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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft
Autoren: Terry Pratchett
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Zauberer.
    Der Erzkanzler sah auf.
    »Ja, Quästor?«
    »Mir fiel gerade das Buch ein, das mir der Dekan geliehen hat, Mustrum. Es berichtet von Affen.«
    »Ach.«
    »Es ist außerordentlich interessant«, fuhr der Quästor fort. Er hatte gerade den mittleren Teil seines mentalen Zyklusses erreicht und befand sich daher auf der richtigen Welt, auch wenn ihn knapp zehn Kilometer geistige Baumwolle von ihr trennten. »Der Dekan hatte recht. Ich meine, ein erwachsener männlicher Orang-Utan bekommt nur dann rosarote Backen, wenn er zum dominanten Männchen wird. Allerdings sind nicht Backen gemeint, sondern Wangen, glaube ich.«
    »Und das ist interessant?«
    »Nun, ja. Weil der Bibliothekar keine rosaroten Wangen hat. Obgleich er zweifellos die Bibliothek dominiert.«
    »Ah ja«, ließ sich der Oberste Hirte vernehmen. »Aber er weiß, daß er ein Zauberer ist. Und er dominiert keineswegs die ganze Universität.«
    Die Fakultätsmitglieder dachten darüber nach. Schließlich reifte eine Erkenntnis in ihnen heran, die sie veranlaßte, sich dem Erzkanzler zuzuwenden.
    »Was starrt ihr meine Wangen so an!« entfuhr es Ridcully. »Ich dominiere niemanden!«
    »Ich wollte nur…«
    »Wenn ihr nicht sofort still seid, bringt ihr euch in große Schwierigkeiten!«
    »Du solltest das Buch lesen«, sagte der Quästor. Er lebte noch immer glücklich im Tal der getrockneten Frösche. »Es ist erstaunlich, was man alles lernen kann.«
    »Zum Beispiel… wie man anderen Leuten den Hintern zeigt?« fragte der Dekan von oben.
    »Nein«, sagte der Oberste Hirte. »Das tun Paviane.«
    »Bitte um Verzeihung«, warf der Professor für unbestimmte Studien ein. »Ich glaube, du meinst Gibbons.«
    »Nein, Gibbons heulen. Wenn man Hintern sehen will, braucht man Paviane.«
    » Mir hat der Bibliothekar nie seinen Allerwertesten gezeigt«, sagte der Erzkanzler.
    »Kein Wunder«, antwortete eine Stimme aus dem Kronleuchter. »Immerhin bist du das dominante Männchen.«
    »Komm sofort da runter, Dekan!«
    »Ich hänge hier fest, Mustrum. Eine Kerze macht mir Probleme.«
    »Ha!«
    Rincewind schüttelte den Kopf und ging fort. Zweifellos waren einige Dinge anders geworden, seit er sich das letzte Mal an diesem Ort aufgehalten hatte, wann auch immer…
    Er war nie so dumm gewesen, sich ein aufregendes Leben zu wünschen. Sein Streben galt vor allem der Langeweile. Allerdings bestand das Problem mit der Langeweile darin, daß sie in seinem Fall nie von langer Dauer war. Wenn er glaubte, sie endlich gefunden zu haben, wurde er in etwas verwickelt, was andere Leute – gedankenlose Leute, die nicht wußten, wovon sie sprachen – als Abenteuer bezeichneten. Dann zwangen ihn die Umstände, fremde Länder zu besuchen und exotische oder gar pittoreske Leute kennenzulernen – für gewöhnlich dauerten derartige Begegnungen nie sehr lange, weil er ständig vor irgend etwas weglief. Er hatte die Schöpfung des Universums gesehen, wenn auch nicht von einem besonders guten Platz aus, und er war in der Hölle gewesen. Man hatte ihn gefangengenommen, eingekerkert und befreit, auf daß er sich anschließend irgendwo verirrte und in irgendwelche Schlangen- oder Skorpiongruben geriet. Manchmal war all dies sogar am gleichen Tag geschehen.
    Abenteuer! Die Leute redeten davon, als wäre es etwas Erstrebenswertes, doch in Wirklichkeit war es ein Synonym für schlechtes Essen, wenig Schlaf und sonderbare Personen, die ständig versuchten, einem spitze Dinge in den Leib zu stecken.
    Rincewind glaubte, die Wurzel des Problems inzwischen zu kennen: Er litt an präventivem Karma. Wenn etwas auch nur den Anschein erweckte, daß in naher Zukunft angenehme Ereignisse warteten, so durfte er ziemlich sicher sein, daß jetzt sofort Unangenehmes geschah. Und das Unangenehme setzte sich fort, weshalb er die schönen Dinge, die bald beginnen sollten, nie erlebte. Es war so, als litte er schon vor der Mahlzeit an Verdauungsstörungen.
    Irgendwo auf der Welt saß vermutlich jemand am anderen Ende der Wippe, eine Art Spiegelbild-Rincewind, dessen Leben aus lauter wundervollen Dingen bestand. Er hoffte, ihm irgendwann einmal zu begegnen, vorzugsweise mit einer Waffe in der Hand.
    Jetzt wollten die Leute ihn zum Gegengewicht-Kontinent schicken. Er hatte gehört, dort sei das Leben stinklangweilig. Für Rincewind klang das ausgesprochen verlockend.
    Die Insel hatte ihm sehr gefallen. Ebenso die Kokosnuß-Überraschungen: Wenn er eine Kokosnuß aufschlug, fand er darin Kokosnußmilch.
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