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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hinter die Tür gestellt und öffnete sie nur einen Spalt. In dem schmalen Lichtschein, der auf die Stufen hinausfiel, stand Graham Macfadyen. Lawson brauchte einen Augenblick, bis er ihn erkannte. Seit ihrem letzten Treffen hatte der Mann abgenommen. Seine Augen glänzten fiebrig über den eingefallenen Wangen, und sein Haar war strähnig und fettig.
    »Was tun Sie hier, zum Teufel?«, rief Lawson.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen. Man sagte mir, Sie hätten zwei Tage Urlaub, da dachte ich, Sie müssten wohl hier sein.«
    Macfadyen klang ganz normal, als sei es nichts Ungewöhnliches, wenn irgendein x-beliebiger Mensch im Anglerparadies vor dem Wohnwagen auftauchte, der dem stellvertretenden Polizeichef gehörte.
    »Wie haben Sie mich hier bloß gefunden?«, fragte Lawson und klang vor Angst gereizt.
    Macfadyen zuckte die Schultern. »Man kann heutzutage alles herausfinden. Sie haben dem Fife Record bei Ihrer letzten Beförderung ein Interview gegeben. Es ist auf Ihrer Website. Sie sagten, dass Sie gern angeln und dass Sie an den Loch Leven hinauffahren. Es gibt nicht viele Straßen, die nahe ans Wasser führen. Ich bin einfach herumgefahren, bis ich Ihr Auto gesehen habe.«
    In seiner Haltung und seinem Tonfall lag etwas, das Lawson ein eisiges Gefühl von Furcht einflößte. »Das gehört sich nicht«, sagte er. »Kommen Sie zu mir ins Büro, wenn Sie über polizeiliche Dinge reden wollen.«
    Macfadyen schien verärgert. »Es ist wichtig. Es kann nicht warten. Und ich spreche zu niemand sonst darüber. Sie verstehen doch meine Lage. Sie sind derjenige, mit dem ich sprechen muss. Jetzt bin ich hier. Warum hören Sie mich nicht an? Sie müssen mir zuhören, ich bin der Mann, der Ihnen helfen kann.«
    Lawson wollte die Tür schließen, aber Macfadyen hob die Hand und drückte dagegen. »Ich bleibe hier draußen stehen und schreie, wenn Sie mich nicht reinlassen«, sagte er. Die Gleichgültigkeit seiner Stimme passte schlecht zu der Entschlossenheit seines Gesichtsausdrucks.
    Lawson wägte die Möglichkeiten ab. Macfadyen machte ihm nicht den Eindruck, eventuell gewaltsam zu werden. Aber man wusste nie. Allerdings hatte er ja ein Messer, wenn es drauf ankam. Es war besser, den Mann anzuhören und ihn dann loszuwerden. Er machte die Tür auf und trat zurück, wandte seinem unwillkommenen Besucher aber keinen Moment den Rücken zu.
    Macfadyen folgte ihm nach drinnen. Es war wie die Parodie einer normalen Unterhaltung, als er grinsend sagte: »Sie haben es sehr gemütlich hier.« Dann fiel sein Blick mit Bedauern auf den Tisch. »Ich habe Sie beim Essen gestört. Das tut mir wirklich leid.«
    »Geht schon in Ordnung«, log Lawson. »Worüber wollten Sie mit mir sprechen?«
    »Sie kommen zusammen. Sie versammeln sich und versuchen, ihrem Schicksal zu entgehen«, sagte Macfadyen, als sei das eine Erklärung.
    »Wer kommt zusammen?«, fragte Lawson. Macfadyen seufzte, als sei er frustriert über einen besonders begriffsstutzigen Lehrling, »Die Mörder meiner Mutter«, sagte er. »Mackie ist wieder da. Er ist zu Gilbey gezogen. Nur so fühlen sie sich sicher. Aber natürlich täuschen sie sich. Das wird sie nicht schützen. Ich habe nie zuvor an das Schicksal geglaubt, aber anders kann man das nicht beschreiben, was den vieren in letzter Zeit zugestoßen ist. Gilbey und Mackie spüren das bestimmt auch. Sie müssen Angst haben, dass die Zeit für sie genauso abläuft wie für ihre Freunde. Und natürlich ist das ja auch so. Außer wenn sie entsprechend dafür bezahlen. Dass sie so zusammenkommen, ist wie ein Geständnis. Das müssen Sie doch begreifen.«
    »Sie mögen wohl recht haben«, sagte Lawson, der um Versöhnlichkeit bemüht war. »Aber es ist kein Geständnis, das auch vor einem Gericht Bestand haben würde.«
    »Das weiß ich«, sagte Macfadyen ungeduldig. »Aber jetzt sind sie am verwundbarsten. Sie haben Angst. Es ist an der Zeit, diese Schwäche zu nutzen, um einen Keil zwischen sie zu treiben. Sie müssen sie jetzt verhaften, müssen sie zwingen, die Wahrheit zu sagen. Ich habe sie beobachtet. Sie könnten jeden Moment durchknallen.«
    »Wir haben keine Beweise«, sagte Lawson.
    »Sie werden gestehen. Was für Beweise brauchen Sie da noch?« Macfadyen hielt die ganze Zeit den Blick auf den Polizeibeamten gerichtet.
    »Das denken die Leute oft. Aber nach schottischem Recht ist ein Geständnis allein nicht genug, um jemanden zu verurteilen.
    Man braucht zusätzliche Beweise zur Bestätigung.«
    »Das kann doch

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