Echte Vampire haben Kurven
Blade, dessen karierter Umhang sich deutlich von Westwoods Tarnanzug abhob, vibrierte förmlich vor mühsam im Zaum gehaltener Kraft. Westwoods Wunde blutete heftiger, sein Kampfgeist schien zu schwinden.
»Was sollen wir tun, Boss?«
Ich schnappte nach Luft, als die Spitze des Pfahles sich noch tiefer in die Rundung meines Busens bohrte, den ich ja um jeden Preis zur Schau stellen hatte müssen. Sollte ich das hier lebend überstehen, würde ich künftig einen Rollkragenpulli aus Kevlar tragen.
»Lass sie frei, Westwood.« Blade hatte die Fänge voll ausgefahren. Westwoods Männer waren sichtlich nervös, aber auch sie trugen getönte Brillen, wie Ryan und Westwood selbst, sodass ich ihre Gedanken nicht lesen konnte. Trotzdem war ich sicher, dass sie sich vor Angst schier in die Hosen machten.
Aber sie hielten mich weiter eisern fest. Kein Wunder, ich war ihr einziger Trumpf. Ich fletschte die Zähne und knurrte: »Seht euch meine Beißer genau an. Und das ist noch gar nichts. Eurer Boss kann euch nicht retten. Mein Hund holt bereits Hilfe, und er wird mit einer ganzen Horde von Vampiren zurückkehren. Wenn ihr am Leben bleiben wollt, dann nehmt jetzt lieber die Beine in die Hand.«
»Sie nehmen nur meine Befehle entgegen.« Westwood klang nach wie vor gefasst. Der Kerl hatte Nerven wie Stahlseile. »Lass mich los, Blade, dann befehle ich meinen Männern, deine Freundin gehen zu lassen.«
»Tu’s nicht, Jerry! Es wäre töricht, seinen Versprechungen zu glauben.«
»Ich gebe dir mein Jägerehrenwort.« Westwoods Augen blitzten hinter den getönten Gläsern auf. »Und das Wort eines Westwood.«
»Das Wort eines Westwood?«, höhnte ich und lachte. »Na, toll. Her mit meiner Bibel, damit du drauf schwören kannst! Dann würde ich dir eventuell glauben.« Westwood zuckte zusammen und sah mit weit aufgerissenen Augen gen Himmel, als müsste er fürchten, von einem Blitz getroffen zu werden.
Wieder lachte ich. »Du hast wohl nicht erwartet, dass Vampire die Bibel lesen, wie? Soll ich vielleicht mal ein paar Stellen daraus zitieren?«
Blade warf mir einen Blick zu, der wohl heißen sollte: »Halt deine vorlaute Klappe und lauf, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet.« Hey, ich versuchte hier, Zeit zu schinden. Die Verstärkung musste bald eintreffen. Ich hatte panische Angst, Jerry könnte den Helden markieren und sich an meiner Stelle pfählen lassen.
»Lass mich einfach los.« Westwood war blass, aber er spielte bis zum bitteren Ende den eiskalten Jäger. Ich dagegen zitterte wie ein Bikini-Mannequin in einem Schneesturm. »Meine Männer werden sie freilassen. Versprochen.«
»Das beruhigt mich sehr, dich nicht auch, Jerry? Aber ehe wir Westwood glauben, sollten wir vielleicht noch Dick und Doof hier fragen, ob sie es wirklich für ratsam halten, einen Vampir so einfach loszulassen.« Prompt umklammerten mich die beiden Schergen noch fester. Meine Chancen standen schlecht, das wusste ich, auch ohne ihre Gedanken gelesen zu haben. Ich schielte auf den hölzernen Pfahl, dessen Spitze bereits mit meinem Blut getränkt war.
Okay, wenn ich je meine Vampirkräfte benötigt hatte, dann jetzt. Ich sammelte meine Gedanken, während ich wie in Trance registrierte, dass sich uns Schreie und Hundegebell näherten. Bitte, bitte, bitte, lass es klappen! Ich hielt die Luft an und starrte in höchster Konzentration auf das Stück Holz.
Ich strengte mich so sehr an, dass ich mir beinahe ins Höschen gemacht hätte.
Heiß. Heiß. Heiß. Come on, baby, light my fire. Plötzlich sah ich eine dünne Rauchfahne, dann eine Stichflamme. Jaaaaaa! Der Pfahl hatte Feuer gefangen! Die beiden Männer schrien auf und ließen mich so abrupt los, dass ich auf den Hintern fiel. Ich hatte es geschafft! Glory Halleluja!
Westwoods Schläger türmten, so schnell sie konnten, doch Glinda alias CiCi, die eben angeschwirrt kam, nahm sofort die Verfolgung auf. Zack, traf ihr goldener Stöckelschuh den einen auf den Hinterkopf, als er hastig über den Zaun kletterte. Und dieser Wirbelwind aus Kunstfell und Stroh, das mussten Frederick und Derek sein, die dem anderen hinterhersausten.
Mir schwirrte der Kopf. Ich sank ins Gras.
»Gloriana.« Schon war Blade neben mir.
Als mir der Geruch von verbrannter Spitze – und, schluck, verbranntem Fleisch – in die Nase stieg, wurde mir schwarz vor Augen. Wie durch einen Schleier hindurch nahm ich wahr, dass mir Flo den Pfeil aus dem Arm zog und sanft die Finger auf die Wunde drückte. Ich spürte
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