Ed King

eine Schlagzeile wie CHEF DES PYTHIA-IMPERIUMS IST MEIN LANGE VERSCHOLLENER BRUDER! auf den Titelseiten der Boulevardpresse zu verhindern. »tdahl@pmail«, sagte Ed, nannte zwei Telefonnummern und fügte hinzu: »Was immer wir Ihnen für den sofortigen Abgleich des Profils von Toby angeboten haben, zahlen wir noch einmal für eine weitere schnelle Bearbeitung. Mit anderen Worten, rufen Sie die andere Partei sofort an und melden Sie sich innerhalb der nächsten fünf Minuten.«
    »Ich tue für Sie, was ich kann«, sagte der arrogante Milchbubi. »Im Moment bin ich allerdings vollauf damit beschäftigt, ein größeres Unternehmen zu leiten.«
    Ed legte auf, sagte »Wie du willst« zu niemandem im Speziellen und rief Toby zu Hause an. »Tobe«, sagte er. »Schon mit den Füßen im Wasser? Hör zu, ich brauche deine Hilfe. Hast du verstanden, Toby? Bist du bereit? Ich brauche dich für ein kleines Rollenspiel. In ein paar Minuten bekommst du einen Anruf von einer Firma, die sich DNA Reunion nennt. Sie werden dir den Namen einer Halbschwester odereines Halbbruders nennen, dem du nie begegnet bist und von dem du bis zu diesem Anruf auch nie gehört hast. Dein Job ist es, bei diesem neu entdeckten Halbgeschwisterteil anzurufen und so zu tun, als hättest du erst kürzlich erfahren, dass du adoptiert wurdest. So weit verstanden? Außerdem hast du herausgefunden, dass ihr beide vom selben Vater abstammt. Ihr habt denselben Dad. Und dann musst du von dieser Person den Namen deines Vaters in Erfahrung bringen, verstehst du, Toby? Ich brauche seinen Namen. Und versuch noch mehr herauszufinden, wenn du schon einmal dabei bist. Spiel der Person nur ordentlich was vor, ich weiß, wie gut du das kannst. Ich brauche den Namen des Vaters.«
    »Mach ich doch gern«, sagte Toby. »Wissen Sie was, Mr King? Ich habe gerade einen Anrufer auf der anderen Leitung. Das könnten sie sein. Ja, das sind sie. Soll ich abnehmen? Sicher?«
    »Ja. Schalte um auf Konferenzschaltung. Aber sie dürfen nicht wissen, dass ich mithöre.«
    Es gab ein Klicken in der Leitung, und dann hörte er Toby sagen: »Toby.«
    »Tobias Dahl?« Eine aufgeregte Frauenstimme. Leicht heiser und verschleimt. Ein tiefer Bass. Jemand mit Husten.
    »Ja, hier ist Toby.«
    »O mein Gott.« Die Stimme wurde bei dem Wort »Gott« noch tiefer. »Mein Gott, mein Gott! Tobias – ich bin deine Schwester!«
    »O mein Gott «, antwortete Toby gekonnt. »Das ist Wahnsinn. Ich kann’s nicht fassen. Wie geht’s dir? Nein, halt. Wer bist du?«
    »Chris Shepard. Ich heiße Chris Shepard. Mein Gott, es tut so gut, dich zu hören.«
    »Selbst wenn es nur am Telefon ist«, sagte Toby. »Einfach nur deine Stimme zu hören. Ich meine, es ist …« Toby machte eine Pause, als suchte er nach den richtigen Worten. »Es ist so ganz und gar, absolut unglaublich!«
    »Und deine Stimme zu hören. Die ein bisschen so wie meine klingt. Wo bist du gerade? Darf ich das fragen?«
    »Ich bin ganz in der Nähe von Seattle. Warst du schon mal in Seattle? Ich schufte für den König der Suchmaschinen.«
    »Und ich rufe von zu Hause in Ann Arbor an. Aber weißt du was?«, sagte Chris Shepard. »So langsam lichtet sich der Nebel, weil ich in Seattle geboren bin.«
    »Tatsächlich!«
    »Aber ja.«
    »Seltsam«, sagte Toby. »Wir stehen im Moment ganz schön unter Wasser. Vermutlich hast du es in den Nachrichten gesehen.«
    Inzwischen hatte Ed den Namen Chris Shepard in die Suchmaschine eingegeben und ein halbes Dutzend Adressen in sozialen Netzwerken, einen Gewerbeeintrag bei CompGlobal, ein gefälschtes Posting, einen Patentantrag und einen Hypothekenmakler ausfindig gemacht. Er wünschte, Toby Dahl würde endlich zum Kern der Sache kommen. Offenbar ging er so sehr in seiner Rolle auf, dass er seine eigentliche Aufgabe vergaß. Statt voranzumachen, hatte er Spaß an der Sache.
    »Das ist absolut wahnsinnig«, sagte Chris Shepard. »Ich hätte das nie und nimmer für möglich gehalten. Ich habe das Gefühl, ich müsste mich ständig zwicken. Ein Halbbruder!«
    »Ich weiß, ich weiß. Wir leben in einer großartigen Zeit. DNA Reunion ist phantastisch.«
    »Ja, einfach phantastisch !«, sagte Chris Shepard mit rauer, kehliger Stimme. »Was für eine verrückte Welt. Was für eine verrückte Welt. Was für eine vollkommen verrückte, total verdrehte Welt.«
    »Absolut«, sagte Toby lachend.
    »Aber ich muss noch mal zurück zum Thema«, sagte Chris Shepard. »Ich muss dir etwas von früher erzählen. Also, als