Echte Vampire beißen sanft
Schon von weitem hörte ich den Fernseher und das fröhliche Lachen meiner Mitbewohnerin... und eines Mannes.
Ich blieb vor der Tür stehen. Würde ich gleich Simon Destiny gegenüberstehen? Waren meine Hunde stark genug, um mich davor zu bewahren, dass er mich in sein Labor entführte, zu den anderen Energieräubern und Drogendealern?
Doch es war bloß Damian, der neben seiner Schwester saß und mit ihr eine alte Folge von Seinfeld guckte. Die, in der Jerry und Elaine darum wetten,wer von ihnen länger auf Sex verzichten kann. Den beiden fällt es sogar noch schwerer als mir, abstinent zu bleiben. Es ist eine lustige Folge, und wenn nicht dieses Vampirtreffen für heute anberaumt gewesen wäre, hätte
ich mich mit einer Flasche Blutonic zu ihnen gesetzt und mit ihnen gelacht.
»Heute Abend findet ein Treffen bei Freddy statt. Kommst du mit, Flo?« Ich legte meine Handtasche gar nicht erst ab. »Wir müssten dann in fünf Minuten los.«
Damian nahm Flo die Fernbedienung aus der Hand, und der Bildschirm wurde schwarz.
»Hey! Jetzt kommt doch erst das Beste! Ich will wissen, wer die Wette verliert.«
»Vergiss die Wette, Florence. Glory und ich müssen mit dir reden. Über deine Beziehung zu Simon.« Damian zog seine Schwester hoch. »Sieh mich an, cara.«
»Entspann dich, Damian.Simon ist in Ordnung,und mir geht es gut, und das habe ich Glory auch bereits gesagt.«
»Hat dir Glory erzählt, dass die EVs einen Mann auf sie angesetzt haben? Dass er sie bedroht hat?«
»Nun, bedroht hat er mich eigentlich nicht.« Manchmal bin ich geradezu idiotisch ehrlich. »Aber Greg wollte, dass ich ihn ins Hauptquartier der EVs begleite. Er war der Stalker, der mir Kopfschmerzen verursacht hat. Erinnerst du dich?«
»Greg? Ja, der Name kommt mir bekannt vor. Er gehört zu den Drohnen. Ignorier ihn einfach.« Sie lächelte. »Er hat selber keine überschüssige Power, deshalb ist er auf der Suche nach Vampiren mit großen Energiereserven, und die bringt er dann zu Simon.Aber Simon würde niemals von ihm verlangen, dass er jemanden kidnappt.« Flo sah zu Damian. »Ihr steigert euch da völlig grundlos in etwas hinein.«
»Die EVs sind Drogenhändler, Florence. Das ist alles andere als harmlos.«
Flo kniff ihren Bruder in die Wange. »Na, na, Damian, soweit ich weiß, hast du dieses Vampir-Viagra selbst getestet, als es noch nicht diesen albernen Namen trug. Wir haben es Juan
Carlos in Madrid abgekauft, und es war gar nicht übel, oder? Ich hatte damals meinen Lover El Greco, und du...« Sie grinste. »Ich glaube, du hattest einen ganzen Harem.«
»Nur sechs oder sieben...« Damian schüttelte den Kopf. »Ich habe dieses Zeug gehasst. Ich habe mich benommen wie ein Bulle; bin über jedes weibliche Wesen hergefallen, das sich gebückt hat.«
»Und was soll daran so schlimm sein?« Florence lachte, während ich sprachlos daneben stand. Damian ist ein Ausbund an Kultiviertheit, der ungekrönte König derVerführungskunst. Das Vampir-Viagra muss ihm wirklich schwer zu schaffen gemacht haben,wenn er sich verhalten hatte wie ein brünstiger Hirsch.
»Begleite uns zu dem Treffen, Flo. Es geht um Westwood und die EVs.Die ganze Vampirgemeinde aus der Gegend trifft sich bei Freddy.«
»Um die EVs? Wollt ihr eine Schlägertruppe zusammentrommeln und sie aus der Stadt verjagen?« Sie griff nach ihrer Tasche. »Kein Interesse, danke. Und was Westwood angeht: Wenn ihr ihn endgültig loswerden wollt,solltet ihr mit Simon reden. Ich habe den Eindruck, er kann alles arrangieren, auch das.«
Damit war sie auch schon auf und davon. Ich wechselte einen Blick mit Damian.
»Sie ist außer Kontrolle.«
»Das ist sie doch immer.« Er warf die Fernbedienung auf das Sofa. »Gehen wir. Ich habe Richard versprochen, dich zum Meeting zu fahren, und die Hunde ebenfalls. Ich bin mit dem großen Mercedes gekommen.« Er sah aufValdez hinunter. »Ihr zwei werdet auf der Rückbank sitzen, und untersteht euch, mit euren Pfoten Abdrücke auf meinen Ledersitzen zu hinterlassen.«
»Dann darfst du eben nicht neben einer Pfütze parken.« Valdez folgte mir hoch erhobenen Hauptes zur Tür. »Ich mache
mir Sorgen um Flo, Glory. So schwere verliebt habe ich sie noch nie erlebt.«
»Ich auch nicht«, sagte ich und sperrte die Wohnungstür ab, als wir alle vier draußen im Korridor standen. »Aber was sollen wir tun? Sie ist erwachsen, und sie hat uns nicht gebeten, einzugreifen.«
»Sie mag uns nicht darum gebeten haben, aber wir werden es trotzdem tun.«
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