Echt zauberhaft
überra-
schenderweise ein gutes Ergebnis erzielt hatte – weil er die richtigen
Antworten erraten hatte.
Er senkte den Kopf und starrte auf die von Lotosblüte stammenden
Holzkohle-Kritzeleien.
Für Cohen wäre al es ganz einfach gewesen. Er hätte sich einen Weg in
die Verbotene Stadt gekämpft. Dem kam es überhaupt nicht in den Sinn, zu zweifeln oder gar Furcht zu empfinden. Mit anderen Worten: Ein
solcher Mann wurde gebraucht.
»Zweifel os kennst du Zauberformeln, mit denen man Mauern zum
Einsturz bringen kann«, sagte Lotosblüte.
Rincewind fragte sich, was die Rote Armee mit ihm anstellen würde,
wenn sich herausstel te, daß er überhaupt keine Magie beschwören konn-
te. Nicht viel, wenn ich rechtzeitig losrenne. Natürlich würden Schmetterling und die anderen ihn verfluchen, aber daran war er gewöhnt. Stock und
Stein brechen das Bein, dachte er. Ein Teil von ihm ahnte, daß dieses Sprichwort noch einen zweiten Teil hatte, was für ihn jedoch kaum eine
Rol e spielte, da die erste Hälfte seine ganze Aufmerksamkeit bean-
spruchte.
Selbst Truhe hatte ihn verlassen. Das war ein durchaus positiver
Aspekt der Situation, aber er vermißte auch das vertraut trippelnde Ge-
räusch ihrer vielen Füße…
»Bevor wir anfangen, sol tet ihr ein revolutionäres Lied singen«, sagte
Rincewind.
Die Idee gefiel dem Kader. Während er sang, schob sich Rincewind
näher an Schmetterling heran, die ihn mit einem wissenden Lächeln be-
grüßte.
»Du weißt, daß ich die Hoffnungen dieser jungen Leute nicht erfül en
kann.«
»Der Meister lobte mehrmals deinen Einfallsreichtum.«
»Ich kann nicht einfach ein Loch in eine Mauer zaubern!«
»Dir fäl t bestimmt etwas ein. Äh… Großer Zauberer…«
»Ja?«
»Eins Lieblingsperle, das Mädchen mit dem Plüschkaninchen…«
»Ja?«
»Es hat nur den Kader. Und das gilt auch für die anderen. Wenn die
Kriegsherrn gegeneinander kämpfen, müssen viele Leute sterben. Eltern.
Verstehst du? Ich gehörte zu den ersten, die WIE ICH MEINE
FERIEN VERBRACHTE lasen, Großer Zauberer. Und ich habe in den
Schilderungen einen törichten Mann gesehen, der aus irgendeinem
Grund immer Glück hatte. Großer Zauberer… ich hoffe für uns al e –
und besonders für dich –, daß du auch diesmal viel Glück hast.«
Springbrunnen plätscherten auf den Höfen des Sonnenkaisers. Pfauen
riefen und gaben dabei Geräusche von sich, die eigentlich nicht von so
hübschen Geschöpfen stammen konnten, Zierbäume spendeten auf
dekorative Weise Schatten.
Der Park lag im Zentrum der Stadt. Zwar konnte man hier den Puls-
schlag von Hunghung hören, aber nur gedämpft – weil jeden Tag fri-
sches Stroh auf den nächstliegenden Straßen ausgestreut wurde; und weil
jeder Lärmerzeuger im Kerker endete.
Die schönste Gartenanlage ging auf den ersten Kaiser zurück, Eins
Sonnenspiegel. Sie bestand ausschließlich aus Kies und Steinen, sorgfäl-
tig geharkt und so angeordnet, als wären die Formationen von einem
Gebirgsbach mit Kunstsinn geschaffen worden. Hierher begab sich Eins
Sonnenspiegel (unter dessen Herrschaft das Reich geeint und die Große
Mauer errichtet worden war), um seine Seele zu erfrischen und über die
essentielle Einheit aller Dinge nachzudenken, wobei er Wein trank – aus
dem Schädel eines Feindes oder viel eicht eines Gärtners, der sich unge-
schickt mit der Harke angestellt hatte.
Derzeit hielt sich der Protokol meister Zwei Kleiner Wang im Steingar-
ten auf. Er kam hierher, weil es seine Nerven beruhigte.
Vielleicht lag es an der Nummer Zwei, dachte er manchmal. Eine sol-
che Geburtszahl konnte kein Glück bringen. Der Name Kleiner Wang
war nur eine Taktlosigkeit, ein Klecks Möwenkot nach dem großen Hau-
fen Büffelexkrement, den der Himmel in sein Horoskop geklatscht hatte.
Es wurde auch nicht besser, als er den Posten des Protokollmeisters be-
kam.
Zuerst ließ sich al es ganz vielversprechend an. In seiner beruflichen
Laufbahn im Staatsdienst des Achatenen Reiches erzielte Zwei Kleiner
Wang gute Fortschritte, weil er alle für eine gute Regierung und Verwal-
tung notwendigen Fähigkeiten beherrschte: Kalligraphie, die Kunst des
Papierfaltens, das Binden von Blumen sowie die Fünf Wundervol en
Formen der Poesie. Gewissenhaft erledigte er al e Aufgaben und be-
merkte im Lauf der Zeit, daß die Anzahl seiner Vorgesetzten immer
mehr zu schrumpfen schien. Eines Tages kamen mehrere hochgestel te
Mandarine zu ihm – die
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