Echo Einer Winternacht
Farbe wie Kitt und saugte sich beim Gehen unangenehm an seinen Schuhen fest.
Das passte genau zu seiner Stimmung. Er konnte sich nicht erinnern, je im Leben so deprimiert gewesen zu sein. Zu Hause war alles noch unerfreulicher als sonst. Er hatte seinem Vater von seiner Verhaftung erzählen müssen, und dieses Geständnis hatte einen Schwall von Kritik und bissigen Bemerkungen zur Folge, weil er nicht das erreiche, was man von einem guten Sohn erwarten dürfe. Er musste über jede Minute, die er nicht zu Hause verbrachte, Rechenschaft ablegen, als sei er plötzlich wieder zehn Jahre jünger. Das Schlimmste war, dass Weird es nicht einmal schaffte, sich moralisch überlegen zu fühlen. Denn er wusste, dass er im Unrecht war. Fast hatte er das Gefühl, die Verachtung seines Vaters verdient zu haben, und das deprimierte ihn am meisten. Immer hatte er sich damit trösten können, dass seine Art, die Dinge anzugehen, die bessere sei.
Aber diesmal hatte er sich in eine Außenseiterposition gebracht.
Bei der Arbeit war es nicht besser, sondern langweilig, monoton und würdelos. Früher hätte er darüber seine Witze gemacht, hätte es als eine Gelegenheit für Chaos und Unfug genutzt. Aber der Junge, dem es Spaß gemacht hätte, seine Vorgesetzten zu ärgern und sich bei einer ganzen Reihe von Streichen von Alex und Mondo helfen zu lassen, kam Weird jetzt wie ein vollkommen Fremder vor. Die Sache mit Rosie Duff und dass er in den Fall hineingezogen worden war, hatte ihn zu dem Eingeständnis gezwungen, dass er tatsächlich der Tunichtgut war, den sein Vater immer in ihm gesehen hatte.
Und das einzusehen war nicht angenehm. Auch in der Freundschaft fand er keinen Trost. Diesmal gab das Zusammensein mit den anderen ihm nicht das Gefühl, von einem Netz gegenseitiger Unterstützung getragen zu werden, sondern machte ihm alle seine Fehler bewusst. Auch wenn sie ihm dafür nie die Schuld zu geben schienen, konnte er seiner Verantwortung ihnen gegenüber nicht entkommen, weil er sie in seine Dummheiten verwickelt hatte.
Er wusste nicht, wie er das neue Semester schaffen sollte.
Platzender Blasentang rutschte unter seinen Schuhen weg, als er das Ende des Strands erreichte und die breiten Stufen zum Port Brae hinaufstieg. So wie der Seetang fühlte sich auch alles andere um ihn herum glitschig und unsicher an. Als das Licht im Westen zu schwinden begann, ging Weird zurück zu den Läden.
Es war Zeit, wieder so zu tun, als gehöre er in diese Welt.
10
Silvester 1978, Kirkcaldy, Schottland ls sie fünfzehn und ihre Eltern der Meinung waren, man könne ihnen erlauben, zum
A
ersten Mal allein loszuziehen,
hatten sie einen Pakt geschlossen. Immer an Silvester wollten die vier Laddies fi’ Kirkcaldy auf dem Marktplatz zusammen das neue Jahr begrüßen. Bis jetzt hatten sie ihr Wort jedes Jahr gehalten und standen eng aneinander gedrängt, während die Uhrzeiger am Rathaus sich langsam auf die Zwölf zubewegten.
Ziggy hatte sein Transistorradio mitgebracht, damit sie die Glocken von Big Ben hören konnten, und sie ließen alles herumgehen, was immer sie zu trinken hatten ergattern können.
Das erste Jahr hatten sie mit einer Flasche süßem Sherry und vier Dosen Carlsberg Special gefeiert. Neuerdings waren sie zu einer Flasche Famous Grouse aufgestiegen.
Es gab keine offizielle Feier auf dem Platz, aber im Lauf der letzten Jahre hatten immer mehr junge Leute angefangen, sich dort zu versammeln. Es war keine besonders schöne Umgebung, vor allem weil das Rathaus mit seiner mit Grünspan bedeckten Uhr wie eines der weniger attraktiven Gebäude der Sowjet-architektur aussah. Aber es war der einzige offene, freie Platz in der Stadtmitte außer dem Busbahnhof, der noch reizloser war.
Außerdem gab es dort auch einen Christbaum und Weihnachtsbeleuchtung, die alles wenigstens etwas festlicher machten.
Dieses Jahr kamen Alex und Ziggy zusammen an. Ziggy hatte, bevor er Alex abholte, bei ihm angerufen und Mary Gilbey mit seinem Charme für jeden von ihnen einen Whisky gegen die Kälte abgeluchst. Die Taschen vollgestopft mit selbst gebackenem Gebäck, Früchtebrot, das allerdings niemand essen würde, und Rosinenkuchen, kamen sie am Bahnhof und der Bücherei, dann am Adam Smith Centre, wo Poster mit der Reklame für Babes in the Wood mit Russell Hunter und den Patton Brothers hingen, und schließlich an den Memorial Gardens vorbei. Bei ihrem Gespräch ging es zuerst um die Frage, ob Weirds Vater ihn wohl über Silvester von
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