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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meisten von ihnen bekleideten einen wesentlich
    höheren Rang als er –, während er nach einem Reim auf »Orangenblüte«
    suchte. Sie gratulierten ihm und verkündeten, er sei der neue Protokoll-
    meister.
    Dieses erstaunliche Ereignis lag jetzt drei Monate zurück.
    In den vergangenen zwölf Wochen hatte er viele neue Erkenntnisse
    gewonnen, und die schrecklichste von ihnen war: Der Sonnenkaiser war
    weder der Herr des Himmels noch die Säule des Firmaments oder der
    Große Strom des Segens, sondern ein grausamer Irrer, der längst ins
    Grab gehörte.
    Ein entsetzlicher Gedanke. Genausogut konnte man Mutterschaft und
    rohen Fisch verabscheuen oder Einwände gegen Sonnenschein erheben.
    Die meisten Menschen entwickeln ihr soziales Gewissen in jungen Jah-
    ren, während der kurzen Phase zwischen dem Schulabschluß und der
    Einsicht, daß Ungerechtigkeit nicht immer schlecht ist. Sein soziales
    Gewissen erst mit Sechzig zu finden, war ein ziemlicher Schock.
    Was keineswegs bedeuten sol te, daß er den Goldenen Regeln kritisch
    gegenüberstand. Seiner Ansicht nach machte es durchaus Sinn, einem
    Dieb die Hände abzuhacken. Es hinderte ihn daran, erneut zu stehlen
    und dadurch seine Seele zu beflecken. Ein Bauer, der seine Steuern nicht
    bezahlen konnte, mußte hingerichtet werden, um ihn vor der Versuchung von Faulheit und Protest zu bewahren. Und da das Reich vom Himmel
    als einzige wahre Welt für die Menschen geschaffen worden war, umge-
    ben von einer Ödnis, in der nur Geister hausten, konnte es kaum falsch
    sein, alle Leute mit dem Tod zu bestrafen, die diese göttliche Ordnung in
    Frage stellten.
    Aber Zwei Kleiner Wang fand es nicht richtig, dabei zu lachen. Solche Dinge waren nicht angenehm, nur notwendig.
    Irgendwo in der Ferne ertönten Schreie. Der Kaiser spielte wieder
    Schach – mit lebenden Figuren.
    Das Wissen ruhte wie eine schwere Last auf dem Protokol meister. Es
    hatte bessere Zeiten gegeben – das wußte er jetzt. Die Dinge waren nicht
    immer so gewesen wie im Moment. Kaiser mußten nicht unbedingt bru-
    tale Narren sein, in deren Nähe man ebenso sicher war wie auf der
    Sandbank eines Flusses während der Krokodilsaison. Es mußte nicht
    jedesmal ein Bürgerkrieg ausbrechen, wenn ein Kaiser starb. Es gab kei-
    ne Gesetze, die von den Kriegsherrn verlangten, das Land zu regieren.
    Und die Bürger… Sie hatten nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte.
    Eines Tages war es zu Auseinandersetzungen über die Thronfolge ge-
    kommen, was zu einem Krieg geführt hatte. Und anschließend war alles
    durcheinandergeraten.
    Mit etwas Glück dauerte es nicht mehr lange, bis der Kaiser starb.
    Vermutlich wurde bereits eine spezielle Hölle für ihn vorbereitet. Auf
    seinen Tod würde ein Kampf folgen, der über den neuen Kaiser ent-
    schied, und wenn Zwei Kleiner Wang Glück hatte, verlor er im wahrsten
    Sinne des Wortes den Kopf – das geschah oft mit Leuten, die unter ei-
    nem früheren Kaiser hohe Ämter bekleidet hatten. Solche Maßnahmen
    waren al es andere als ungewöhnlich. Manchmal genügte es, den Kaiser
    beim Nachdenken zu stören oder an der falschen Stelle zu stehen, um
    enthauptet zu werden.
    Plötzlich hörte Zwei Kleiner Wang Geister.
    Sie schienen sich direkt unter seinen Füßen zu befinden und unterhiel-
    ten sich in einer sonderbaren Sprache, die für den Protokollmeister nur
    aus unverständlichen Lauten bestand. Sie klangen so:
    »Meine Güte, wo sind wir hier?«
    »Irgendwo unter dem Palast, glaube ich. Haltet nach einer weiteren Öf nung in der Decke Ausschau…«
    »Wasisn?«
    »Ich hab’s satt, den verdammten Rol stuhl zu schieben!«
    »Eins sage ich euch: Nach dieser Sache steht für mich ein heißes Fußbad auf dem Programm.«
    »Seit wann nimmt man eine Stadt ein, indem man durch hüfthohes Wasser stapft?
    Wir haben eine… verflixte… Stadt ganz anders eingenommen, als ich mit dem Fürchterlichen Ferdinand ritt! Mit tausend Kriegern haben wir sie überrannt, jawohl!«
    »Ja, aber hier ist nicht genug Platz für tausend Krieger.«
    Die Stimmen klangen hohl und erzeugten dumpfe Echos. Mit einer
    Mischung aus Faszination und Verwirrung folgte ihnen Zwei Kleiner
    Wang. Gedankenlos wanderte er über den manikürten Kies, was der
    Schöpfer des Steingartens vermutlich zum Anlaß genommen hätte, ihm
    die Zunge abschneiden zu lassen.
    »Können wir uns bitte beeilen? Ich möchte aus der Kanalisation heraus sein, wenn der Kessel explodiert. Und ich hatte nicht genug Zeit, mit der

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