Echte Morde
denken, einem Kind etwas anzutun?"
„Wer weiß? Er hat sich jedenfalls prima amüsiert, so gut wie noch nie." Ich war fertig. In diesem Augenblick hatte ich für Bankstons Mutter kein Mitgefühl übrig, ich hatte überhaupt keine Emotionen mehr übrig, um sie frei in der Gegend zu verteilen. Ich fühlte mich entkräftet, einfach nur noch müde, und ich hatte große Schmerzen. Schmerzen, Prellungen und jede Menge Bandagen - ich war am Ende. Selbst Robins Kuss vermochte wenig daran zu ändern - gut möglich, dass ich eines Tages bei so einem Kuss wieder so etwas wie Begehren empfinden würde, sehr gut möglich sogar, aber an diesem Tag nicht mehr. Robin nahm seine Jacke.
„Robin", wisperte ich mühsam, drohte ich doch schon wieder, in den Schlaf abzugleiten. Er stand an der Tür, drehte sich aber noch einmal um. Da wurde mir klar, dass auch er völlig fertig war. Er ließ die Schultern hängen, der Mund mit den vielen Lachfältchen sah abgespannt aus, die Mundwinkel hingen herunter. Selbst das flammendrote Haar wirkte schlapp.
„Du hast mich gerettet", flüsterte ich.
„Nein, das war Jed Crandall!", versuchte er zu scherzen. „Ich habe ihm nur Rückendeckung gegeben."
„Du hast mich gerettet. Danke." Dann kam der Schlaf, und ich sank in eine lange Spirale.
Als ich erwachte, war es laut Uhr auf dem Nachttisch halb vier Uhr morgens, und jemand anders saß auf dem Besucherstuhl. Jemand, der klein, kräftig und blond war und tief und fest schlief. Arthur war der Kopf auf die Brust gesunken, und er schnarchte ein bisschen. Das musste ich mir merken.
Ich hatte einen trockenen Mund, und mein Hals war ganz rau, also streckte ich die Hand nach dem Wasserglas aus, das auch auf dem Nachttisch stand, an das ich im Liegen aber nicht herankam. Mühsam rutschte ich ein paar Zentimeter zur Seite, streckte die Hand aus, reckte mich - und schon drückte mir Arthur das Glas in die Hand.
„Ich wollte dich nicht wecken", flüsterte ich.
„Ich habe nur ein wenig gedöst", sagte er leise.
„Was ist denn sonst noch so passiert?"
„Wir haben eine Schachtel mit ... sagen wir: Erinnerungsstücken gefunden. In dem Häuschen, das Melanie Clark gemietet hat."
„Erinnerungsstücke?" Wollte ich es wirklich genauer wissen?
„Ja. Bilder."
Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte es nicht genauer wissen.
Arthur nickte verständnisvoll. „Ziemlich übel. Sie haben Mamie und die Buckleys fotografiert, als sie tot waren, und Pettigrue. Wie es scheint, hat Melanie ihm schöne Augen gemacht - so hat sie ihn dazu gebracht, sich auszuziehen. Dann hat sie ihn niedergestochen und Bankston eingelassen. Sie haben ihn in die Badewanne gelegt und alles so arrangiert, wie Benjamin es vorfand."
„Dann haben sie also alles gestanden?"
„Bankston hat gestanden. Er ist stolz auf seine Taten."
„Also waren sie doch nicht wie Hindley und Brady."
„Nein. Melanie hat versucht, sich umzubringen."
„Oh." Ich schwieg betroffen. „Oh. Nein!"
„Wir haben sie beobachtet, bekamen es also rasch mit. Sie hatte sich den BH ausgezogen und wollte sich daran aufhängen."
Wie grotesk - aber zumindest zeugte dieser Versuch von menschlichen Gefühlen.
„Es hat ihr leidgetan", flüsterte ich.
„Nein!", antwortete Arthur scharf. „Sie ertrug die Trennung von Bankston nicht."
Was sollte ich dazu sagen? Ich gab Arthur das Glas zurück. Er stellte es auf den Nachttisch und füllte es wieder.
„Beide waren sauer, weil wir die Tatwaffe im Mordfall Wright nicht gefunden hatten. Dabei waren sie so sicher, dass wir sie finden würden, sie hatten sich den Ort dafür so gut ausgedacht.
Es war ein Hammer, den sie aus der Garage LeMaster Canes gestohlen hatten, mit LeMasters Initialen auf dem Stiel. Wie es sich herausstellte, hatten in der Mordnacht ein paar Jugendliche den Hammer gefunden und behalten. Erst heute Abend wurde es ihnen wohl unheimlich damit, und sie gaben ihn auf der Polizeidienststelle ab. In Zukunft wollten Melanie und Bankston wohl die Golfschläger benutzen. Bankston hatte nach der Ermordung der Buckleys in Melanies Haus geduscht und wollte die Schläger in sein Haus schaffen, weil er sicher war, dass ihm zu dem Zeitpunkt in eurer Anlage niemand über den Weg laufen oder ihn sehen würde. Aber dann kamst du und sahst ihn mit der Golftasche, also bekam er es mit der Angst zu tun und ließ die Tasche bei Nacht und Nebel verschwinden. Sie war das einzig Auffallende an dem Set, von den Schlägern behielt er ein oder zwei, für den Fall,
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