Echte Vampire haben Kurven
dem Nachttisch ab. »Gut. Vielleicht hat Derek dann endlich Zeit für die Recherchen, mit denen ich ihn beauftragt habe.«
»Ich finde es toll, dass du Westwood den Kampf ansagen willst, aber es wird Zeit, dass wir ihn mal kurz vergessen und uns ein bisschen amüsieren.« Flo ging zu meinem Kleiderschrank
und holte einen schwarzen Lederminirock heraus. Puh. Eindeutig zu viel »Beinfreiheit«. Ich besaß vorteilhaftere Outfits. Sie hängte den Rock zurück und brachte stattdessen ein blaues Top mit V-Ausschnitt zum Vorschein, sowie einen knielangen Tellerrock, blau bedruckt und mit Pailletten bestickt. Das war schon eher mein Fall – und meine Farbe. Sie nickte und legte beides aufs Bett.
»Wir müssen ausgehen, zeigen, dass wir keine Angst haben. Dem Feind quasi ins Gesicht spucken.«
»Das werden Jerry und Damian aber gar nicht gutheißen.«
»Ich genauso wenig, Süße. Vergiss es.« Valdez erklomm das Bett.
»Runter! Du zerdrückst Glorys Klamotten!« Flo schob ihn vom Bett. »Und außerdem nehmen wir keine Befehle von Haustieren entgegen.«
»Haustiere?« Valdez fletschte die Zähne. »Soll ich dir mal demonstrieren, wozu ein ›Haustier‹ wie ich fähig ist?«
»Au, ja!« Flo klatschte in die Hände. »Zeig mir einen deiner Tricks!« Oh-oh. Ich stöhnte.
»Von wegen Trick – das dient alles zur Verteidigung von Blondie hier.« Valdez schüttelte den Kopf und schien sich innerlich zu sammeln. Er begann zu knurren, dass sogar mir angst und bange wurde, seine Zähne wurden länger, fast wie bei einem Vampir, und dann katapultierte er sich förmlich über mich und das Bett hinweg auf die gegenüberliegende Seite des Zimmers.
»Ta-da!«
»Fabelhaft!« Flo lachte und eilte ins Wohnzimmer. »Da klopft jemand. Wir bekommen Besuch. Zieh dich an, Glory. Wir nehmen Valdez mit, wo immer wir hingehen.«
»Ich kann noch viel mehr, aber man hat mir aufgetragen, eure Wohnung nicht zu verwüsten.«
»Das freut mich zu hören.« Ich schloss die Schlafzimmertür und machte mich auf den Weg ins Bad. Die Sterblichen sagen immer, das Leben sei kurz, und man solle jeden Tag so leben, als sei es der letzte. Bei uns Vampiren heißt es: Das Leben ist lang, lebe jeden Tag, als wäre es der erste. Also würde ich ausgehen. Ich würde höchste Vorsicht walten lassen, aber ich würde ausgehen. Meine Körpertemperatur betrug, wie ich seit gestern wusste, gerade mal siebzehn Grad – na und? Das ist nicht weiter schlimm, im Gegenteil. Das – und natürlich mein langsam schlagendes Herz (unseren Puls hatten wir nämlich auch gleich überprüft) – ermöglicht es mir überhaupt erst, ewig zu leben.
Ich habe bereits so einige Jahre auf dem Buckel, von denen ich »viel zu viele verschwendet habe«, wenn man Flo Glauben schenken will. Vielleicht war es an der Zeit, mich auf mein Vampirwesen zu besinnen. Meine speziellen Fähigkeiten zu trainieren. Flo konnte mich dabei unterstützen, und sie würde es nur zu gern tun. Ich hatte zwar noch meine Zweifel, was die Metamorphose anging, aber es gab ja noch andere Tricks. Ich trat ins Wohnzimmer, wo ich nebst Valdez und Flo unsere Nachbarin Lacy antraf.
»Unser erster freier Tag, Boss. Ich habe jemanden gefunden, der die Tagschichten mit mir übernimmt, sofern du einverstanden bist.« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Korridor.
»Sie hat sich einen Freund geangelt, Glory.« Flo hob ihre Dose, als wollte sie Lacy zuprosten. »Hol ihn rein, Lacy. Wir werden dir gleich sagen, was wir von ihm halten.«
Lacy sah zu Valdez hinunter. »Er ist ein Sterblicher, und er glaubt, dass wir das ebenfalls sind, okay?«
»Sie meint, wir sollen uns entsprechend benehmen. Kapiert, Valdez?« Ich holte meine Bloody Merry aus dem Schlafzimmer
und kippte mir den Rest in die Kehle. Jetzt war ich bereit für die Welt. »Her mit dem Knaben.«
Ich war auf alles gefasst, nur nicht auf Palmer Ryan Dexter den Fünften. Aus unerfindlichen Gründen hatte ich angenommen, Lacy würde auf sportliche Typen stehen, doch der Mann, der nun unsere Wohnung betrat, war angezogen wie der Große Gatsby, von der Schiebermütze bis zu den zweifarbigen Budapestern. Ryan, wie er genannt werden wollte, sah gut aus, keine Frage, und sein Stilempfinden war eindeutig ein Vorteil, wenn er in einem Laden für Vintage-Mode arbeiten wollte. Er hatte lediglich etwas zu viel Gel im Haar. Ich hielt Valdez vorsichtshalber am Hundehalsband fest und hätte schwören können, dass er grinste, als er unseren Besucher erblickte, der Lacy durch
Weitere Kostenlose Bücher