Echo Einer Winternacht
die andere, bis nach und nach das Gefühl wiederkam. Er berührte die Wand und war froh, die körnige Unebenheit des Sandsteins spüren zu können.
Denn er hatte schon befürchtet, durch den abgeschnürten Kreislauf permanent Schaden genommen zu haben. Seine Finger waren zwar immer noch geschwollen und steif, aber zumindest hatte er Gefühl darin.
Er richtete sich auf und begann, mit einem sanften Joggen die Füße zu regen, um seinen Puls zu beschleunigen, und stand dann still, bis er wieder normal war. All die Nachmittage kamen ihm in den Sinn, die er mit Wut im Bauch im Sportunterricht hatte verbringen müssen. Sadistische Sportlehrer ließen sie endlose Runden drehen, Geländelauf und Rugby. Bewegung und Gedächtnis. Er würde es schaffen, lebend hier herauszukommen.
Aber ganz bestimmt.
Der Morgen kam, und in der Küche war immer noch kein Ziggy.
Jetzt doch besorgt, steckte Alex den Kopf in sein Zimmer. Kein Ziggy. Es war schwer zu sagen, ob in seinem Bett jemand geschlafen hatte, da Alex bezweifelte, dass er es seit Semesterbeginn überhaupt jemals gemacht hatte. Er ging in die Küche zurück, wo Mondo sich eine große Schale Coco Pops genehmigte. »Ich mache mir Sorgen wegen Ziggy. Ich glaube, er ist gestern Nacht nicht nach Hause gekommen.«
»Du bist wirklich eine Memme, Gilly. Hast du mal dran gedacht, dass er mit jemand gepennt haben könnte?«
»Ich glaube, die Möglichkeit hätte er erwähnt.«
Mondo lachte. »Ziggy doch nicht. Wenn du es nicht wissen solltest, hättest du es nie erfahren. Er ist nicht so offen wie du und ich.«
»Mondo, wie lange wohnen wir schon zusammen?«
»Dreieinhalb Jahre«, sagte Mondo und warf einen Blick zur Decke.
»Und wie viele Nächte ist Ziggy weggeblieben?«
»Ich weiß nicht, Gilly. Falls du es nicht bemerkt hast, ich selbst bin ziemlich oft nicht hier. Anders als bei dir spielt sich ein Teil meines Lebens außerhalb dieser vier Wände ab.«
»Ich bin nicht gerade ein Heiliger, Mondo. Aber soweit ich weiß, ist Ziggy nie die ganze Nacht weggeblieben, und es macht mir Sorgen, weil es noch nicht lange her ist, seit Weird von den Brüdern Duff zusammengeschlagen wurde. Und gestern hatte ich ’n Zusammenstoß mit Cavendish und seinen reaktionären Kumpanen. Vielleicht ist er in einen Streit geraten? Vielleicht ist er im Krankenhaus?«
»Und vielleicht hat er jemand zum Bumsen gefunden? Du solltest dich selbst mal hören, Gilly, du klingst wie meine Mutter.«
»Leck mich doch, Mondo.« Alex nahm im Flur seine Jacke und ging zur Haustür.
»Wo gehst du hin?«
»Ich gehe Maclennan anrufen. Wenn er mir sagt, ich klinge wie seine Mutter, dann bin ich still, okay?« Alex knallte die Tür hinter sich zu. Er hatte noch eine Befürchtung, die er Mondo gegenüber nicht erwähnt hatte. Was wäre, wenn Ziggy auf der Suche nach Sex unterwegs gewesen und verhaftet worden wäre?
Diese Vorstellung war ein Albtraum. Er ging zu den Telefonzellen im Verwaltungsgebäude hinüber und wählte die Nummer der Polizeiwache. Zu seiner Überraschung wurde er direkt zu Maclennan durchgestellt. »Hier ist Alex Gilbey, Inspector«, sagte er. »Ich weiß, es hört sich für Sie wahrscheinlich nach Zeitverschwendung an, aber ich mache mir Sorgen wegen Ziggy Malkiewicz. Er ist gestern Nacht nicht nach Hause gekommen, was er noch nie getan hat …«
»Und nach dem, was Mr. Mackie zugestoßen ist, sind Sie ein bisschen beunruhigt?«, sprach Maclennan den Satz für ihn zu Ende.
»Das stimmt.«
»Sind Sie jetzt in Fife Park?«
»Ja.«
»Bleiben Sie dort. Ich komme vorbei.«
Alex wusste nicht, ob er erleichtert oder besorgt sein sollte, dass der Kripobeamte ihn ernst genommen hatte. Er trottete zum Haus zurück und sagte Mondo, er solle sich auf einen Besuch von der Polizei gefasst machen.
»Ziggy wird dir bestimmt sehr dankbar sein, wenn er mit einem Gerade-mal-wieder-gebumst-Gesicht zur Tür reinkommt«, sagte Mondo.
Als Maclennan kam, war Weird inzwischen zu ihnen gestoßen.
Er rieb seine immer noch schmerzhafte, erst halb geheilte Nase und sagte: »In dieser Sache bin ich Gillys Meinung. Wenn Ziggy einen Zusammenstoß mit den beiden Duffs gehabt hat, könnte er jetzt auf der Intensivstation liegen.«
Maclennan ließ sich von Alex den Verlauf des vergangenen Abends schildern. »Und Sie haben keine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte?«
Alex schüttelte den Kopf. »Er hat nicht gesagt, dass er ausgehen wollte.«
Maclennan warf Alex einen schlauen Blick zu. »Wissen Sie,
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