Echo: Roman (German Edition)
war.
Stück für Stück gingen Alex und ich den ganzen Bestand durch, Landschaften, abstrakte Gemälde und weitere Portraits. Lachende junge Frauen auf einer Veranda. Eine Mutter und ein Kind. Ein Mann neben einem großen, gesattelten Tier, das an eine überdimensionierte Bulldogge erinnerte. Ein Haus an einem See.
Jedes Mal deckten wir die Bilder widerstrebend wieder ab und lehnten sie an die Wand. Dann und wann murmelte Alex etwas vor sich hin. Manchmal war es laut genug, um es zu verstehen, meist aber kaum wahrnehmbar.
»Das hier hat das Wasser erwischt.«
»Sieht aus wie ein Brankowski, aber es ist auch ruiniert.«
»Offenbar hatten sie ein Faible für abstrakte Kunst.«
Wir hatten schon beinahe alles gesehen, als wir ein Bild fanden, das anscheinend keinen Schaden genommen hatte. Es zeigte einen schneebedeckten Berg in einem Wintersturm. Gerade noch sichtbar auf den unteren Hängen befand sich etwas, das aussah wie ein Dinosaurier, der an einem Baum nagte.
Es war großartig. Aber vielleicht lag das nur daran, dass es unbeschädigt war. Denn eigentlich jagte mir alles an diesem Ort einen Schauer über den Rücken. Fragen Sie mich nicht, warum. Ich hätte dieses letzte Landschaftsgemälde, das mit dem Dinosaurier, zu gern an die Wand in meinem Wohnzimmer gehängt. Aber an diesem tristen Ort, in dieser Nacht, fehlte nicht viel, und ich wäre bei seinem Anblick in Tränen ausgebrochen.
Alex stand einfach nur mehrere Minuten lang davor und bewunderte das Bild. Dann, endlich, stellte er die Frage, von der ich längst wusste, dass sie ihm durch den Kopf ging. »Chase, meinst du, wir können das in der Landefähre unterbringen?«
»Nein«, sagte ich. Es war zu groß. Wir würden es nicht einmal durch die Luftschleuse bugsieren können.
Alex untersuchte das Material, mit dem es eingewickelt gewesen war. Dann packten wir es wieder ein und brachten es in den Nebenraum, wo wir es auf einen Tisch legten. »Wir müssen eine Möglichkeit finden.«
»Alex ...«
»Was?«
»Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an, es mitzunehmen.«
»Meinst du, es wäre sinnvoller, es hierzulassen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hier ist es feucht, Chase. Lassen wir es hier, ist es verloren.«
»Ich weiß. Es ist nur ... ich kann es nicht erklären. Es fühlt sich an wie Diebstahl.«
»Chase, frag dich doch mal, was der Künstler ...«, er sah sich in dem leeren Raum um, »... was sich wohl der Künstler wünschen würde. Würde er wollen, dass wir das Bild in diesem feuchten Raum zurücklassen? Oder ...?«
Ich wollte vorschlagen, zurückzufliegen und unsere Entdeckung zu melden. Aber wenn wir das täten, würde sich ein Haufen Schatzjäger auf diesen Ort stürzen und einfach alles mitnehmen. Das Bild wäre fort. Und die Steinfische mit den Schlangen im Park. Und vermutlich die Gaslaternen in den Straßen und alles andere, was sie in die Finger bekämen. »Wenn du darauf bestehst«, sagte ich.
»Komm schon, Chase! Hätten wir die Perle von Korainya gefunden, würden wir die dann auf irgendeinem Nachttischchen liegen lassen?«
»Das ist nicht das Gleiche.«
»Wo liegt der Unterschied?«
Ich wusste es nicht. »Erstens«, sagte ich, »würde die Perle von Korainya durch die Luke passen.«
»Ja, das ist ein Argument«, erwiderte Alex und berührte das Gemälde sacht mit den Fingerspitzen. »Das ist keine Leinwand. Es ist überhaupt nicht flexibel.«
»Also können wir es nicht aufrollen.«
»Nein.«
»Können wir es aus dem Rahmen nehmen?«
»Das glaube ich nicht. Jedenfalls nicht, ohne es zu beschädigen.«
Wir brauchten Belles Hilfe, also sah ich nach, ob sie in Reichweite war. Sie war.
Das Gemälde wäre schon auf Rimway schwer genug, aber auf Echo III war nicht nur sein Gewicht erheblich höher, sondern auch unser eigenes. Wir waren in diesem Moment etwa fünfzehn Minuten zu Fuß von der Landefähre entfernt. Das Ding dorthin zu schleppen, wäre ein echter Kampf gewesen. Also beschlossen wir, umgekehrt vorzugehen und die Landefähre herzuholen und vor der Eingangstür zu parken. Es würde ein bisschen eng werden, aber es war machbar. Wir schnappten uns also das Bild, brachten es in den Laden und stellten es dort ab.
»Gehen wir«, sagte ich.
»Du holst die Fähre. Ich warte hier auf dich.«
»Alex, hier ist niemand, der sich mit dem Bild davonmachen könnte.«
»Ich weiß«, sagte er. »Aber alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen.«
»Okay. Ich bin gleich wieder da.«
Ich weiß, es hört sich verrückt an. Aber
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