Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
Alex das Gelächter und Gejauchze von nebenan gehört hatte, war sie nach draußen gegangen und hatte einen kleinen Strandspaziergang gemacht, um einen klaren Kopf zu bekommen und den leichten Kater zu vertreiben, der ihr zu schaffen machte, auch wenn sie das den ganz Morgen nicht hatte wahrhaben wollen. Als sie wieder auf ihr Zimmer zurückkehrte, herrschte nebenan Stille. Die beiden Herumtreiber hatten sich ihrer Müdigkeit ergeben und schnarchten leise vor sich hin. Alex begann zu packen.
Morgen würde es nach Hause gehen.
Komisch, die Woche war so schnell vergangen, und trotzdem hatte sie das Gefühl, dass seit ihrer Abreise eine Ewigkeit vergangen war.
Eine Ewigkeit, in der ihre Gefühle Achterbahn gefahren waren.
Sie fühlte sich wie einer der Martini-Cocktails, die sie am Abend zuvor so genüsslich in sich hineingekippt hatten. Geschüttelt und obendrein auch noch gerührt. Doch nun war sie nur noch eine Nacht hier, und dann ging es nach Hause. Und sie würde Jake wiedersehen.
Bei diesem Gedanken wurde ihr irgendwie eigenartig zumute.
Genau genommen fühlte sie sich doch nicht wie einer der Cocktails; sie fühlte sich wie Orpheus bei seiner Rückkehr aus der Unterwelt, der wider alle Vernunft hoffte, dass Eurydike wie versprochen hinter ihm war, und verzweifelt versuchte, sich nicht zu früh nach ihr umzusehen.
Klang das ein bisschen zu melodramatisch? Wahrscheinlich, aber die Aussicht, Jake wiederzusehen, erfüllte sie sowohl mit Hoffnung als auch mit Angst, weshalb melodramatisch genau das treffende Wort war, um zu beschreiben, wie sie sich fühlte.
Das Klingeln von Remys Telefon riss Frazer und Remy aus dem Schlaf. Es klingelte, bis die Mailbox ansprang, und ein paar Sekunden später klingelte es erneut. Als das Handy zum dritten Mal Remys Klingelton, »You sexy Thing« von Hot Chocolate, anspielte, war sie endlich wach genug, um den Anruf entgegenzunehmen.
Da sie den immer noch leise vor sich hin schnarchenden Frazer nicht wecken wollte, nahm sie das Telefon mit ins Bad, doch als sie zurück ins Zimmer kam, war er hellwach und lächelte wie Mona Lisa.
»Da fällt mir etwas ein«, sinnierte Remy und drückte sich das Handy an die Unterlippe, während sie das glückselige Gesicht ihres Freundes betrachtete. »Ich war so damit beschäftigt, dir in allen Details von meinem Abend zu erzählen, dass ich gar nicht daran gedacht habe, dich zu fragen, was du eigentlich letzte Nacht getrieben hast…«
Frazers Lächeln verbreiterte sich zu einem freudigen Strahlen, und er bedeutete Remy, näher zu kommen.
»Kannst du ein Geheimnis wahren?«
»Wie komisch«, entgegnete Remy und sah ihn stirnrunzelnd an. »Du bist jetzt der Zweite, der mir genau diese Frage innerhalb der letzten fünf Minuten gestellt hat.«
Um vier Uhr erschienen Remy und Frazer schließlich in Alex’ Zimmer, stibitzten sich die Kekse, die ihren Tee und ihren Kaffee begleitet hatten, verkündeten, dass sie sich, um sich für die Siegerehrung fertig zu machen, wieder auf ihr Zimmer zurückziehen würden, da Frazer Hilfe beim Binden seiner Krawatte
benötige, und schon waren sie wieder verschwunden und ließen Alex allein, damit sie sich ebenfalls zurechtmachen konnte.
Um sechs stand sie geduscht und geföhnt vor dem Kleiderschrank und erwog ihre Möglichkeiten.
Sie hatte noch ein Kleid übrig, dass sie noch nicht getragen oder Remy ausgeliehen hatte. Allerdings gab sie sich nicht dem Irrglauben hin, dass zwei morgendliche Joggingausflüge gereicht hatten, damit es ihr passte.
In dem Moment klopfte es an der Tür.
Es war ein Hotelpage mit einem Paket.
»Ms. Alex Gray?«
»Ja.«
»Ein Paket für Sie. Würden Sie bitte hier unterschreiben?«
Alex seufzte. »Von wem ist es?«
Der Page zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, Madam. Es wurde offenbar von jemandem persönlich an der Rezeption abgegeben, deshalb haben wir keine weiteren Informationen. Vielleicht befindet sich ja eine Karte in dem Paket.«
Er hatte recht. Als Alex das Paket öffnete, fand sie darin etwas sorgfältig in schwarzes Seidenpapier Gewickeltes mit einer daraufliegenden weißen Karte.
»Trag es heute Abend.«
Das war alles, was auf der Karte stand. In Maschinenschrift, nicht mit der Hand geschrieben, ohne Unterschrift und ohne Erklärung.
Alex legte die Karte beiseite und packte das Präsent vorsichtig aus.
Es war ein Kleid, ein atemberaubend schönes, dunkelblaues Diane-von-Fürstenberg-Kleid aus einem Seidenmischgewebe mit ausgeformten Schultern und
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