Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
setzte sich hinter seinem imposanten Schreibtisch zurecht und spürte, dass ihn die Sorge nicht losließ, etwas bei der Wiederaufnahme der alten Fälle könne nicht so laufen, wie er es sich erhoffte. Es würde nicht genügen, einfach zu sagen, sie hätten ihr Bestes getan. Einen Fall mussten sie zumindest lösen.
    Er nippte an seinem süßen, starken Tee und griff nach dem Posteingangskorb. Er überflog zwei Rundschreiben, zeichnete sie oben auf der Seite ab und legte sie in die Ablage für die Hauspost.
    Als Nächstes kam ein Brief von einem Bürger, der an ihn persönlich adressiert war. Das war an sich schon ungewöhnlich.
    Aber der Inhalt schreckte Lawson so auf, dass er jetzt höchst konzentriert auf seinem Stuhl saß.
    Carlton Way 12
    St. Monans
    Fife
     
    Assistant Chief Constable James Lawson
    Fife Constabulary Headquarters
     
    Detroit Road Glenrothes KY6 2RJ
     
    8. November 2003
     
    Sehr geehrter ACC Lawson, mit Interesse habe ich gelesen, dass die Polizei von Fife eine Wiederaufnahme ungelöster Mordfälle angeregt hat. Ich nehme an, dass Sie sich auch mit der Ermordung von Rosemary Duff beschäftigen werden. Ich würde Sie gerne treffen und mit Ihnen über diesen Fall sprechen. Ich habe Informationen, die vielleicht zu Ihrem Verständnis der Hintergründe beitragen könnten, wenn sie auch nicht direkt relevant sein mögen. Bitte tun Sie meinen Brief nicht als das Schreiben eines Wirrkopfs ab. Ich habe Grund zu glauben, dass die Polizei zur Zeit der ursprünglichen Ermittlungen diese Informationen nicht kannte. Ich würde mich freuen, bald von Ihnen zu hören.
    Mit freundlichen Grüßen
    Graham Macfadyen
     
    Graham Macfadyen war sorgfältig gekleidet, denn er wollte den richtigen Eindruck auf ACC Lawson machen. Er hatte befürchtet, dass der Polizeibeamte seinen Brief als das Werk eines Spinners abtun würde, der sich wichtig machen wollte.
    Aber zu seiner Überraschung hatte er postwendend eine Antwort erhalten. Was ihn noch mehr überraschte, war, dass Lawson ihm persönlich geschrieben hatte und ihn um einen Anruf bat, um einen Termin zu vereinbaren. Er hatte erwartet, dass ACC
    Lawson den Brief an irgendeinen seiner Untergebenen weitergeben würde, der sich mit dem Fall befasste. Es beeindruckte ihn, dass die Polizei die Sache offenbar so ernst nahm. Als er anrief, hatte Lawson vorgeschlagen, sie sollten sich bei ihm zu Hause in St. Monans treffen. »Es ist zwangloser als hier im Polizeipräsidium«, hatte er gesagt. Macfadyen hatte den Verdacht, dass Lawson ihn in seiner heimischen Umgebung sehen wollte, damit er sich ein besseres Bild von seiner Psyche machen konnte. Aber er nahm den Vorschlag gern an, nicht zuletzt deshalb, weil er es schon immer gehasst hatte, sich mit dem Labyrinth von Kreisverkehrsregelungen herumzuschlagen, aus denen Glenrothes zu bestehen schien. Macfadyen hatte den Abend zuvor damit verbracht, sein Wohnzimmer aufzuräumen.
    Er hatte sich stets für einen relativ ordentlichen Mann gehalten, und es überraschte ihn immer wieder, dass es bei solchen Gelegenheiten, wenn eine andere Person in seine Wohnung kam, so viel aufzuräumen gab. Vielleicht kam es daher, dass er so selten die Gelegenheit nutzte, Gäste einzuladen. Er hatte nie einen Sinn darin gesehen, sich mit jemandem zu verabreden, und wenn er ehrlich war, störte es ihn nicht, dass es in seinem Leben keine Frau gab. Der Umgang mit seinen Kollegen brauchte all seine Energie auf, die er für soziale Kontakte zur Verfügung hatte, und außerhalb der Arbeitszeit kam er selten mit ihnen zusammen. Nur gerade so oft, dass er nicht auffiel. Er hatte schon als Kind gelernt, dass unsichtbar zu sein immer besser war als Aufmerksamkeit zu erregen. Und egal, wie viel Zeit er mit der Entwicklung von Software verbrachte, wurde er nie müde, an den Computern zu arbeiten. Ob er im Internet surfte, Informationen in Newsgroups austauschte oder Online-Spiele spielte, Macfadyen war am zufriedensten, wenn er von der Welt durch eine Silikonschranke getrennt war. Der Computer urteilte nie, fand nie, dass er die Erwartungen nicht erfüllte. Die Leute dachten, Computer seien kompliziert und schwer zu verstehen, aber da hatten sie unrecht. Computer waren berechenbar und sicher. Man wusste bei Computern genau, woran man war. Er betrachtete sich eingehend im Spiegel. Er hatte gelernt, dass Anpassung der beste Weg war, wenn man unerwünschte Aufmerksamkeit zu vermeiden wünschte. Heute wollte er locker wie ein harmloser Durchschnittsmensch

Weitere Kostenlose Bücher