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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Aufsätze in Fachzeitschriften las, hatte er den Eindruck, dass sein Interesse an »algorithmischen Strukturen« größer war, als das am Nettogewinn seines Unternehmens jemals gewesen war. Ein schlampiges Management war zu verkraften, solange sich das Unternehmen im Aufwind befand, aber als die Konkurrenz eine härtere Gangart anschlug, konnte Si nicht mehr mithalten. Darüber hinaus entdeckte er in der Mitte seines Lebens eine Leidenschaft für abstrakte Gedankenspiele, die ihn zunehmend der realen Welt entfremdeten, sodass er ohnehin abgemeldet war. Gegen Ende seiner Karriere als Chef von GameKing war »narrative Transitivität« sein großes Ding. Er glaubte an die Logik des Widerspruchs und enttäuschte Erwartungen, an die Notwendigkeit, sich gegen »den Mainstream der Spielindustrie« zu stellen, an Diskontinuität, Entfremdung und intellektuelle Herausforderung, und er sagte voller Zuversicht voraus, dass die realistische Darstellung in den Spielverläufen schon bald einem Verwischen der Realität Platz machen werde und schließlich von einem ganz neuen Paradigma abgelöst werde, dessen Vorbote das gute alte Reality-TV sei. Wenn es so weit sei, stände Simon bereit und würde als Visionär anerkannt werden. Er hatte verloren, aber das machte nichts. Simon hatte ausreichend für schlechte Zeiten vorgesorgt, um tun und lassen zu können, woran er Spaß hatte, und das war, Artikel über Dinge wie »Countergaming«, »Repräsentative Spielwelten«, »Nichtdiegetische Maschinenhandlungen« und, sein besonderes Steckenpferd, »Parallelen zwischen dem New Gaming und dem New Cinema« zu schreiben und Vorträge zu halten.
    Ed gewöhnte sich daran, dass Si nicht mehr mit ihm redete. Er fing an, sich selbst als noch rüstigen Emeritus zu sehen, und sonnte sich inseiner Rolle als Führer und Visionär. Er war ein unerschöpflicher Quell neuer Ideen und lenkte sein Unternehmen mit Hilfe von inspirierenden Auftritten an Phythia-Hochschulen auf der ganzen Welt. In Mumbai redete er über die universelle Suchmaschine, in London über die Suche menschlicher Stimmen im Netz, in Moskau über die allumfassende Enzyklopädie, in Sydney über das menschliche Genomprojekt, in Schanghai über Pythias Forschungen auf dem Gebiet der Nanotechnologie und in Palo Alto über neue Suchverfahren auf der Grundlage der Analytik. Er warb für Dianes Stiftung – die Edward und Diane King Foundation –, die, wie er seinen Zuhörern erklärte, in einem einzigen Jahr sieben Milliarden Dollar im Kampf gegen einige der hartnäckigsten Übel auf der Welt eingesetzt habe (unter anderem für den Bau von zweiundsiebzig Kliniken und Krankenhäusern, die Einrichtung von vierzehn Flüchtlingslagern, medizinische Dienste in zweiunddreißig Ländern – durch das Daniel King Memorial Medical Corps –, die Räumung von Landminen in siebzehn Ländern, das Aufforsten neuer Wälder in vierundzwanzig Ländern, für Forschung und Entwicklung von Kernreaktoren, die Kapitalisierung von Entsalzungsanlagen in Gegenden mit schwindenden Trinkwasserressourcen, zahlreiche Forschungsstipendien im Bereich sauberer Energien sowie Investitionen in Solar-, Wind-, Wasserstoff-, Kohlevergasungs- und Kohlendioxid-Speicherungstechnologien). Er setzte sich für Pythias Klimawandel-Kampagne bis 2030 ein und drängte Regierungsvertreter, mit dem Klimaschutz Ernst zu machen. In Istanbul sprach er über den Zugang zu Informationen und politischen Wandel: »Der Wind der Freiheit weht aus unseren Servern, und Menschen überall auf der Welt finden in Pythia einen Verbündeten in ihrem Freiheitsstreben. Ich bin stolz, dass unsere Anstrengungen und unsere Vision zur Vermehrung der Freiheit beigetragen haben, und es ist ein aufregender Gedanke, dass Pythia in der Welt von morgen eine noch größere Rolle spielen wird, solange wir Schulter an Schulter mit Engagement, Leidenschaft und Entschlossenheit marschieren.« In Tel Aviv argumentierte Ed aus moralischer Sicht. »Wenn man etwas weiß«, erklärte er seinen Zuhörern, »muss man sich dem stellen. Man darf davor nicht die Augen verschließen. Das ist die Schönheit von Information und die Schönheit der Suche im Netz. DasInternet bringt uns in Kontakt mit der Welt und revolutioniert so unser Verhältnis zu ihr. Ich für meinen Teil verbinde damit große Hoffnungen: Ich glaube, es verheißt eine globale Abkehr von den Irrtümern und Katastrophen der Vergangenheit. Wir stehen am Anfang eines neuen Millenniums, in dem Wissen Handeln

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