Echo: Roman (German Edition)
Stunden nach Sonnenuntergang eine lange Reihe Lichter gebrannt. Nun, mitten in der Nacht, waren sie immer noch an.
Alex tippte mit den Fingern auf den Rand des Monitors. »Ich glaube nicht, dass da unten jemand ist.«
»Belle«, sagte ich, »wie lange ist der Tag in dieser Welt?«
»Einunddreißig Stunden, elf Minuten und siebenundvierzig Sekunden, Chase.«
»Na, da haben wir doch eine Erklärung für das Ganze, Alex! Der Tag ist hier viel länger als zu Hause, und die Bewohner haben sich daran gewöhnt. Statt neun oder zehn Stunden Dunkelheit, haben sie ungefähr zwölf. Also haben sie einen verlängerten Schlafzyklus und gehen später zu Bett.«
»Vielleicht.« Sein Ton verriet mir, dass er mir das nicht abkaufte.
»Warum nicht?«
»Wir sehen da eine Stadt, wo seit mehr als sieben Stunden, also seit wir den ersten Blick auf sie geworfen haben, keine Lampe, die nicht gebrannt hat, eingeschaltet worden ist. Und es wurde auch keine ausgeschaltet. Nicht eine.«
»Du hast sie alle kontrolliert?«
»Belle?«, sagte er.
»Das ist korrekt, Chase. Die Stadt sieht noch exakt genauso aus wie bei der ersten Sichtung.«
»Gehen wir runter, um herauszufinden, was dahintersteckt?«
»Würdest du lieber einfach weiterfliegen?«
Es schien ratsam, das Tageslicht abzuwarten, ehe wir der Stadt einen Besuch abstatteten. Inzwischen machten wir weitere Bilder. Das Lichtmuster veränderte sich nicht. Niemand schaltete eine Lampe aus. Niemand schaltete eine ein. Als die Sonne aufgegangen war, konnten wir es nicht mehr sicher erkennen, aber es sah so aus, als bliebe immer noch alles gleich.
Wir aßen Toast und tranken Orangensaft, bereiteten uns auf den Aufbruch vor, als Belle meldete, sie habe eine Nachricht von Audree erhalten. Ich entschuldigte mich und ging auf die Brücke. Wenige Minuten später gesellte sich Alex zu mir. »Sie fragt sich, wie wir vorankommen.«
»Ich würde sagen, nicht allzu gut.«
»Sie hat mich gebeten, dich zu grüßen, Chase.«
Etwas weniger als sechs Tage dauerte es, um von Rimway nach Echo eine Nachricht zu übertragen, und noch einmal ebenso lange für die Antwort. Unsere erste systeminterne Nachricht hatten wir vor vier Tagen abgeschickt, also hatte Audree bisher noch nichts von uns gehört.
Ich zeichnete eine Nachricht für Robin auf, zeigte ihm die Lichter und erklärte ihm, dass wir keine Ahnung hätten, was da los sei, dass wir aber runtergehen und nachsehen wollten. »Ich erzähle dir dann, was wir gefunden haben«, sagte ich.
Die Sonne verlor sich bei unserer Ankunft irgendwo über dem Horizont. Der Himmel war dicht bewölkt, grau und düster.
Wir glitten über die Stadt hinweg, schauten hinab, suchten nach Lebenszeichen. Ein paar Tiere – vierbeinige Kreaturen, etwa so groß wie Hirsche – standen an einer Straßenecke und blickten zu uns herauf. Davon abgesehen waren die Straßen leer. Ein paar Karren und Wagen standen verlassen da. Und hier und da sahen wir, was schaurig genug war, ein paar Knochen.
Aus der Nähe sah der Ort arg heruntergekommen aus. Die Gebäude brauchten einen frischen Anstrich. Fensterläden waren von den Fassaden herabgefallen, Vorgärten unter Unkraut erstickt. Eines der Häuser war eingestürzt, nachdem es ein umstürzender Baum getroffen hatte.
Ich brachte die Fähre in einem der Parks runter und schaltete den Antrieb ab. Eine Weile blieben wir in unserem Cockpit, ließen die Scheinwerfer wiederholt aufblinken und warteten ab, um zu sehen, ob wir in irgendeiner Form Aufmerksamkeit erregt hätten. Außerdem nutzten wir wie üblich die Zeit, um uns an das zusätzliche Gewicht zu gewöhnen. In der Stadt blieb alles still.
Nach einer Weile erhob sich Alex von seinem Sitz. »Bist du sicher, dass du mitgehen willst?«, fragte er.
Wir waren zwei Blocks vom Ozean entfernt. Eine breite Straße, gesäumt von Gebäuden, trennte uns von der Küste. Die Gebäude waren eher klein, nicht mehr als vier oder fünf Stockwerke hoch. Aber in ein paar Fenstern in den oberen Geschossen brannte Licht. »Absolut«, sagte ich.
Auf Straßenebene befanden sich Geschäftsfronten, von denen eine ebenfalls erleuchtet war.
Ich folgte Alex hinaus und schloss die Luke.
Der Park war ein einziges Chaos aus ins Kraut geschossenen Pflanzen und dichtem Unterholz. Es gab Bänke, Rutschen und Schaukeln. Und eine Skulptur, die vermutlich einmal Teil eines Springbrunnens gewesen war: Vier hoch aufgerichtete Steinfische umzingelten zwei Schlangen mit weit aufgerissenen Mäulern.
Es war
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