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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Lesen.«
    »Treten Sie zurück«, sagte Bosch.
    Waits hob in einer kapitulierenden Geste seine gefesselten Hände und stellte sich an den Stamm der Eiche. Bosch sah zu Olivas.
    »Haben Sie ihn?«
    »Ich habe ihn.«
    Bosch studierte den Boden. Er hatte Fußspuren im schlammigen Untergrund hinterlassen, der aussah, als wäre die Erde an dieser Stelle erst vor Kurzem aufgewühlt worden, vermutlich von einem Tier, das nach Futter gesucht oder seine eigenen Toten begraben hatte. Bosch winkte die Technikerin von der Spurensicherung in die Mitte der Lichtung. Als Cafarelli mit der Gassonde zu ihm kam, deutete Bosch auf die Stelle direkt unter dem farblosen Haarband. Die Technikerin stieß die Spitze der Sonde in die Erde und drückte sie mühelos dreißig Zentimeter tief in den weichen Untergrund. Dann schaltete sie das Messgerät ein und sah auf das elektronische Display. Bosch schaute ihr dabei über die Schulter. Er wusste, dass die Sonde den Methangehalt im Boden maß. Eine vergrabene Leiche erzeugte bei der Verwesung Methangas, selbst wenn sie in Plastik verpackt war.
    »Der Methananteil, den das Gerät anzeigt, ist höher als normal«, sagte Cafarelli.
    Bosch nickte. Ein seltsam mulmiges Gefühl hatte sich seiner bemächtigt. Er befasste sich inzwischen über ein Jahrzehnt mit diesem Fall, und ein Teil von ihm hätte das Rätsel um Marie Gesto gerne im Ungewissen belassen. Aber obwohl er nicht daran glaubte, dass sich ein solch schrecklicher Fall durch das Ermitteln der Wahrheit je endgültig abschließen ließ, war er dennoch fest davon überzeugt, dass sie ans Tageslicht musste. Jetzt standen sie kurz davor, aber dennoch hatte er kein gutes Gefühl dabei. Um weiterzukommen, musste er die Wahrheit wissen, aber woher nähme er in Zukunft seinen inneren Antrieb, wenn er Marie Gesto nicht mehr finden und rächen musste?
    Er sah Waits an.
    »Wie tief ist sie vergraben?«
    »Nicht besonders«, antwortete Waits sachlich. »Wie Sie sich vielleicht erinnern, hatten wir 1993 eine lange Dürreperiode. Der Boden war hart, und ich kann Ihnen sagen, es war eine ziemliche Plackerei, das Loch für sie auszuheben. Nur gut, dass sie so klein war. Wie auch immer, das war der Grund, warum ich es danach anders angepackt habe. Von da an war nichts mehr mit riesigen Löcher ausheben.«
    Bosch sah von Waits zu Cafarelli. Sie las den Methangehalt an einer anderen Stelle ab. Anhand der Methanwerte konnte sie die genaue Lage des Grabes bestimmen.
    Alle verfolgten ihre bedrückende Tätigkeit in tiefem Schweigen. Nachdem sie in einem Raster mehrere Ablesungen vorgenommen hatte, bewegte Cafarelli die Hand in nord-südlicher Richtung, um die ungefähre Lage der Leiche anzuzeigen. Dann ritzte sie mit der Spitze der Sonde die Umrisse des Grabs in den Boden. Als sie damit fertig war, hatte sie ein etwa 180 auf 60 cm großes Rechteck gezeichnet. Ein kleines Grab für ein kleines Opfer.
    »So«, sagte O’Shea. »Dann bringen wir Mr. Waits wieder zum Auto zurück und holen das Grabungsteam her.«
    Der Staatsanwalt wies Cafarelli an, am Grab zurückzubleiben, damit später die Unversehrtheit des Tatorts nicht angefochten werden könnte. Der Rest der Gruppe kehrte im Gänsemarsch zur Leiter zurück. Bosch bildete das Schlusslicht. Er musste die ganze Zeit an den Boden denken, über den sie gingen. Ihm haftete etwas Heiliges an. Es war geweihter Boden. Er hoffte, Waits hatte ihnen nichts vorgemacht. Er hoffte, Marie Gesto hatte den Weg zu ihrem Grab nicht lebend zurücklegen müssen.
    Als sie die Leiter erreichten, stiegen Rider und Olivas als Erste nach oben. Dann führte Bosch Waits zur Leiter, nahm ihm die Handschellen ab und forderte ihn auf, den beiden zu folgen.
    Den Finger am Abzug, hielt der Deputy die ganze Zeit die Flinte auf den Rücken des Mörders gerichtet, als dieser die Leiter hinaufkletterte. In diesem Moment kam Bosch der Gedanke, dass er auf dem schlammigen Boden ausrutschen und gegen den Deputy fallen könnte, was möglicherweise zur Folge hätte, dass sich ein Schuss aus dessen Flinte löste und Waits mit seiner tödlichen Ladung traf. Er widerstand der Versuchung und sah nach oben. Der Blick, den ihm seine Partnerin von dort zuwarf, verriet ihm, dass sie wusste, was ihm gerade durch den Kopf ging. Bosch setzte eine Unschuldsmiene auf, breitete die Hände aus und artikulierte stumm das Wort Was?
    Rider schüttelte missbilligend den Kopf und trat von der Kante zurück. Bosch bemerkte, dass die Hand, in der sie ihre Waffe hielt,

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