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Echte Morde

Echte Morde

Titel: Echte Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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keine Menschen, wie sie es waren, wir waren - ich weiß auch nicht, irgendwer anderes, Opfer.
    Zu dem Fuß auf der Treppe gesellte sich der zweite, der leise eine Stufe unterhalb des ersten aufsetzte.
    „Vielleicht sollte ich es doch aufzeichnen", trällerte Melanie.
    „Es ist nicht das, was wir geplant hatten, könnte aber spannend sein."
    Jetzt stand den Füßen da oben eine quietschende Stufe bevor.
    „Verflucht sollt ihr sein!", schrie ich. „Wie könnt ihr mir das antun? Wie könnt ihr das Phillip antun?"
    Die beiden waren so bestürzt, als hätte der Stuhl zu ihnen gesprochen. Melanie packte den Schläger mit beiden Händen und schlug zu. Mein Körper schützte Phillip, aber der Schlag war so hart, dass der Stuhl wackelte, auf dem er saß. Lärm zu machen war kein Problem mehr: Ich schrie lauter als ein Güterzug. Eilig flogen die Füße die Treppe hinunter.
    „Klappe, du Schlampe!", zischte Melanie wütend.
    „Nein, du hältst die Klappe", riet ihr eine ruhige Stimme.
    Es war der alte Mr. Crandall, der da sprach, und er trug ein sehr großes Gewehr.
    Das einzige Geräusch im Keller war mein Weinen. Ich rang verzweifelt um Fassung. Phillip hob die gefesselten Hände, um die Arme um meinen Kopf zu schlingen. Mehr denn je wünschte ich mir, er würde in Ohnmacht fallen.
    „Sie schießen ja doch nicht, Sie Trottel", sagte Bankston. „Bei dem Betonboden hier prallt die Kugel ab und trifft die Frau."
    „Lieber erschieße ich die beiden, als sie dir zu überlassen", gab Mr. Crandall gelassen zurück.
    „Wen von uns willst du denn zuerst erschießen?", knurrte Melanie wütend. Sie war ein ganzes Stück von Bankston abgerückt.
    „Beide kannst du uns nicht töten, alter Mann!"
    „Ich bin ja auch noch da." Robin stand weiter oben auf der Treppe und wirkte nicht so gelassen wie Mr. Crandall. Ich schaffte es, den Kopf zu heben. Robin kam die Treppe herunter, eine Flinte in der Hand. „Ich verstehe nicht so viel von Waffen wie Mr. Crandall, aber er hat diese Waffe für mich geladen, und irgendwas treffe ich schon, wenn ich anlege und abdrücke."
    Wir waren an einem Wendepunkt, das spürte ich. Wenn die zwei etwas Verzweifeltes wagten, dann jetzt. Sie sahen einander an, während ich den Blick nicht von dem grünen Seidenschal in Bankstons Händen lösen konnte. Wie durch einen Nebelschleier hindurch starrte ich auf diesen Schal. Die beiden mussten doch auch erkennen, dass es vorbei war, vorbei ...
    Plötzlich schien alle Kraft aus Melanie und Bankston zu weichen. Sie wurden wieder zu den Menschen, die ich gekannt hatte, ein für Kreditvergabe zuständiger Bankangestellter und eine Sekretärin, die nicht zu wissen schienen, wo sie sich befanden und wie sie hierhergekommen waren. Der Schal fiel aus Bankstons Händen. Melanie legte den Golfschläger nieder. Sie sahen einander nicht mehr an.
    Plötzlich schien das Haus voller Menschen zu sein. Arthur und Lynn kamen die Treppe heruntergepoltert, verharrten auf der Mitte, starrten auf das Bild, das sich ihnen bot.
    Phillip stieß einen tiefen Seufzer aus und verlor das Bewusstsein. Das schien mir eine so gute Idee, dass ich es ihm sofort nachtat.

KAPITEL SIEBZEHN
    „Sie hätten uns nichts tun können, wenn ich meinen Dynamite-Man-Teilchenzerstörer dabeigehabt hätte", murmelte Phillip, der sich einfach nicht von mir trennen ließ, während sie mich im Krankenhaus zusammenflickten. Er hielt sich an meiner Hand oder an meinem Bein oder an meinem Oberkörper fest, obwohl sich immer wieder nette Menschen erboten, ihn auf den Arm zu nehmen, ihm ein Eis kaufen zu gehen oder nebenan Bilderbücher auszumalen: Mein kleiner Bruder wollte sich nicht von mir trennen. Das machte es mir nicht leichter, im Gegenteil, aber ich bemühte mich darum, so viel Mitleid mit Phillip zu empfinden, dass die Schmerzen dadurch weniger wichtig wurden.
    Leider musste ich an diesem Abend feststellen, dass Schmerzen für mich etwas sehr Wichtiges waren, ganz gleich, wem es sonst noch schlecht geht.
    Inzwischen lag ich in einem Krankenhausbett und er dicht neben mir. Er kuschelte sich an mich und starrte ins Leere, die Augen aufgerissen, aber bereits mit einem feinen Schleier überzogen. Sie hatten ihm wohl ein leichtes Beruhigungsmittel verpasst. Ich meinte, mich zu erinnern, dass ich mein Einverständnis gegeben hatte. Mein Vater und meine Stiefmutter waren unterwegs. Robin - Gott schütze diesen Mann - hatte ihre Telefonnummer gefunden, und sein Anruf hatte sie wie durch ein Wunder in ihrem

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