Echte Vampire haben Kurven
zu verbringen – bei voll aufgedrehter Lautstärke, um die Geräusche zu übertönen, die aus Flos Zimmer drangen. Oder mich gleich in meinem Schlafzimmer zu verkriechen. Valdez schien zwar mit Richard besser klarzukommen als ich, aber mir beim Lesen zuzusehen entsprach auch nicht unbedingt seinen Vorstellungen von eine m unterhaltsamen Abend.
»Es tut mir leid, dass wir dich stören, Glory«, sagte Flo. Sie starrte verträumt vor sich hin. »In Zukunft gehen wir zu Ricardo, versprochen.«
»Ich will dich nicht vertreiben.« Ihre Angewohnheit, meine Gedanken zu lesen, wurde allmählich lästig. Vielleicht sollte ich künftig auch zu Hause eine mentale Blockade errichten. Nun, zumindest redeten wir überhaupt miteinander.
»Ich hab mich rücksichtslos verhalten. Aber wenn du dir auch endlich einen Lover nehmen würdest, dann könntest du selber ein bisschen Krach machen. Warum bist du noch nicht angezogen? Du bleibst doch hoffentlich nicht wegen Ricardo zu Hause, oder?«
Ich sollte mir wirklich ein Beispiel an Flo nehmen und mir einen neuen Geliebten zulegen. Einen, der den Boden anbetete, über den ich schritt. Ich ging in die Küche, um mir Getränkenachschub zu holen.
Ich hatte weiß Gott keine Lust auf einen Abend mit Richard Mainwaring. Ich fühlte mich äußerst unwohl in seiner Gegenwart. Ganz egal, wie sehr er Flo verehrte, ich wusste, dass er mich verabscheute. Dabei war ich immer freundlich zu ihm, wenn er hier war. Okay, freundlich war übertrieben, aber ich tolerierte ihn, Flo zuliebe.
»Doch, ich glaube, ich sehe mir die Messe lieber im Fernsehen an.«
»Das ist doch nicht dasselbe, Glory. Bitte, komm mit.«
Ich schaltete den Fernseher ein und suchte den entsprechenden Kanal. »Nein. Hier, siehst du – sie wird auf einem der Lokalsender übertragen. Auf diese Weise kann ich meinen freien Abend genießen, ein bisschen entspannen, und trotzdem die Musik hören.« Ich grinste. »Und falls ich wieder schweben sollte, wird es diesmal lediglich Valdez sehen.«
»Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich rufe Richard an und sage ihm, dass ich auch daheimbleibe.«
»Nein, das wirst du nicht tun.« Ich ging in mein Schlafzimmer. »Ich werde jetzt duschen und mir die Haare waschen, und ich will, dass du weg bist, wenn ich aus dem Bad komme. Heute gibt’s Steak, Valdez. Rib-Eye, medium durchgebraten.« Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass mein Hund mindestens einmal pro Woche Rindfleisch brauchte, und zwar nicht in Form von Dosenfutter. Abgesehen davon begnügte er sich mit dem Junk food, das wir vorrätig hatten.
»Siehst du, Flo, wir machen uns hier einen schönen Abend. Ich werde fressen, Blondie wird schweben. Alles wunderbar.«
»Also schön, aber nach der Messe fahre ich zu Ricardo und komme erst morgen wieder.« Flo blinzelte. »Du solltest Jeremiah einladen.«
Ein verlockender Gedanke. Er hatte angerufen, ummich wissen zu lassen, dass er nun doch die Vergiftung von Westwood
durchplante. Unser Spitzel hatte genau wie Tony Crapetta eine Heidenangst vor Vampiren, war aber sehr an der Knete interessiert. Blade würde ihm keinen Cent bezahlen, ehe er sicher sein konnte, dass sein Auftrag wunschgemäß erledigt werden würde.
»Mach dir um mich keine Sorgen. Ich muss mein Buch zu Ende lesen, ein paar Dessous waschen …« Ich grinste. »Die Stringtangas, die du mir aufgedrängt hast, trocknen wenigstens schnell.«
»Hast du deine Kevlar-Weste schon mal gewaschen?« Die Sicherheitskleidung war bei meiner Mitbewohnerin erwartungsgemäß nur auf mäßige Begeisterung gestoßen. Ich hatte Flo zwar bewegen können, meine Schutzweste anzuprobieren, und sie hatte ihr beinahe wie angegossen gepasst, aber Flo war nicht eben angetan gewesen. Sie ist oberweitenmäßig ähnlich gut ausgestattet wie ich, aber wie Blade schon bemerkt hatte, lässt kugelsichere Kleidung weibliche Kurven merklich flacher aussehen.
»Ja, habe ich. Ich nehme nicht an, dass ich dich überreden kann, sie anzuziehen? Westwood läuft irgendwo da draußen rum, von dem religiösen Fanatiker mal ganz abgesehen.«
»Nicht nötig. Ricardo wird mich beschützen. Außerdem bezweifle ich, dass Westwood ein Foto von mir gemacht hat, so wie von dir und Derek. Er hat mich bislang nur im Dunkeln gesehen.«
»Tja, danke, dass du mich daran erinnerst.« Ich fand die Vorstellung, den Abend in meiner sicheren Wohnung zu verbringen, gleich noch attraktiver. »Viel Spaß, und bestell dem lieben Gott einen Gruß von mir.« Ich verschwand im
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