Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
eigenen Branche kennt?
Den Termin gab es dann auch erst eine Woche später. Aber dann kam der Reparaturmensch, fummelte kurz an der Warmwasserstrangentlüftungsanlage herum und reparierte alles. Seitdem denke ich selten an den Warmwasserstrang, aber jedes Mal, wenn mein Blick darauffällt, bin ich froh, zu wissen, wie er heißt.
Wie viele Montage kommen noch?
Ich kann nicht mehr laufen, nicht mehr sitzen, nicht mehr sprechen – nur noch liegen und mich bemitleiden lassen. Fast die Hälfte meiner Unterrichtsverpflichtungen erledige ich montags und bin dann von der ersten Stunde bis um halb fünf (!) in der Schule.
Und so sieht der Verfall an einem typischen Montag aus:
1. Stunde: gut gelaunt, geduldig und gnädig unterrichte ich herrlichen Englischstoff in meiner eigenen Klasse. Die Schüler sind zuckersüß, leise, fleißig und nett. Wir klären noch ein paar Klassensachen, ich bewege mich im siebten Lehrerhimmel. Soundtrack der Stunde: Ich bin ja wohl so was von toll! Wie ich das hier alles wuppe – grandios! Ich liebe meinen Job!
2. Stunde: eine andere Siebte – Kunst. Eine Referendarin kommt mit. Ziel der Stunde: Na, der werd ich jetzt mal zeigen, wo das Klavier steht. Ich unterrichte kleinstschrittig, mit allem Gedöns. Bin zugewandt und halte trotzdem die Zügel non stop in der Hand. Niemand zweifelt daran, wer hier das Sagen hat. Jeder kleinste Versuch von Aufgemüpfe wird im Keim erstickt. Soundtrack: I’m the boss and don’t you ever forget that!
3. Stunde: Ich erwarte die Achte für eine heitere Englischgrammatikstunde. Sie kommen aber nicht. Wahrscheinlich sind sie bei der Zahnprophyilaxe, die in diesen Tagen in der Schule durchgeführt wird. Kleine Erleichterung, dass ich die Achten nicht unterrichten muss und mir die schon vorbereitete Stunde im Laufe der Woche einiges an Arbeit spart. Ich räume mein Lehrerpult auf und putze die Tische in meinem Raum.
4. Stunde: Freistunde: eigentlich meine einzige am Montag. Heute sollen irgendwelche Zehntklässler kommen – Vertretung. Ich sitze da und warte. Niemand kommt. Ich verbringe die Hälfte der Stunde auf der Suche nach der Klasse. Erfolglos gehe ich mit ein paar neuen Kollegen rauchen. Ein leichtes schlechtes Gewissen mischt sich bei, weil ich vielleicht nicht gründlich genug nach den Schülern gesucht habe.
Ein neuer Kollege strauchelt schon, wie Anita es nennt. Ich spreche mit ihm. Er kommt nicht klar, will sich dem »pädagogischen Abenteuer« aber wohl auch nicht stellen. Soundtrack: Ich bin am Anfang auch gestrauchelt (sehr sogar), aber nie NIE, NIE, NIE hätte ich aufgegeben. Nach der Zigarette gehe ich wieder in meinen Raum. Plötzlich kommen die Achten. »Äh, was wollt ihr denn hier?«
»Na, wir haben jetzt bei Sie!«
Stellt sich raus, dass ich meinen Stundenplan noch gar nicht richtig kenne und die dritte mit der vierten Stunde verwechselt habe. Wieder geht die Tür auf, und die Zehner stehen da. Ich bin nun auch nicht Superwoman und schicke sie ins Sekretariat. Diese Englischstunde gehört nicht in meine »Best of«-Sammlung. Die Schüler gehen genauso ahnungslos aus dem Unterricht raus, wie sie reingekommen sind. Nur meine Nerven wurden sehr strapaziert. Soundtrack: Oh, no! Schnell vergessen. Aus gesundheitlichen Gründen sollte diese Stunde bis auf weiteres verdrängt werden.
Mittagspausenaufsicht natürlich am Verkehrsknotenpunkt: großer Hof. Im Regen!
5. Stunde: erneut meine Klasse. Der Raum ist heiß und leergeatmet. Die Stunde läuft gut. Ich habe alles unter Kontrolle, nur leider langsam keinen Bock mehr. Soundtrack: Hier könnte der Schultag eigentlich beendet werden.
6. Stunde: 7. Klasse Englisch. Chaos pur. Niemand hat sich mehr im Griff, weder die Schüler noch ich. Ich bin zickig, kurz angebunden, tendenziell ungerecht – pädagogisch nicht mehr zurechnungsfähig. Es würde mich nicht wundern, wenn die Schüler in dieser Stunde eher einiges verlernt hätten. Eine absolute Negativstunde. Trotzdem unterrichte ich bis zum Klingeln. Wir sind alle froh, als es vorbei ist. Wie eine Operation ohne Narkose. Ein böser Traum. Soundtrack: Get me out of here! Somebody wake me up, please! Ich will keine Lehrerin sein!
Zu Hause auf der Couch und etwas erholter, sieht alles gar nicht mehr so schlimm aus. Aber meinen Montagsstundenplan wünsche ich niemandem.
Was schwul geguckt?
»Na, dann zeichne doch eine Rose, das passt doch ganz gut«, sage ich und bin schon leicht genervt von der Ideenlosigkeit dieser 7.
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