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Echtzeit

Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Reitz
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Stimme.
    »Darf man denn noch träumen? Von einer Nacht mit dir, vielleicht?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, ich will wissen, ob du noch zu haben bist oder ob bereits ein Anderer deine Körperkunst erkundet.«
    »Das sind ziemlich private Fragen, aber nein.« Sie warf einen Blick durch die Scheibe, auf deren anderer Seite Tom stand. »Nein, es gibt niemanden in meinem Leben.« Ihre Stimme musste so ernst geklungen haben, sie kaufte es sich sogar selbst ab. Sie konnte nur noch sehen, wie Tom auf dem Absatz kehrtmachte und den Vorraum verließ.
    Mit viel Glück – sehr viel Glück –würde er unten auf sie warten.
     
    Der Regen fiel in feinen Fäden zu Boden, als Nina das Gebäude des Senders verließ. Tom hatte nicht auf sie gewartet. Bis zum Taxistand waren es nur wenige Meter. Sie zog die Kapuze ihres Parkers auf, steckte die Hände in die Jackentasche und zog die Schultern hoch. Dann verließ sie das überdachte Gelände, doch sie entschied sich gegen ein Taxi. Sie brauchte frische Luft und ein paar Momente des Alleinseins, egal, ob es regnete oder nicht.
    Der Wind blies ihr feine Tropfen ins Gesicht. Es war angenehm kühl und es half ihr, klar zu denken. Esko war dabei, sich zwischen sie und Tom zu drängen. Um ehrlich zu sein, hatte er es längst geschafft. Und das nicht erst, seitdem er in der Presse damit prahlte, ihre intimsten Geheimnisse zu kennen.
    Als wäre es ein Zeichen des Universums, tauchte in ihrem Blickfeld eine Litfaßsäule auf, die über und über mit Eskos Konterfei überzogen war. Sie musste sich eingestehen, sein Lächeln war unschlagbar charmant und sein rotblondes Haar, das immer in alle Richtungen abstand, lud einfach dazu ein, sich darin zu verkrallen. Der schnuckelige Akzent, wenn der Finne Englisch sprach oder sich sogar an deutschen Wörtern versuchte, um sie zu beeindrucken, tat sein Übriges.
    Sie blieb stehen und seufzte tief. Niemals hätte sie sich darauf einlassen dürfen, aber all das kam ihr vor wie aus einer anderen Welt. Einer Welt, in der es keinen Tom gab und keine Wohnung in Berlin.
    Sie kam an eine kleine Geschäftsstraße. Ein Supermarkt, ein Bäcker und eine Drogerie. Sie wusste, wo sie war und das Hotel war höchstens noch zehn Minuten entfernt. Der Regen hatte inzwischen nachgelassen und Nina streifte sich die Kapuze vom Kopf. Vor der Drogerie blieb sie stehen. Ihr fiel ein, dass sie kaum noch Tampons in ihrem Reisegepäck hatte und eigentlich sollte es bald wieder so weit sein.
    Wieder wurde ihr schwindelig und sie stützte sich an einer Straßenlaterne ab. Diesmal war es nicht ganz so schlimm. An der frischen Luft ließ sich die Übelkeit aushalten. Rasch ging es ihr besser und so schnell der Schwindel gekommen war, so schnell war er auch wieder verflogen. Ihr war klar, dass sie jetzt dringend in die Drogerie musste. Sie hoffte inständig, dass ihre Vermutung eben nur eine Vermutung war.
     
    Als Nina das Zimmer betrat, lag Tom auf dem Bett und zappte durch die Kanäle. Sie stellte die Papiertüte auf dem Tisch ab und öffnete ihre Jacke.
    »Hey«, sagte sie vorsichtig und hing ihre Jacke über einen Bügel. Tom antwortete nicht. Mutig trat sie näher an das Bett heran. Wenn sie wirklich das war, was sie dachte, musste sie mit offenen Karten spielen. An der Bettkante blieb sie stehen. Er schaltete den Fernseher aus und starrte sie stumm an.
    Quälende Minuten ließ er sie seinen eiskalten Blick aushalten. Allein sein Schweigen sorgte für stechende Schmerzen in ihrer Brust.
    »Tom, ich ...«
    »Liebst du mich?« Er verzog keine Miene, als er sie fragte.
    Sie zögerte, huschte nervös mit ihren Blicken durch das Zimmer, trat vom linken Fuß auf den rechten und holte tief Luft. »Ja, aber das weißt du ja.«
    »Sicher? Du hast lang gebraucht, um auf meine Frage zu antworten und wirklich gesagt hast du es mir auch nie.«
    Er legte die Fernbedienung auf den Nachttisch und griff nach der Zeitschrift, die dort lag. Wütend pfefferte er sie in ihre Richtung. Sie sah die Titelseite. Ein Paparazzifoto von Esko und ihr, Arm in Arm in einer Stockholmer Diskothek.
    »Weißt du, im Gegensatz zu den Journalisten hab ich dir abgekauft, dass da nichts gelaufen ist.«
    Nina spürte, wie wieder die Übelkeit in ihr aufstieg. Eine verzweifelte Träne kämpfte sich den Weg frei und rann still über ihre Wange. Sie nahm die Zeitschrift und legte sie mit der Titelseite nach unten auf den Nachttisch.
    »Ich habe dir sogar geglaubt, als du gesagt hast, es gibt niemanden in deinem

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