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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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und er war schon fast so weit gewesen, sie unter Anklage zu stellen, als er im Vereinslokal des Polizeiclubs zufällig eine Unterhaltung mitbekam. Wegen der Rückenlehne einer Polsterbank konnte er die Kollegen nicht sehen, erkannte aber Jimmy Lawsons und Iain Shaws Stimmen. Shaw hatte sich dafür ausgesprochen, alle nur möglichen Anklagepunkte gegen die Studenten vorzubringen. Aber zu Maclennans Überraschung war Lawson anderer Meinung. »Dann stehen wir doch total mies da«, hatte der Constable gesagt. »Wir sehen kleinlich und rachsüchtig aus.
    Es ist, als trügen wir ein Plakat mit dem Spruch: Wir können sie zwar nicht wegen der Mordsache kriegen, werden ihnen aber das Leben anderweitig zur Hölle machen.«
    »Und was ist daran auszusetzen?«, hatte Shaw geantwortet.
    »Wenn sie schuldig sind, sollten sie dafür büßen.«
    »Aber vielleicht sind sie nicht schuldig«, sagte Lawson eindringlich. »Wir sollen uns schließlich um die Gerechtigkeit kümmern, oder? Das heißt, wir schnappen uns nicht nur den Schuldigen, sondern schützen auch den Unschuldigen. Gut, sie haben Maclennan also wegen des Landrovers angelogen. Aber das macht sie noch nicht zu Mördern.«
    »Wenn es keiner von ihnen war, wer denn dann?«, sagte Shaw herausfordernd.
    »Ich glaube immer noch, dass es irgendetwas mit dem Hallow Hill zu tun hat. Irgendein heidnisches Ritual oder so was. Du weißt geradeso gut wie ich, dass wir jedes Jahr Berichte von Tensmuir Forest über Tiere bekommen, die anscheinend Opfer einer rituellen Schlachtung waren. Und uns berührt das kaum, weil es im größeren Zusammenhang nicht besonders wichtig ist.
    Aber was wäre, wenn ein komischer Kauz jahrelang auf so etwas hingearbeitet hätte? Es war schließlich ziemlich kurz vor den Saturnalien.«
    »Saturnalien?«
    »Die Römer haben die Sonnenwende am siebzehnten Dezember gefeiert. Aber es ist ein ziemlich bewegliches Fest.«
    Shaw lachte ungläubig. »Menschenskind, Jimmy, da hast du aber gut recherchiert.«
    »Ich hab in der Bibliothek nachgefragt. Du weißt ja, dass ich zur Kripo will, ich versuche nur, Initiative zu zeigen.«
    »Du meinst also, dass irgend so ein satanischer Spinner Rosie umgelegt hat?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist nur eine Theorie. Aber wir werden ganz schön blöd dastehen, wenn wir diese vier Studenten bezichtigen und dann ein weiteres Menschenopfer in der Walpurgisnacht haben.«
    »Walpurgisnacht?«, sagte Shaw schwach.
    »Ende April, Anfang Mai. Großes heidnisches Fest. Deshalb glaube ich, wir sollten diese Jungs nicht allzu hart anfassen, bis wir mehr gegen sie in der Hand haben. Wenn sie nicht über Rosies Leiche gestolpert wären, hätte einer von ihnen den Landrover zurückgebracht, und niemand hätte etwas gemerkt, kein Schaden wäre entstanden. Sie hatten nur Pech.«
    Dann hatten sie ausgetrunken und waren gegangen. Aber Lawsons Worte gingen Maclennan nicht mehr aus dem Kopf.
    Unvoreingenommenheit war ihm wichtig, und er konnte nicht umhin zuzugeben, dass der Constable nicht unrecht hatte. Wenn sie von Anfang an gewusst hätten, mit welchem mysteriösen Unbekannten Rosie ausging, hätten sie die vier aus Kirkcaldy wohl kaum unter die Lupe genommen. Vielleicht ging er nur so hart gegen die Studenten vor, weil er nichts anderes hatte, auf das er sein Augenmerk richten konnte. Obwohl es unangenehm war, von einem einfachen Polizisten an seine Pflicht erinnert zu werden, hatte Lawson Maclennan überzeugt, keine Anklage gegen Malkiewicz und Mackie zu erheben.
    Zumindest fürs Erste.
    In der Zwischenzeit würde er seine Fühler ausstrecken und zusehen, ob er nicht jemanden finden konnte, der etwas über satanische Rituale in der Gegend wusste. Das Problem war nur, er hatte keine Ahnung, wie er das angehen sollte. Vielleicht würde er Burnside losschicken, einmal mit einigen der Pfarrer in der Gegend zu reden. Er lächelte grimmig. Das würde ihre Gedanken vom Jesuskind ablenken, soviel war sicher.
     
    Weird winkte Alex und Mondo am Ende der Schicht zum Abschied zu und machte sich auf den Weg zur Strand-promenade. Der Wind wehte kalt, er zog die Schultern hoch und schob das Kinn tief in seinen Schal. Er wollte seine letzten Weihnachtseinkäufe machen, aber bevor er sich dem erbarmungslos fröhlichen Festtagsrummel der High Street stellen konnte, brauchte er etwas Zeit und Ruhe.
    Es war Ebbe, also ging er die schlüpfrigen Stufen von der Promenade zum Strand hinunter. Der nasse Sand hatte in dem schwachen grauen Nachmittagslicht eine

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