Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
Freunde gewesen waren, war ihre Beziehung nach einem Sommer, in dem sie voneinander getrennt gewesen waren, weil Simon ein Praktikum absolviert hatte und Remy gereist war, und in dem sie beide gespürt hatten, dass sie einander stärker vermisst hatten, als sie es für möglich gehalten hätten, auf die nächste Stufe gerückt. Seitdem waren sie zusammen gewesen. Und kaum einen Tag voneinander getrennt.
Und jetzt…
Jetzt existierte die Zukunft, die sie sich ausgemalt hatte, auf einmal nicht mehr, eine Zukunft, in der es eine Hochzeit und größere Häuser gegeben hatte und Babys, die zu Kindern heranwuchsen und dann zu Teenagern und Erwachsenen, eine Zukunft mit einem Haufen prächtiger Enkelkinder und einer Ruhestands-Villa in Südfrankreich. Jetzt war da nur noch diese riesige Leere, dieses gewaltige Nichts.
Eine Leere, die sie mit Haut und Haar zu verschlingen drohte.
James schob vorsichtig die Tür zu Remys Zimmer auf und steckte zaghaft den Kopf durch den geöffneten Spalt. Als er sah, dass sie wach war, trat er ein und schloss leise die Tür hinter sich.
»Guten Morgen, Pumpkin. Wie geht’s meinem Mädchen?«
Die liebvolle Anteilnahme und die unverkennbare Besorgnis in seiner Stimme ließen Remy auf der Stelle wieder in Tränen ausbrechen.
Er konnte keine Worte finden, aber er konnte ihr das eine anbieten, was Remy wirklich von ihm wollte. Eine Umarmung.
Er eilte zu ihr und setzte sich neben sie, nahm sie in seine langen Arme, als ob sie wieder ein kleines Mädchen wäre, und sie sagten nichts mehr, klammerten sich nur aneinander, und Remy zog Trost und Kraft aus seiner Umarmung.
»Dann hat deine Mutter also recht?«, brachte er schließlich heraus. »Du und Simon, ihr seid kein Paar mehr?«
Remy nickte kläglich. »Es ist aus«, krächzte sie.
»Und er… äh … hat dich wegen jemand anderem verlassen.«
»Ja, Dad, wegen eines Mannes.«
»Tja, das hätte ich nie gedacht. Wer hätte sich das vorstellen können? Im ersten Moment dachte ich, deine Mutter hätte sich an der Ginflasche gütlich getan.«
Das Lächeln, das sie sich abrang, war schwach und sehr unsicher, aber immerhin war es ein Lächeln.
»Ich kann es einfach nicht glauben«, fuhr er fort, zog ein großes Taschentuch aus seiner Hosentasche und hielt es ihr hin.
»Es ist wahr«, flüsterte Remy.
»Egal ob Mann oder Frau - der Kerl ist ein Idiot, dass er sich von dir trennt.«
»Danke, Dad.«
»Es stimmt, Darling. Weißt du, dass du genauso aussiehst wie deine Mutter, als sie so alt war wie du?«
»Tatsächlich?«
»Na ja, abgesehen von den Pandaaugen«, entgegnete er sanft und wischte ihr mit dem Daumen verschmierte Mascaraspuren aus dem Gesicht, »und der Haarfarbe deines bescheuerten Vaters, oder besser gesagt der Farbe des Haars deines Vaters, als er noch welches hatte … Ansonsten bist du deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, und deine Mutter war immer eine tolle Frau. Die Männer haben ihr die Bude eingerannt, als ich sie kennenlernte. Noch heute muss ich manchmal gewisse Gäste mit meinem Golfschläger abwehren … Und wenn du nicht so lange mit diesem einen Mann zusammen gewesen wärst, hätten sie dir genauso die Bude eingerannt.«
Das matte Lächeln wurde ein wenig kraftvoller.
»Ich weiß nicht …«
»Ich weiß es aber. Du bist eine umwerfende junge Frau, Remy Daniels, innerlich und äußerlich, und das sage ich nicht nur, weil du meine Tochter bist. Klar, du, machst gerade eine schlechte Zeit durch, aber in einer solchen Situation ist das Beste, was du tun kannst, nach vorne zu blicken … Du kennst doch den Spruch: Bevor du den Mut verlierst, steigst du besser sofort wieder aufs Pferd und gehst die Hindernisse an.«
»Besser werfe ich meine Reitstiefel in die hinterste Schrankecke und vergesse, dass ich welche habe«, schniefte Remy und putzte sich mit dem riesigen Taschentuch ihres Vaters die Nase.
»Sei nicht albern, mein Schatz. Nur weil es mit Simon nicht geklappt hat, heißt das nicht, dass du nicht irgendwann mit jemand anderem glücklich werden kannst. Ich weiß, dass du dir das jetzt beim besten Willen nicht vorstellen kannst und dass dies genau eine dieser furchtbaren Floskeln ist, mit denen dich jetzt alle Welt überhäufen wird, aber mit der Zeit wird es dir wieder besser gehen, und du wirst jemand anderen kennenlernen. Ich glaube aufrichtig daran, dass nichts im Leben ohne
Grund geschieht. Und ich glaube auch daran, dass wir Menschen dafür geschaffen sind, einander kennenzulernen und zu
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