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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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aber schnell nach. Er konnte nicht gegen die Wellen ankämpfen, also ließ er sich tragen. Er würde sich darauf konzentrieren, das Gesicht über Wasser zu halten. Das war leichter gesagt als getan. Der Sog riss ihn mit sich, die ansteigende Flut schleuderte ihm schwarze Wasserwände gegen Mund und Nase. Jetzt war ihm nicht mehr kalt, das war gut.
    Vage hörte er das Dröhnen eines Hubschraubers. Er trieb jetzt auf einen Ort zu, wo alles sehr still war. Rettungsflieger, das war das Geräusch, das er hörte. Swing low, sweet chariot. Coming for to carry me borne. Komische Sachen gingen einem durch den Kopf. Er kicherte und schluckte noch einen Mund voll Wasser.
    Jetzt fühlte er sich sehr leicht, die See war wie ein Bett, das ihn sanft in den Schlaf wiegte. Barney Maclennan, schlafend auf den Wogen des Ozeans.
    Der Scheinwerfer des Hubschraubers suchte das Meer noch eine Stunde lang ab. Nichts. Rosie Duffs Mörder hatte sich sein zweites Opfer geholt.
     
    TEIL II
     
    19
    November 2003, Glenrothes, Schottland ssistant Chief Constable Lawson fuhr seinen Wagen langsa
    A m und vorsichtig in die Lücke, die auf dem Parkplatz des Polizeipräsidiums für ihn reserviert war. Es verging kein Tag, an dem er sich nicht zu seinem Erfolg beglückwünschte. Wirklich nicht übel für den unehelichen Sohn eines Bergarbeiters, der in einer winzigen Sozialwohnung aufgewachsen war. Und das in einem in den fünfziger Jahren hochgezogenen Kaff, wo wohnungslose Arbeiter Unterschlupf fanden, für die das sich entwickelnde Kohleabbaugebiet in Fife die einzige Arbeits-möglichkeit bot. Das war allerdings ein schlechter Witz gewesen!
    Innerhalb von fünfundzwanzig Jahren war die Kohleförderung auf ein Mindestmaß geschrumpft und hatte die ehemals dort Beschäftigen in hässlichen Oasen der Stagnation zurückgelassen.
    Alle seine Kumpel hatten ihn ausgelacht, als er der Kohlengrube den Rücken kehrte und sich auf die Seite der Bosse schlug, wie sie es sahen. Wer war jetzt der, der zuletzt lachte?, dachte Lawson, als er mit einem grimmigen kleinen Lächeln den Schlüssel aus dem Zündschloss seines Dienstwagens, eines Rover, zog. Thatcher hatte den Bergleuten den Laufpass gegeben und die Polizei zu ihrer persönlichen, vorbildlichen neuen Truppe gemacht. Die Linke war untergegangen, und der aus ihrer Asche aufgestiegene Phönix liebte das Schwingen mit dem großen Knüppel fast ebenso wie die Tories. Es war eine gute Zeit für eine Karriere bei der Polizei gewesen. Seine Pension würde das bezeugen.
    Er nahm seine Aktentasche vom Beifahrersitz, senkte den Kopf im scharfen Ostwind, der noch am Vormittag von der Küste her eiskalte Regenschauer bringen würde, und ging schnell auf das Gebäude zu. Beim Hintereingang tippte er seinen Sicherheitscode ein und steuerte den Aufzug an. Aber statt direkt in sein Büro ging er zu dem Raum im vierten Stock, wo sich das Ermittlerteam eingerichtet hatte, das an den ungelösten Fällen arbeitete. Es gab in den Akten von Fife nicht viele ungelöste Morde, jeder Erfolg würde daher als Sensation angesehen werden. Lawson wusste, dass diese Aktion die Möglichkeit bot, seine Reputation zu verbessern, wenn er es geschickt anfing. Er war jedenfalls fest entschlossen, keine Flickschusterei zuzulassen. Keiner von ihnen konnte sich das leisten.
    Der Raum, den er für die Kommission angefordert hatte, war recht groß. Er bot Platz für ein halbes Dutzend Computer, und da es kein Tageslicht gab, konnte man dafür überall an den Wänden große Korkbretter anbringen, auf denen sich jeder der behandelten Fälle dokumentieren ließ. Neben jedem Fall hing eine ausgedruckte Liste mit Maßnahmen, die abzuarbeiten waren. Wenn die Beamten diese Aufgaben erledigt hatten, konnten neue Aufträge handschriftlich ergänzt werden.
    Aktenkartons waren hüfthoch an zwei Wänden aufgestapelt.
    Lawson behielt gerne den Fortschritt der Arbeit genau im Auge.
    Denn obwohl es eine Operation mit hoher Priorität war, hieß das nicht, dass man sich der finanziellen Mittel beliebig bedienen konnte. Die meisten der neuen gerichtsmedizinischen Untersuchungen waren teuer, und er war fest entschlossen, seine Gruppe davon abzuhalten, von den wunderbaren Möglichkeiten der Technik verführt, alle finanziellen Mittel für Labortests zu verschwenden und nichts für Routinearbeiten übrig zu lassen, die eher eine Schinderei waren.
    Lawson hatte mit einer Ausnahme sein Team, ein halbes Dutzend Beamte, selbst sorgfältig ausgewählt und nur die

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