Echte Vampire haben Kurven
vergrub das Gesicht in seinem Fell, das tatsächlich nach Fruchtsalat roch. Eine Träne stahl sich über meine Wange. Zum Glück war Tony viel zu sehr damit beschäftigt, den widerspenstigen Motor anzuwerfen, um es zu bemerken. Toller Abend. Ganz toll.
DREIUNDZWANZIG
Vierundzwanzig Stunden später lag ich gemütlich in meinem Wohnzimmer, von Freundinnen umringt. Nach einem langen, heilsamen Vampirschlaf war ich wieder ganz die Alte, körperlich jedenfalls. Seelisch fuhr ich Achterbahn. Eben war ich noch ganz high gewesen, weil ich es geschafft hatte, einen Pfahl zum Brennen zu bringen, einen Augenblick später war ich down, weil mir bislang weder Blade noch Damian einen Krankenbesuch Abgestattet hatten.
Diana hatte mir eine verlässliche Studentin vermittelt, die im Laden für mich einsprang, damit ich mich noch einen Abend lang erholen konnte. Lacy war gerade dabei, sie einzuarbeiten. Die Tatsache, dass meine Nachbarin nach einer heißen Nacht mit ihrem Wolf nun mit einem Dauergrinsen im Gesicht herumlief, hatte meine Stimmung auch nicht gerade positiv beeinflusst.
Ich war zu dem Schluss gekommen, dass ein Seinfeld-Marathon jetzt genau das Richtige war, um uns aufzuheitern. Lachen ist schließlich die beste Medizin, und Flo tat ein Übriges mit ihrer Behauptung, Seinfelds verrückter Nachbar Kramer müsse ein Werwolf sein.
»Sieh dir mal seine Haare an, Glory. Ich wette, der heult regelmäßig den Mond an. Wenn ich doch bloß an ihm riechen könnte …«
Sie hatte ihrem Bruder eine Kiste Blutonic abgeschwatzt, als Genesungspräsent für mich. Es war Zeit für einen Trinkspruch.
Diana und CiCi war zwar noch nicht wieder zum Feiern zumute, trotzdem hoben sie ihre Gläser und warteten darauf, dass ich etwas Geistreiches von mir gab.
»Auf Frauen-Vampir-Power! Wir sind die größten!« Ich weiß, ziemlich lahm, aber es passte.
»Darauf trinke ich.« Flo prostete mir lächelnd zu. »Großartige Idee, so ein Weiberabend. Es geht doch nichts über Freundschaften unter Frauen.«
»Jedenfalls sind sie weit weniger kompliziert als Freundschaften mit Männern.«
Ich starrte auf mein Glas. »Jerry hat meinetwegen die Chance vertan, sich an Westwood zu rächen, und Damian …«
»Damian ist mit niemandem ›befreundet‹. Zumindest nicht viel länger als eine Nanosekunde.« Diana kippte ihren Drink hinunter und griff nach der Flasche, um sich nachzuschenken.
»Diana hat Recht, Glory. Konzentrier dich lieber auf Jeremiah.« Flo nahm die Fernbedienung zur Hand. »Seid ihr bereit für die nächste Folge?«
»Noch nicht ganz.« Jeremiah. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass sich etwas Entscheidendes zwischen uns geändert hatte, und zwar nicht gerade zum Besseren. Aber ich hatte keine Lust, jetzt mein Liebesleben zu analysieren.
»Wo steckt eigentlich Richard, Florence?« Ich hatte angenommen, er würde vorbeikommen und meine Mitbewohnerin wie üblich anschmachten.
Florence wechselte einen Blick mit Diana. »Wir legen eine Pause ein. Seine Mission ist eine ziemlich diffizile Angelegenheit. Weitaus schlimmer, als ich dachte. Richard ist … erbarmungslos.«
»Erbarmungslos?« Ich hob eine Augenbraue. »Das sagt ausgerechnet die Frau, die ich gerade noch davon abhalten konnte, eine hilflose alte Dame aus dem Weg zu räumen, nur weil sie ihr im Schuhladen in die Quere kam?«
»Ich bin selbst eine hilflose alte Dame, und für Ferragamos im Ausverkauf gehe ich eben über Leichen.« Flos diabolisches Grinsen ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie beim nächsten Mal ernst machen würde.
»Was ist denn nun wirklich das Problem mit Richard? Er ist mir irgendwie ans Herz gewachsen.« Ich weiß, das kommt etwas überraschend, aber es hatte mich beeindruckt, wie souverän und diskret er gestern dafür gesorgt hatte, dass Kenneth bekam, was er verdiente. Ich war heilfroh, dass ich das nicht miterleben hatte müssen, und Diana zweifellos noch viel mehr.
»Na, du hast doch gehört, was er gesagt hat!« Flo knallte ihren Drink auf den Tisch. »›Ich erledige das‹, als wäre ich ein hilfloses Weibchen.«
CiCi schüttelte den Kopf. »Das tun sie alle; jedenfalls diese ganzen Machos aus grauer Vorzeit. Wir brauchen jüngere Männer; Männer, die begriffen haben, dass Frauen ihnen mehr als ebenbürtig sind.«
»Du sagst es.« Diana führte sich das Glas an die Lippen. »Trotzdem: Was Richard getan hat, war sehr edel. Wie soll sonst für Gerechtigkeit in der Vampirgemeinde gesorgt werden, wenn ein solches Verbrechen
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