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Echtzeit

Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Reitz
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verbannt.
     
    »Ah, kommst du doch noch!«, rief Jo aus, doch der Neuankömmling ignorierte ihn. Stattdessen fixierte er Nina mit seinem Blick.
    »Du bist wirklich da!« Er war völlig außer Atem, sein Gesicht war rot und sein Oberkörper hob und senkte sich in einem schnellen Rhythmus. Er musste die Treppen hier hoch bis in den vierten Stock gerannt sein.
    »Tom«, formten ihre Lippen, doch sie war sich nicht sicher, ob ihre Stimme zu hören war. Nur langsam begriff ihr Gehirn, dass das keine Fata Morgana war, keine ihrer vielen Wunschvorstellungen. Das hier war sowas von echt!
    »Entschuldige, Nina«, unterbrach Jo die Stille, »aber ich durfte es dir nicht sagen. Er wollte dich überraschen. Ist ihm wohl gelungen.« Er giggelte leise.
    »Ach, halt die Klappe, Jo.«
    Tom ließ den Gurt von seiner Schulter gleiten. Dumpf fiel die Tasche auf den Boden. Er schritt um den Tisch herum und knöpfte dabei seinen Mantel auf. Verdammt, er sah verboten gut aus und das, obwohl seine Haare viel, viel kürzer waren. Sie reichten ihm nur noch bis zum Kinn, aber die wirren Strähnen zeugten noch immer von Rebellion. Mit leuchtenden Augen kam er auf sie zu und breitete die Arme aus. Wie automatisiert schob Nina den Stuhl zurück und erhob sich langsam. Das alles kam ihr in diesem Augenblick so unwirklich vor und ihre Gefühle ließen sich nicht eindeutig definieren. Sie schwankten zwischen absoluter Sehnsucht und großem Entsetzen hin und her. Hasste er sie jetzt? Würde er ihr die Szene machen, zu der er damals nicht mehr in der Lage gewesen war, weil sie ihm keine Chance dazu gegeben hatte? Oder …? Ja, was gab es denn noch für Alternativen? Sie wusste, sie hatte ihn damals tief, sehr tief verletzt und zu glauben, er würde es ihr verzeihen, war sehr vermessen. Vielleicht zu vermessen.
    Wie angewurzelt stand er nun zwei Schritte vor ihr und sein Mund verzog sich zu dem ihr vertrauten, schiefen Lächeln. Ehe sie sich versah, zog er sie fest in seine Arme und drückte seine Nase in ihr Haar. Sie spürte einen tiefen Atemzug und ein Schauer lief ihr über den Rücken.
    »Nina«, flüsterte er ihren Namen, sodass nur sie es hören konnte, und zog sie noch enger an sich. Seine Wärme, seine Nähe und die Sicherheit, die er ihr bot, ließ sie fast vergessen, dass seit ihrer gemeinsamen Neujahrsnacht mehr als zwei Jahre vergangen waren. Es fühlte sich so richtig an und Anderes verlor an Bedeutung. In den letzten Wochen hatte sie sich nicht annähernd so zu Hause gefühlt wie in diesem Moment. Die Tränen begannen, sich einen Weg in ihre Augen zu kämpfen und alles, was sie bedrückte, wollte mit Gewalt herausbrechen. Doch sie riss sich zusammen – ein lang unterdrückter Heulkrampf war jetzt nicht angemessen. Ein kurzes Zittern konnte sie jedoch nicht vermeiden.
    »Hey …« Er schob sie ein Stück von sich. »Alles in Ordnung?«
    Sie nickte stumm.
    Wie immer strich er mit dem Daumen über ihre Narbe. »Sicher? Du bist ganz blass um die Nase.«
    »Ja, alles in Ordnung. Ich bin nur überrascht, dich zu sehen. Du siehst gut aus.«
    Wieder dieses schiefe Lächeln. »Danke. Du aber auch.« Er wickelte eine pinke Strähne um seinen Finger und ließ sie neckisch wieder heruntergleiten. »Hm, gefällt mir.«
    Sofort schoss ihr die Hitze in die Wangen. Mein Gott, er war noch immer der einzige Kerl, der es schaffte, sie rot werden zu lassen.
    Mit einer schnellen Bewegung strich er noch einmal über ihr Gesicht. »So ist's noch viel besser.«
    Räuspernd rückte Jo sich auf seinem Platz zurecht. »Ich unterbreche eure Wiedersehensfreude ja nur ungern, aber wir haben auch noch ein bisschen was zu arbeiten.«
    Umgehend löste sich Tom von ihr und nahm auf dem leeren Stuhl zwischen ihr und Jo Platz.

 
    Kapitel 9
     
    Fest an Elvis' Konterfei gepresst rang Nina verzweifelt nach Luft. Ihre Füße hatten den Kontakt zum Boden verloren und Jo rubbelte sie noch einmal fest gegen seine Brust.
    »Versprich mir, dass du morgen kommst. Bitte, bitte«, jammerte er mit kindlicher Stimme.
    »Jo, du erdrückst sie«, mahnte Tom.
    Endlich löste sich der Druck um ihren Oberkörper und sie spürte festen Boden unter sich. Sie schnappte erleichtert nach Luft, während sie ihre Haare sortierte.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann, aber ich verspreche nichts.«
    Beleidigt schob der Hüne die Unterlippe vor und spielte an den Bändern ihres Kapuzenpullis. Was für ein Kindskopf!
    »Nichts da, die Nummer zieht bei mir nicht«, schnaubte sie.
    Tom schüttelte

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