Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Verhalten des Schülers eintragen soll.
»Warum schreiben Sie denn eigentlich immer nur, was ich gemacht habe, in das Heft?«, fragt er.
»Na, weil das für DEINE Mutter ist. Ich kann ja deiner Mutter schlecht schreiben, dass sich Hamid im Deutschunterricht nicht gut benommen hat. An seine Mutter würde ich das ja auch schreiben, aber nicht an deine.«
»Aber ich störe doch nicht alleine. Die anderen …« Anil fühlt sich ungerecht behandelt, und die Schlinge um seinen Hals, die sich von Tag zu Tag enger zuzieht, fängt an, ihn zu nerven.
»Vincent, komm mal kurz her.« Ich möchte klären, ob sich Anils Verhalten ihm gegenüber verbessert hat, schließlich hat er dazu einen Vertrag unterschrieben.
»Vincent, ärgert dich Anil immer noch?«
»Ja, er sagt immer noch Ausdrücke.«
»Gar nicht«, widerspricht ihm Anil.
»Doch, als du dich beim Sport vorgedrängelt hast, da habe ich dich angemeckert, und da hast du gleich wieder Ausdrücke gesagt.«
Jetzt kommt auch Maurice. »Und er beleidigt immer meine Familie und die Toten.«
»Mach ich gar nicht«, sagt Anil.
»Doch, das machst du. Warum lügst du jetzt?«, fragt ihn Volkan. Mittlerweile stehen sieben Jungs um uns herum. Anil sitzt auf der Anklagebank.
Ich sage: »Erhan, moderiere du das mal. Nimm aber nur die dran, die sich melden, und wenn Anil etwas sagen möchte, dann darf er das natürlich auch.«
Orkan meldet sich. Erhan hält ihm seine Faust unter die Nase während er spricht. Es dauert etwas, bis ich verstehe, dass er ihm ein imaginäres Mikrofon anbietet. »Erhan, wir brauchen kein Mikro, wir sitzen ja alle ziemlich eng hier und können uns ganz gut verstehen.«
Und dann geht es los. Jeder packt aus. Anils sämtliche Verfehlungen werden besprochen.
»Warum sagst du immer zu Maria, ob es schön war, Vincent einen zu blasen?«
»Warum erzählst du rum, dass Maria im Tischtennisraum gestrippt hat?«
»Du sagst immer ›du kannst was erleben nach der Stunde‹, und du bedrohst immer die anderen.«
»Warum beleidigst du meine Familie?«
»Immer willst du kämpfen, und jetzt hattest du deinen ersten Kampf, und dann hast du gleich geheult.«
Anil hört sich alles an, streitet die Hälfte ab, gibt einige Sachen zu und sitzt, als alle gegangen sind, noch alleine an seinem Platz. Dann geht er. Er sieht traurig aus. Traurig und nachdenklich. Ich hoffe sehr, dass er jetzt endlich mal anfängt, über sein Verhalten nachzudenken.
Erste Erfolge
»Könntet ihr mir mal kurz helfen?«, frage ich Katarina, Suszan und Elena, die sich in der großen Pause auf dem Gang vor meinem Raum rumdrücken.
»Ja, gerne, Frau Freitag. Können wir unsere Sachen auch schon in den Raum bringen?«
»Klar, wartet mal, ich schließe schnell auf. Und ich brauche ein paar Tische aus dem Nachbarraum, ich will nämlich gleich einen Test schreiben lassen, in der anderen Klasse, und da soll jeder einen eigenen Platz haben.«
»Damit die nicht abschreiben können, oder?«, fragt Suszan und grinst.
Ganz genau. Wir schleppen gemeinsam Tische und bauen eine mega frontale Sitzordnung.
Es sind noch zehn Minuten bis zum Unterricht. Eigentlich sollten alle Schüler auf dem Hof sein.
»Können wir drinnen bleiben?«, fragt Elena. »Meinetwegen«, antworte ich geistesabwesend, während ich die Englischarbeiten für die 8. Klasse sortiere.
»Können wir an die Tafel schreiben?«, fragt Katarina.
»Hm, könnt ihr.«
»Yippih, Frau Freitag, ich liebe Sie«, schreit Elena und nimmt sich die Kreide. »Ich liebe Sie.« Meine Strategie in dieser Klasse zahlt sich schon aus. Ich hatte mir ja diesmal vorgenommen, mich nicht so emotional auf sie zu stürzen, wie ich es in der letzten Klasse getan habe. Da war ich ständig an denen dran, habe immerzu mit denen geredet, mir alles erzählen lassen. Am Ende war da zu wenig Distanz und dadurch wahrscheinlich nicht mehr genügend Respekt. Jetzt mache ich bei jeder Begegnung klar: Ich bin der Chef. Ich bin die Lehrerin, ihr macht, was ICH sage. Ihr unterbrecht mich nicht, wenn ich spreche. Und ihr redet nicht mit mir, wie ihr mit euren Freunden redet. Es klappt ganz gut. Mein Wort ist Gesetz.
Ich sortiere Blätter, und die drei Mädchen schreiben irgendwas an die Tafel und wischen es wieder weg. Es ist richtig gemütlich. Sie reden über ihre Geburtstage. Elena wird nächsten Freitag dreizehn.
»Frau Freitag, wann haben Sie Geburtstag?« Ich sage es ihnen.
»Oh, da müssen wir dann nächstes Jahr Geschenke kaufen«, sagt Katarina, als wäre
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