Echtzeit
dann schlüpfte sie durch die Tür und wurde von den künstlichen Nachtlichtern auf dem Hotelflur empfangen.
Die Maske hatte ganze Arbeit geleistet. Nina betrachtete sich selbst in einem der Kontrollmonitore. Die Augenringe waren nicht mehr zu sehen, ihre spröden Lippen waren nun zartrosa und selbst ihr stumpfes, sprödes Haar glänzte im Licht der Scheinwerfer. Ihr war danach, herzhaft zu gähnen, doch da wurde der Countdown für die nächste Moderation bereits angesagt.
»Hej allihopa!«, rief der Moderator aufgeregt.
»Hej!« Nina winkte zuckersüß in die Kamera.
Der Moderator quasselte rasend schnell in seiner Muttersprache. Nina schnappte ein paar Vokabeln auf. Fartyskög hieß so viel wie Stau, das hörte sie oft im Radio, wenn sie in einem Taxi von A nach B fuhr. Bil war im Schwedischen das Auto. Naja, das passte zum Stau, nur das Wort spörvagn wollte ihr nicht einfallen, obwohl sie es schon einmal gehört hatte. Während sie amüsiert nach der Bedeutung der schwedischen Wörter in ihrem Gehirn wühlte, um sich wenigstens ein bisschen zu beschäftigen, wechselte der Moderator ins Englische.
»Nina, when will you tell us something about your private life?«
»Well, the answer is easy: It's my private life.«
Der Moderator grinste breit und legte seine Moderationskarten auf den Tisch. Nina wusste zu genau, was jetzt kommen sollte. Er wandte sich ihr zu, legte die Hände in seinen Schoß und sah sie so an, wie es sonst nur ihre Großmutter getan hatte, um ihr beizustehen. Doch er wollte ihr nicht beistehen.
»Come on, girl«, sprach er weiter in Englisch. »Erzähl uns, was ist da dran an den Gerüchten? Läuft da etwas zwischen dir und Esko, dem Finnen? Ihr würdet sehr gut zusammenpassen.«
Nina blickte neben die Kamera. Hinter der Maskenbildnerin, die für Ninas gutes Aussehen verantwortlich war, stand Tom. Seit dieser dämlichen Show wurde sie immer wieder nach Esko gefragt und auch zwischen ihr und Tom war das bereits Thema gewesen. Ein überaus Unangenehmes, denn Tom erwies sich als sehr eifersüchtig. Jetzt stand er keine drei Meter von ihr entfernt und doch schien er in einer vollkommen anderen Welt zu leben, dort im Schatten der Scheinwerfer. Seine Miene war ausdruckslos.
»Esko ist ein guter Freund, mehr nicht«, antwortete Nina schließlich mit einem süffisanten Lächeln, dass ihre Lüge überdeckte.
Damit war das Thema für den Moderator wohl erledigt, denn er forderte sie auf, mit ihm an den gedeckten Frühstückstisch zu kommen. Nina hatte sich im Vorfeld diese Sendung bereits einmal angesehen und sie wusste, dass sie jetzt nur noch schmückendes Beiwerk war. Hier und da einen Kommentar zu einem der Beiträge abgeben und fertig.
Sie entspannte sich und warf Tom ein Lächeln zu, das er mit einem Zucken seines Mundwinkels erwiderte.
Der Frühstückstisch war reich gedeckt. Orangensaft, Wurst und Käse – der mit den Kräutern, den sie besonders gern mochte, war auch dabei. Dazu gab es Filmjölk, eine Art Buttermilch, die zum Frukost, dem Frühstück, gereicht wurde.
Der Moderator war so höflich und zog ihren Stuhl ein wenig zurück, sodass sie sich bequem setzen konnte. Ihr knurrte der Magen und sie freute sich auf das schwedische Frühstück. Überhaupt fühlte sie sich in Skandinavien sehr wohl.
Sie ließ ihre Augen über den Tisch schweifen und überlegte, mit welcher Leckerei sie beginnen sollte. Frischer Lachsgeruch stieg ihr in die Nase.
»Mmh ...« Sie griff nach dem Teller mit den hübsch angerichteten Fischstreifen. Doch plötzlich wurde ihr speiübel. Der Fischgeruch ließ sie würgen. Sie konnte gerade noch die Hand vor den Mund schlagen und fluchtartig aus dem Studio rennen.
Kapitel 17
»Hey, wir sind da.«
Toms Hand streichelte sanft über ihre Schulter. Sie war im Taxi eingeschlafen. Nachdem sie sich auf der Toilette des Senders übergeben hatte, war man so nett gewesen, sie frühzeitig gehen zu lassen. Niemand wollte einen kotzenden Rockstar im Fernsehen sehen. Auch nicht die Schweden.
Mit wackeligen Beinen kletterte sie aus dem Wagen und ließ sich dabei von Tom stützen. »Ich glaub, ich hab ne dicke Grippe«, schniefte sie und lehnte sich gegen Toms Brust.
»Na, komm. Wir verfrachten dich ins Bett.«
»Heute Mittag ist der Termin im Radio.« Sie schlang die Arme um seine Taille, um mehr Halt zu haben.
Er drückte sie noch enger an sich und hauchte einen Kuss in ihr Haar. »Erst mal gehörst du ins Bett.«
Sie hatte keine Kraft mehr, um etwas
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