Ed King
Einzigartigkeit dessen, was ihm widerfahren war. An diesem Abend brachte er im Bett mit Lydia die gewünschte Leistung, vielleicht sogar noch etwas mehr als sonst. Nachher fühlte er sich bereit dazu, eine neue Seite aufzuschlagen und Frieden mit sich zu machen.
Wie prophezeit, rief Diane ihn am Montagmorgen bei Piersall-Crane an. Mit tonloser Stimme, als läse sie von einem Skript ab, gab sie ihm Anweisungen in der Art eines Entführers: wie viel Geld sie wolle – jetzt fünfhundert Dollar monatlich, wegen des Kindes –, an welchem Tag im Monat sie es erwarte, an welche Postfachadresse es gehen solle und was passieren würde, sollte er irgendwelche Tricks versuchen oder auch nur einmal zu spät oder zu wenig überweisen oder behaupten, irgendein Notfall oder sonst irgendetwas sei dazwischengekommen. »Du wirst erpresst«, erinnerte ihn Diane streng. »Wenn du nicht mitspielst oder mich hinhältst, nun gut, dann nehme ich das Telefon und – wie war doch gleich ihr Name? Ach ja, Lydia, dann rufe ich Lydia an. Lydia, du Wichser. Und spar dir deine Entschuldigungen«, sagte Diane, »davon habe ich genug.«
»Ich habe verstanden«, sagte Walter. »Eine Sache noch. Fünfhundert im Monat? Das ist eine Menge Geld, vielleicht mehr als …«
»Hör zu«, zischte sie. »Ich habe nicht angerufen, um mit dir zu verhandeln. Das läuft bei mir nicht. Hältst du mich für einen deiner Geschäftskunden? Hier ist das Mädchen, das du geschwängert hast, Walter, ich bin’s, die kleine Diane Burroughs, die dich wegen deines unehelichen Sohns anruft. Es geht um deinen Sohn, du blöder Arsch, und meine Forderungen sind mehr als berechtigt, wenn du an die Unkosten denkst, die ein Kind verursacht.«
Er durfte nicht widersprechen, und er widersprach nicht. Dies war nicht sein Auftritt, das war ihm klar. Deshalb sagte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass es keine unerwünschten Zuhörer gab, er wolle nur das Beste für sie, er habe immer nur das Beste für sie gewollt und er werde, was immer geschehen möge, seinen Teil dazu beitragen. Kurzum, er wiederholte nur die Dinge, die er Diane seit Monaten erzählte und die ihm absolut nichts eingebracht hatten. »Halt’s Maul«, sagte Diane, »und lass das Geld rüberwachsen.«
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, schüttelte Walter lange den Kopf. »Was bin ich doch für ein Idiot«, dachte er. »Was war das gerade? Und ich habe die ganze Zeit geglaubt, ich wäre schlauer als sie! Nun denn, Walter, bring Ordnung in dein Leben. Reiß dich zusammen, Kumpel, und werd endlich erwachsen. Du kannst von Glück reden, dass die Geschichte nicht dein Leben vermasselt hat. Sei froh, dass du noch einmal davongekommen bist.«
2
Candy Dark
Einige Schwestern auf Dianes Säuglingsstation traten als selbsternannte Psychologinnen auf. Wenn eine Schwester leicht zu Mitgefühl neigte, konnte sie auf diesen Fluren der Extreme reichlich Anregung finden – eine Totgeburt, beispielsweise, oder eine Schwangerschaft, die mit Unfruchtbarkeit endete, oder ein Neugeborenes mit einer Behinderung oder einer Hasenscharte. Oft war es auch nur die Geburt eines Kindes, dessen Mutter ungewollt schwanger geworden war; in anderen Fällen hielt die Mutter die Folgen einer Vergewaltigung in den Armen. Und dann gab es Mädchen wie Diane Burroughs, die viele Monate der Verschwiegenheit hinter sich hatten, Teenager, die zur Geheimhaltung verpflichtet waren, bis ihre Zeit der deutlich sichtbaren Schande beendet war. Die Schwestern auf der Station wussten alle, dass die arme, ganz auf sich allein gestellte Diane ihren Jungen abgeben und ihn niemals wiedersehen sollte. Dass sie ihr Leben lang die Sorge quälen würde, wo er war und wie es ihm ging. Dass sie sich nach ihm sehnen würde. Dass sie immer durch andere Jungen an ihn erinnert werden würde. Der kleine Junge an der Hand der Mutter bei Sears, der Teenager, der in der Nachbarschaft den Rasen mähte, der großartige junge Schauspieler in der Aufführung eines Laientheaters von Unsere kleine Stadt – sie alle könnten in ihrer Vorstellung ihr Sohn sein. Für einige Schwestern war es schwer, kein Mitleid für Diane zu empfinden, so wie für viele junge Mütter. Wer unter seinem weißen Kittel ein normaler Mensch war, konnte gar nicht anders, als fremde Hände zu halten, Taschentücher zu verteilen, jungen Müttern mit der inneren Überzeugung zuzuhören, dass die eigene Arbeit mehr umfasste, als im Vertragstand, und in dem festen Glauben zu ihnen zu reden,
Weitere Kostenlose Bücher