Echo Einer Winternacht
entpuppen sollte. Es war nicht gerade leicht, der Person, mit der er sprechen musste, aufzulauern, und bisher waren seine Kontaktversuche kläglich gescheitert.
Er konnte nicht einmal eine Aktion arrangieren, bei der beide ihre Interessen verfolgen konnten. Denn darum ginge es, hatte er sich eingeredet. Nicht um Erpressung. Nur um eine kleine Aktion auf Gegenseitigkeit. Aber selbst das schaffte er jetzt nicht. Er war wirklich ein totaler Versager; alles, was er anfasste, ging schief.
Die ganze Welt hatte Mondo offen gestanden, und jetzt zeigte sie ihm nur noch ihre unangenehmen Seiten. Er war immer der psychisch Labilste des Quartetts und ohne dessen Rückhalt aufgeschmissen gewesen. Eine Depression legte sich wie eine schwere Decke über ihn und schottete ihn von der Außenwelt ab. Sogar sein Gang wirkte wie mit einer schweren Last beladen. Er konnte weder arbeiten noch schlafen, hörte auf, sich zu duschen und zu rasieren, und wechselte nur ab und zu die Kleidung. Endlose Stunden lag er im Bett, starrte an die Decke und hörte Pink Floyd. Er ging in Pubs, wo ihn niemand kannte, und trank verdrießlich sein Bier. Dann stolperte er in die Nacht hinaus und wanderte bis frühmorgens in der Stadt umher.
Ziggy versuchte, mit ihm zu reden, aber Mondo wollte das nicht. Irgendwie gab er im Grunde seines Herzens Ziggy, Weird und Alex die Schuld an dem, was mit ihm geschehen war, und lehnte alles ab, was er nur als ihr Mitleid ansah. Das wäre schließlich die allerletzte Kränkung. Er wollte richtige Freunde, die ihn schätzten, und nicht Leute, denen er leid tat. Er wollte Freunde, denen er vertrauen konnte, nicht solche, bei denen er sich sorgen musste, was wohl dabei herauskäme, wenn er sie richtig kennen lernte.
Eines Nachmittags führte ihn seine Pubtour in ein kleines Hotel in The Scores. Er latschte zur Bar und bestellte nuschelnd ein Bier. Der Barkellner sah ihn mit kaum verhohlener Verachtung an und sagte: »Tut mir leid, hier bekommen Sie nichts.«
»Was soll das heißen, ich bekomme nichts?«
»Wir sind hier ein anständiges Lokal, und Sie sehen wie ein Obdachloser aus. Ich habe das Recht, Kunden abzuweisen. Ich will nicht, dass sich Trinker hier aufhalten.« Er zeigte mit dem gekrümmten Daumen auf einen Aushang, der seinen Worten Nachdruck verlieh. »Machen Sie, dass Sie rauskommen.«
Mondo starrte ihn ungläubig an, sah sich um und suchte Unterstützung bei den anderen Gästen. Alle wichen seinem Blick aus. »Scheiß drauf«, sagte er, fegte einen Aschenbecher zu Boden und stürmte davon.
In der kurzen Zeit, die er in dem Lokal gewesen war, begannen die Regenwolken, die den ganzen Tag schon dunkel in der Luft hingen, sich über die Stadt zu ergießen, und fegten, von einem starken Ostwind angetrieben, durch die Straßen. Sofort war er nass bis auf die Haut. Mondo wischte sich die Regentropfen vom Gesicht und merkte, dass er weinte. Er hatte genug, konnte keinen weiteren Tag in Elend und Sinnlosigkeit mehr ertragen. Er hatte keine Freunde, die Frauen verschmähten ihn, und er wusste genau, dass er seine Prüfungen nicht schaffen würde, weil er nicht gearbeitet hatte. Niemand machte sich etwas daraus, weil niemand es verstand. Betrunken und deprimiert stolperte er The Scores entlang auf die Burg zu. Er hatte genug. Er würde es ihnen zeigen. Er würde ihnen seine Sicht der Dinge klar machen. Er kletterte über das Geländer des Fußwegs und stand schwankend auf dem Rand der Klippe.
Unten donnerte die See mit spritzenden Gischtfontänen zornig gegen die Felsen. Mondo atmete die salzige Luft ein und hatte ein merkwürdig friedliches Gefühl, als er auf das tobende Wasser hinuntersah. Er breitete die Arme weit aus, hob das Gesicht dem Regen entgegen und schrie seine Qual zum Himmel hinauf.
18
aclennan ging gerade am Funkraum vorbei, als die Meldung kam. Er entschlüsselte die Zahlen des Codes.
M
Ein Selbstmörder auf den Klippen über den Castle Sands.
Eigentlich nichts für die Kripo, er hatte sowieso frei und war nur gekommen, um etwas von seinem Papierkram zu erledigen. Er konnte weiter durch die Tür hinausgehen, und in zehn Minuten wäre er zu Hause, eine Dose Bier in der Hand und die Sportseiten auf dem Schoß. Wie an fast jedem anderen freien Tag, seit Elaine gegangen war. Keine Frage, über die er lange nachdenken musste. Er steckte den Kopf durch die Funkraumtür. »Geben Sie durch, ich sei schon unterwegs«, sagte er. »Und fordern Sie ein Rettungsboot aus Anstruther an.«
Der Kollege
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