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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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aber ist ’n freies Land, jeder, wie er mag. Okay, Kumpel?«
    »Okay«, sagte ich.
    Der Trainingsanzug trat zur Seite, und ich ging weiter den Weg entlang. Links von mir, auf einem durchnässten Grünstreifen, hatte jemand zwischen den Hundehaufen eine beigebraun-gelb gestreifte dreiteilige Couchgarnitur abgestellt. Es sah aus wie ein Wohnzimmer im Freien, und ich ertappte mich bei dem Gedanken, wo wohl die Familie steckte, die dort wohnte.
    Am Ende des Weges befand sich ein letzter Platz mit einem Dutzend Reihenhäuser und einem Bushäuschen gegenüber. Die Straße schlängelte sich bergauf zu einem Kreisverkehr, dahinter donnerten große Lastwagen und Containerfahrzeuge über eine alte Hauptstraße zwischen Industriegebieten und Tankstellen. Ich hielt mich rechts und ging wieder in die Siedlung hinein, diesmal über die Charnwood Avenue. Gemma Courtney wohnte im Haus mit der Nummer 36: Sie hatte keinen Müll im Vorgarten, aber auch keine Blumenbeete. Ihre Haustür wurde vom schwachen, gelblichen Schein einer Straßenlaterne angestrahlt, die verbogen war wie ein junger Baum im Wind.
    Gemma Courtney mochte vierundzwanzig sein, vielleicht auch neunundvierzig oder elf – genauer ließ sich das nicht sagen. Sie hatte riesige Bambi-Augen, auffallend volle Lippen und kurzes weißblondes Haar, war dünn und groß und hatte die eingefallenen Wangen eines Junkies. Sie trug einen schwarzen Ledermini und etwas, was ich zuerst für ein rotes Bustier-Top hielt, das sich aber bei genauerem Hinsehen schlicht und einfach als roter BH entpuppte. Es dauerte eine Weile, bis meine Augen sich in dem winzigen Wohnraum zurechtfanden: Er wurde nur von zwei Lampen erhellt, die zudem noch mit roten Seidenschals verhängt waren. Außerdem war die Luft erfüllt von Räucherstäbchen und dem Qualm ihrer Zigarette, und so musste Gemma Courtney sich erst aufs Sofa setzen, die Beine spreizen und rote Strapse und ein zum BH passendes rotes Höschen sehen lassen, bevor ich begriff, was eigentlich los war. Sie lächelte mich mit roten Lippen an und klopfte auf den Platz neben sich.
    »Tut mir Leid, ich bin kein Kunde«, sagte ich. »Ich bin Privatdetektiv.«
    Gemma Courtneys Lächeln verschwand. Sie sah auf die Uhr.
    »Was sind Sie? Ich hätte in dieser Stunde was verdienen können. Sie haben gesagt, Sie wollen eine Stunde.«
    Sie klang nicht verärgert, eigentlich nur erleichtert.
    »Ich zahle Ihnen die verlorene Zeit. Was nehmen Sie normalerweise?«
    »Hundert«, sagte sie.
    Ich hatte so meine Zweifel, dass Gemma Courtney tatsächlich hundert die Stunde nahm, hatte aber nicht den Eindruck, mit Handeln bei ihr weiterzukommen. Also gab ich ihr das Geld und bat sie, Licht zu machen. Sie setzte Wasser auf, dann verschwand sie nach oben – die Treppe befand sich mitten im Wohnraum – und kam in einem eng anliegenden, pinkfarbenen Nickianzug und passenden pinkfarbenen Sandalen wieder nach unten. Ungeschminkt, mit ihrem gertenschlanken Körper ohne viel Po, Hüften oder Brüste sah sie eindeutig aus wie elf, und nur die Falten in ihrem Gesicht erzählten eine andere Geschichte. Während sie in der Küche Tee machte, sah ich mich in dem kleinen Wohnzimmer um: Decke und Wände waren cremefarben marmoriert, in den Ecken hingen Feuchtigkeitsflecken wie Spinnweben, der Boden war mit rissigem und aufgeworfenem billigem Furnier ausgelegt. Dazu eine Elektroheizung mit Kaminfeueroptik, ein Fernseher mit Videorecorder und abgewetzte, aber saubere Polstermöbel. Das einzig Persönliche waren ein paar Rahmen, die mit der Bildseite nach unten auf dem Kaminsims lagen. Ich drehte sie um und sah, dass alle Fotos ein Kind in verschiedenen Altersstufen zeigten: als Baby, Kleinkind, lächelnden Dreijährigen. Als Gemma Courtney mich die Fotos anschauen sah, kam sie so schnell auf mich zu, dass ich glaubte, sie wollte mich schlagen. Sie nahm mir die Rahmen weg und legte sie mit der Bildseite nach unten auf das Sofa. Dann setzte sie sich daneben, zündete sich eine Zigarette an und stieß den Rauch wieder aus, so heftig, als handelte es sich um eine sportliche Betätigung.
    »Also, was wollen Sie, Mr. Privatdetektiv?«, fragte sie. Sie hatte die Füße an den Knöcheln gekreuzt und tippte nervös mit dem einen Fuß an den anderen.
    »Es gibt keine Möglichkeit, Ihnen das schonend beizubringen: Ihr Vater, Kenneth Courtney, ist tot. Vor einer Woche wurde seine Leiche gefunden.«
    Ich berichtete, wie der Tote gefunden worden war und wie lange er demnach bereits tot sein

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