Echte Vampire beißen sanft
Igitt, ich hatte eindeutig zu viel gelesen, und ich schämte mich dafür in Grund und Boden.
»Äh, was ist mit dem Gemälde?«
»Natürlich kannst du gern in deiner Arbeit darüber schreiben. Komm einfach mal tagsüber vorbei.« Wenn ich nicht da bin. »Ich werde meinen Leuten Bescheid geben, damit du dich austoben kannst.« Ich führte ihn am Ellbogen hinaus in den Laden und brachte ihn noch zur Tür.
»Diese Statue – das kann ich nicht annehmen.«
»Unsinn.« Ich schob den Sicherheitsriegel zurück, holte hinter dem Tresen ein großes Stück Luftpolsterfolie und eineTüte, und ehe er es sich versah, hielt er das Ding transportfähig verpackt wieder im Arm. »So, hier. Nimm sie mit. Das ist das mindeste, was ich für dich tun kann, nachdem ich dich damit k.o. geschlagen habe.« Während ersich bückte,um den Pinsel aufzuheben und wieder in die Tasche zu stecken, genehmigte ich mir einen letzten Blick auf seine konfusen Gedanken. Er braucht eine Kopfwehtablette. Der Pinsel gehörte dieser Sally, und er hatte vor, ihn ihr gleich vorbeizubringen. Er konnte es kaum erwarten, ihr die erotische Bronzefigur zu zeigen.Vielleicht würde sie sie ja inspirieren, ihm einen zu...
»Du gehst jetzt wohl besser, Larry Nimm eine Aspirin, oder auch zwei.«
»Mach ich, Ms St. Clair. Danke. Vielen Dank.« Dann öffnete er die Tür und atmete tief die kühle Nachtluft ein. Er hatte Kopfschmerzen, aber nicht so schlimm, dass er sich nicht von Sally...
»Wiedersehen, Larry. Pass auf dich auf.«
Er eilte hinaus, ehe ich womöglich meine Meinung ändern konnte. Er wusste schon, wo er die Statue hinstellen wollte: gleich neben seinen Kunstdruck von Erte... Es folgte allerlei weiteres Künstler-Blabla. Ich schloss die Tür hinter ihm und lehnte mich dagegen.Was für ein Informationsüberfluss! Und wer hätte gedacht, dass auch Akademiker mit dem Schwanz denken, genau wie Macho-Vampire?
»So, das hätten wir geschafft.« Ich grinste auf meine Hunde hinunter. »Puh, ich bin wohl ein bisschen überspannt. Nicht zu fassen, dass ich das getan habe.«
»Äh, Glory...« Will wedelte mit dem Schwanz. »In einer der Umkleiden versteckt sich eine Frau unter der Bank. Hat sich dort verkrochen, nachdem du auf Larry losgegangen warst.« Er stieß ein Hundelachen hervor, halb Grunzen, halb Bellen.
»Lösch einfach ihre Erinnerung daran, Glory. Sie hat sich gerade den schwarzen Samtmantel dort drüben angescharzt, als hier plötzlich die Kacke am Dampfen war.«
»Du meinst, als ich Larry attackiert habe.« Ich zog die zitternde Frau, die mit weit aufgerissenen Augen unter der Bank kauerte, aus der Kabine. Sie trug verwaschene Jeans und einen rosa Pulli, der fast genauso fusselig war wie ihr sprödes, verfilztes Haar.Ich starrte ihr in die hellblauen Augen, bis sie sich willenlos von mir zu dem Kleiderständer mit dem Samtmantel führen ließ. Dort sah ich ihr erneut in die Augen.
»Sie waren schon lang auf der Suche nach einem solchen Teil und freuen sich, dass Sie diesen Mantel gefunden haben, der noch dazu gerade im Angebot ist.« Ich hob die Hand und berührte ihre splissgeplagten Haare. »Und mit dem Geld, das Sie gespart haben, leisten Sie sich einen Friseurbesuch.« Die Frau nickte. »Dann mal los.«
Jetzt lächelte die Kundin und zog den Mantel vom Kleiderbügel. »Hey, so einen will ich schon lange. Und er ist sogar runtergesetzt!
« Sie begab sich damit zur Kasse und kramte in ihrer Handtasche nach dem Portemonnaie. »Sagen Sie, können Sie mir einen guten Friseur empfehlen?« Sie deutete auf meine schulterlangen Locken. »Ich brauche eine Runderneuerung, ehe ich an Thanksgiving meinen Freund nach Hause begleite.« Sie verzog das Gesicht. »Er will mir seine Eltern vorstellen.«
Ich zückte eine Visitenkarte. »Hier.Sagen Sie Reza, dass Glory Sie geschickt hat.« Reza, eine von Lacys Werkatzenfreundinnen, führt einen Schönheitssalon gleich hier in der Nähe. »Viel Glück mit Ihren Schwiegereltern in spe!«
Ich sah ihr lächelnd nach.Weitere Kunden betraten den Laden. Hervorragend. Das Geschäft lief gut.
Als Lacy gegen Mitternacht kam, war ich richtig erleichtert. Sie arbeitet normalerweise nicht nachts,hatte aber darauf bestanden, mich zu vertreten, nachdem sie von Flo und dem Vampir-Meeting bei Freddy gehört hatte.
Was Flo anging, so hoffte ich, sie würde mich zu dem Treffen begleiten und endlich begreifen, was für einen Betrüger sie sich mit Simon geangelt hatte. Ich eilte hinauf, die Hunde folgten mir auf dem Fuß.
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