Echo Einer Winternacht
hattest. Er findet seine Arbeit toll, deshalb stört es ihn nicht, wenn er viel Zeit darauf verwendet. Und er will seine Freude mit allen anderen teilen.«
Alex hatte nach seinem Morgenmantel gegriffen, hielt aber inne. »So war ich? Es ist ja ein Wunder, dass du dich nicht scheiden lassen wolltest.«
Alex fand Weird, der elend aussah, in der Küche. Er hatte keine Farbe im Gesicht außer von den blauen Flecken, die sich wie Schminke um beide Augen zogen. Er saß unglücklich da und hielt seine Tasse mit beiden Händen umklammert. »Du siehst miserabel aus«, sagte Alex.
»So fühl ich mich auch.« Er nippte an seinem Kaffee und zuckte zusammen. »Warum habt ihr keine anständigen Schmerztabletten?«
»Weil es nicht unsere Angewohnheit ist, verprügelt zu werden«, sagte Alex über die Schulter, als er an die Tür ging, um zu öffnen.
Jason kam aufgeregt und federnden Schritts herein, stutzte dann aber, was fast komisch wirkte, als er bemerkte, wie Weird aussah.
»Scheiße, was ist Ihnen denn passiert, Mann?«
»Einer mit einem Baseballschläger«, sagte Alex lakonisch.
»Das war kein Scherz, als wir sagten, es könnte hier um Leben und Tod gehen.« Er goss Jason einen Kaffee ein. »Ich bin beeindruckt, dass Sie so schnell etwas für uns haben«, sagte er.
Jason zuckte die Schultern. »Als ich mich dranmachte, war es gar nicht so schwierig. Ich habe die Mikrospektrofotometrie gemacht, um den Farbton festzustellen, dann hab ich’s durch den Chromatographen laufen lassen, um die Zusammensetzung herauszukriegen. Aber es passte zu nichts, was ich in meiner Datenbank hatte.«
Alex seufzte. »Na ja, das hatten wir ja erwartet«, sagte er.
Jason hob den ausgestreckten Zeigefinger. »Aber, Alex, ich bin ja niemand, der sich nicht zu helfen wüsste. Vor zwei Jahren hab ich auf einem Kongress einen Typ getroffen. Der ist der größte Farbspezialist der Welt. Er arbeitet für das FBI und schätzt, dass er die umfassendste Datenbank für Farben hat, die es in dem uns bekannten Universum gibt. Ich hab ihn also meine Ergebnisse mit seinen Unterlagen vergleichen lassen, und bingo!
Wir hatten es.« Er hielt die Arme ausgebreitet, als erwarte er Applaus.
Lynn kam gerade rechtzeitig herein, um den Schluss mitzukriegen. »Und was war es?«, fragte sie.
»Ich werde euch nicht mit den technischen Einzelheiten langweilen. Die Farbe wurde Mitte der siebziger Jahre von einem kleinen Hersteller in New Jersey zum Streichen auf Glasfaser und bestimmte Arten gegossener Plastikmasse produziert. Die Zielgruppe waren Besitzer und Bauer von Booten. Die Farbe ergab eine besonders widerstandsfähige Oberflächenbeschaffenheit, die nicht leicht Kratzer bekam und selbst unter extremen Wetterbedingungen nicht abblätterte.« Er machte seinen Rucksack auf, wühlte darin herum und brachte schließlich eine mit dem Computer hergestellte Farbskala zutage. Eine hellblaue Farbprobe war mit schwarzem Filzstift eingerahmt.
»So hat sie ausgesehen«, sagte er und gab das Blatt herum.
»Die gute Nachricht zur Qualität eurer Farbe ist, dass man, wenn euer Tatort wie durch ein Wunder erhalten geblieben ist, also noch die passende Substanz dazu finden könnte. Die Farbe wurde hauptsächlich an der Ostküste der USA verkauft, aber auch nach Großbritannien und in die Karibik exportiert. Die Firma ist allerdings in den späten achtziger Jahren eingegangen.«
»Es könnte also sein, dass Rosie auf einem Boot getötet wurde?«, fragte Alex.
Jason schmatzte leise, um Zweifel auszudrücken. »Wenn es so war, dann muss es schon ein ziemlich großes gewesen sein.«
»Wieso sagen Sie das?«
Mit Schwung zog er einige Papiere aus seinem Rucksack. »Da spielt die Form der Farbtropfen eine Rolle. Wir haben hier winzige Tränen. Und ein oder zwei sehr kleine Faserreste, die mir sehr nach Teppichboden auszusehen scheinen. Und das sagt mir etwas. Diese Tropfen sind beim Streichen vom Pinsel gefallen. Es ist eine sehr bewegliche Farbe, das heißt, dass sie in winzigen Tröpfchen herunterfiel. Die Person, die das Streichen besorgte, hat es wahrscheinlich überhaupt nicht bemerkt.
Typisch ist der feine Sprühnebel, der sich ergibt, wenn man weit oben etwas streicht, besonders wenn man sich dabei streckt. Und weil es fast keine Abweichungen in der Form der Tröpfchen gibt, weist das darauf hin, dass die Farbe irgendwo oben in gleich bleibender Höhe aufgetragen wurde. Das alles passt nicht zum Streichen eines Schiffskörpers. Und selbst wenn man das Boot
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