Echte Vampire haben Kurven
Flo. »Ja, sie hat mir die Erlaubnis erteilt, Affären zu haben. Die Erlaubnis.« Er fuhr sich mit den Fingern durch das kurzgeschorene Haar. »Und sie hat sich selbst gelegentlich einen Liebhaber genommen. Trotzdem gehörte ich ihr, mit Haut und Haaren.«
»Lügner. Du wolltest ihr Geld. Du hättest sie jederzeit verlassen können, aber nur mit den Kleidern, die du am Leib hattest.« Flo sah aus wie eine Rachegöttin in meinem Kevlar-BH mit den aufgemalten gelben Zielscheiben. Siezitterte vor Wut.
»Marguerite hat mich nicht fair behandelt. Ich hatte verdient,
worum ich sie gebeten hatte, aber sie hat mich ausgelacht.« Kenneth warf einen Verständnis heischenden Blick in die Runde. Vergebens. Dann wandte er sich aus heiterem Himmel an mich: »Du verstehst das doch sicher, Gloriana. Du hast Blade verlassen, und sieh dir an, wie schwer dein Leben seither ist – du bist gezwungen zu arbeiten, gebrauchte Kleider zu verkaufen.«
Mein letzter Funke Mitleid mit ihm war soeben verloschen. »Ich verdiene mir meinen Unterhalt auf ehrliche Weise, Kenneth, und ich habe mich nie dafür geschämt.«
Jetzt wurde ihm klar, dass er alles verspielt hatte. Diana war in die gegenüberliegende Ecke geflüchtet, möglichst weit weg von ihm. Blade hatte die Hand am Schwertgriff, und Flo und Mainwaring sahen aus, als würden sie Kenneth am liebsten in Stücke reißen. Als er mit einem Aufschrei an mir vorbei zur Tür rannte, streckte ich die Hand nach ihm aus, um ihn zu packen, und Valdez knurrte.
»Lass ihn.« Mainwaring sah erst mich und dann die anderen an. »Es ist vorbei, und das weiß er auch. Ich erledige das.« Er küsste Flo auf die Wange und verließ schweigend die Bibliothek.
Diana sank auf einen Stuhl. Flo ging zu ihr und zog sie gleich wieder auf die Beine. »Hab ich dir mal von meinem Lover in Budapest erzählt? Er war mit einer Spanierin verheiratet, was er mir allerdings verschwiegen hat, aus dem einfachen Grund, weil er sie satthatte.« Und während sie noch von Liebhabern, Zigeunerflüchen und Lipizzanerhengsten plapperte, dirigierte sie Diana aus dem Raum.
Ich sah Blade in die Augen, wohl wissend, dass Valdez uns diskret allein gelassen hatte.
»Was für ein Abend«, murmelte ich. Nicht sonderlich einfallsreich, ich weiß, aber ich war fix und fertig. Es war einfach
zu viel geschehen. Ich wäre beinahe gestorben, und Vampirmagie kann zwar wahre Wunder vollbringen, aber sie kostet auch viel Kraft.
»Ich kann nicht fassen, dass er Marguerite getötet hat.« Blade nahm meine Hand. »Dabei hat er sie früher einmal geliebt.«
»Früher.« Ich fuhr mit den Fingerkuppen über die Schwielen an seiner Hand. Er würde mir niemals Gewalt antun, und er ließ mir meine Freiheiten. Ich wusste, wie schwer das einem Kontrollfreak wie ihm fallen musste. Ja, wir waren Freunde und würden es hoffentlich immer bleiben, sei es nun platonisch oder nicht …
»Hier steckst du also, Jeremiah. Ich habe dich schon überall gesucht.« Mara stand in der Tür. Sie war als Kleopatra verkleidet, mit einer täuschend echt aussehenden Aspisviper um den Hals. Die Seidentoga, die eine Schulter freiließ, hätte ihr auf den Körper gemalt sein können. Ihr Augen-Make-up verlieh ihr einen faszinierenden exotischen Touch.
Dieses Miststück. Sie manipulierte mich. Wollte sie mich aus dem Weg haben? Mit letzter Kraft aktivierte ich meinen Schutzschild.
»Tolles Kostüm, Mara.« Die Viper züngelte. Sie war echt. »Damit gewinnst du bestimmt den Wettbewerb.«
»Der Wettbewerb interessiert mich einen feuchten Kehricht. Ich will wissen, was mit Westwood passiert ist. Alle Vampire reden von Jeremiahs Heldentat. Es heißt, Blut sei geflossen.« Sie packte ihn am Arm. »Wie konnte er entkommen? Du hast ihn doch hoffentlich nicht laufen lassen, um sie zu retten?«
Sie. Mit meinem geknickten Schwanz, den verlorenen Hörnern (wo waren die bloß abgeblieben?) und einem von Damians Seidenhemden anstelle meines verkohlten Korsetts
war ich nicht länger Glory Glamour und für jemanden wie Mara MacTavish ganz offensichtlich keine Konkurrenz.
»Er ist entwischt, weil meine Konzentration nachgelassen hat, Mara. Es tut mir leid.« Blade starrte mich an. Wollte er damit etwa andeuten, ich hätte in abgelenkt? Er schüttelte den Kopf und berührte mich an der Hand. »Das hätte mir einfach nicht passieren dürfen, selbst, wenn du einen ganzen Wald in Brand gesteckt hättest.« Er wandte sich wieder an Mara. »Wir kriegen ihn nächstes Mal.
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