Echte Vampire haben Kurven
versuchen, sie ihm mit vereinten Kräften abzunehmen. Ich wüsste wirklich gern, ob er fremdgeht. Noch habe ich meine Werkatzenkräfte nicht an ihm ausprobiert, aber er trainiert regelmäßig im Fitnessstudio.«
»Ich kann ihn festhalten, bis du ihm die Brille abgenommen hast, und dann versuche ich, ihn zu hypnotisieren. Wenn es funktioniert, können wir ihn alles fragen, was wir wissen wollen, und wir können seine Gedanken lesen.«
»Warum bist du denn so erpicht darauf?«
»Wie gesagt, es ist nur so ein Gefühl. Kaum hatte ich beschlossen, noch einen dritten Verkäufer einzustellen, ist dir auch schon Ryan über den Weg gelaufen, der die Voraussetzungen dafür perfekt erfüllt. Zufall?«
»Kann vorkommen. Ich nenne das Koinzidenz. Das Universum
hat uns Ryan geschickt, als wir ihn gebraucht haben – einen Lover für mich, einen Angestellten für dich …« Sie zog die Nase kraus. »Du hast ja Recht. Ich lebe schon zu lange, um noch an Zufälle zu glauben. Trotzdem bin ich sicher, Ryan ist in Ordnung. Er ist ein toller Verkäufer.« Sie seufzte. »Ich würde ihm jedenfalls alles abkaufen.«
»Das seh ich, und ich kann nur hoffen, dass du Recht behältst, Lacy. Aber da wir beide Fragen haben, sollten wir zumindest versuchen, seine Gedanken zu lesen.« Wieder plagte mich das schlechte Gewissen. Ich hatte Lacy beunruhigt, dabei hatte ich gar keinen konkreten Anlass, Ryan zu verdächtigen. Vielleicht war er ja wirklich infolge einer glücklichen Fügung aufgetaucht.
»Was ist, wenn etwas schiefgeht und er dann sauer ist?« Lacys Augen füllten sich mit Tränen. »Ich liebe ihn, Glory.«
»Dann schiebst du alles auf mich und sagst, ich sei eine Irre, die davon besessen ist, ihm eine Runderneuerung zu verpassen. Ich wollte eben unbedingt wissen, wie er ohne Brille aussieht.«
Lacy kicherte. »Ja, das könnte klappen. Er mag dich, aber ein paar von deinen Freunden sind ihm suspekt.«
» Mir doch auch. Also, bist du dabei? Sollen wir ihm gemeinsam auf den Pelz rücken?«
»Meinetwegen. Und wann?«
»Am Montag, da haben wir Ruhetag. Ich werde ihn für neun herbestellen, mit dem Argument, dass ich ihm noch einen Provisionsscheck schulde.«
»Okay, bis dahin ist noch etwas Zeit. Ich versuche es inzwischen weiter. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, ihm die Brille gewaltsam abzunehmen.«
Ich klopfte ihr beruhigend auf die knochige Schulter. »Bestimmt ist mein Misstrauen völlig unbegründet, und er ist
bloß ein stinknormaler junger Mann mit einigen eigenartigen Hobbys.«
»Ich hoffe, du hast Recht. Gegen sein Interesse an Käfern und Comicromanen habe ich im Grunde nichts einzuwenden, aber wenn er mich betrügt … Er behauptet zwar, er würde keine anderen Frauen treffen, aber es kam schon ein paar Mal vor, dass er abends unterwegs war und mir nur ausweichend Auskunft geben wollte.« Lacy erhob sich und ging zur Tür. »Verdammt, ich drehe noch durch. Ich gehe jetzt auf die Jagd und komme dich dann ablösen. Bis später.«
Sie knurrte Valdez an, der jedoch nicht einmal den Kopf anhob, dann war sie weg. Eine Intervention. Ich sah zum Regal in der Ecke. Die Küchenschabe saß noch immer dort, in einer Pfütze Insektenspray. Vielleicht würde ich schon bald ein paar Antworten auf Fragen erhalten, die ich mir noch gar nicht gestellt hatte.
»Gehen wir heute in die Kirche, Flo?« Ich trug noch meinen Morgenmantel und lümmelte auf dem Sofa, wo ich zum Aufwachen eine Bloody Merry trank.
Flo bürstete gerade ihr langes dunkles Haar. »Ich habe Ricardo gebeten, uns hinzufahren. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?«
»Ich nicht, aber er vermutlich. Ich bin nicht gerade sein persönlicher Liebling.«
Seufz. Ich hatte mich so darauf gefreut, zur Messe zu gehen – und sie diesmal bis zum Ende zu erleben. »Bist du auch ganz sicher, dass du ihm vertraust? Er verabscheut mich.«
»Ich weiß, Glory.« Flo legte mit bedrückter Miene die Bürste weg. »Und ich weiß nicht warum. Damian hasst er genauso,
aber das finde ich verständlich. Mein Bruder ist bei anderen Männern nicht beliebt.«
»Welcher Frauenheld ist das schon? Aber ich habe Richard nichts getan; ich hab lediglich sein auffälliges Verhalten kritisiert. Das kann er mir doch nicht ewig nachtragen.« Und ich konnte Mainwaring nicht ewig misstrauen, wenn aus der Sache zwischen ihm und Flo etwas Ernstes wurde. Er war beinahe jeden Tag hier, wenn ich aus dem Laden kam, so dass ich gezwungen war, den Rest der Nacht mit Valdez im Wohnzimmer vor dem Fernseher
Weitere Kostenlose Bücher