nicht mehr gegessen.«
»Bediene dich«, sagte Alex.
»Das tu ich ja«, sagte Weird und suchte im Kühlschrank nach Butter und Käse. »Nein, Alex. Keine Anrufe. Wir erscheinen dort einfach auf der Bildfläche und erklären, dass wir nicht weggehen, bevor Professor Soanes ein Zeitfenster für uns findet.«
»Warum, damit er es aufmachen und rausspringen kann?«
Alex konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich über Weirds amerikanische Ausdrucksweise lustig zu machen. Sie klang einfach komisch mit seinem Akzent, der über Nacht plötzlich sehr schottisch geworden war.
»Haha.« Weird fand einen Teller und ein Messer und setzte sich an den Tisch.
»Meinst du nicht, das könnte ihn ein bisschen verstimmen?«, fragte Lynn.
»Ich glaube, es wird ihm begreiflich machen, dass wir es ernst meinen«, sagte Weird. »Und ich glaube, dass zwei Typen, die um ihr Leben fürchten, so etwas tun würden. Für Höflichkeit und Unterwürfigkeit ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt. Es ist an der Zeit zu sagen: ›Wir haben wirklich Angst, und Sie können uns helfen.‹«
Alex wand sich. »Bist du sicher, dass du wirklich mitkommen willst?« Der tyrannische Blick,
Weitere Kostenlose Bücher